Nachwuchs im «weissen Rössl»
14.11.2022 RheinfeldenJunge Orchestermusikerinnen sind begeistert
Halbzeit bei der Fricktaler Bühne. Nach der erfolgreichen Premiére und vielen weiteren Vorstellungen heisst es im weissen Rössl noch bis am 20. November: «Bitte sehr, bitte gleich!» Wie ergeht es den Praktikantinnen im Rössl-Orchester?
Birgit Schlegel
Vor knapp einem Jahr haben sich talentierte Schülerinnen und Schüler der Musikschulen im Fricktal für einen der wenigen Volontariatsplätze im Orchester der Fricktaler Bühne bewerben können. Nach erfolgreichem Vorspiel im vergangenen Februar sind nun in der aktuellen Produktion zwei junge Schülerinnen der Musikschule Unteres Fricktal als Orchestermusikerinnen engagiert und wirken bei nahezu jeder Aufführung mit. Keine einfache Sache, befinden sich doch beide noch mitten in ihrer gymnasialen Ausbildung und sind zeitlich deshalb sehr eingebunden. Nichtsdestotrotz sind sie an jedem Wochenende mit grosser Motivation dabei.
Lampenfieber vor der ersten Probe
«Meganervös» war die 17-jährige Trompeterin Fiona Lux aus Kaiseraugst. Vor der ersten Probe eines neuen Projekts sei sie immer sehr unsicher, vor allem, wenn sie das zu spielende Werk noch nicht gut kenne. Das erstmalige Mitwirken in einem professionellen Orchester hat dies nun noch verstärkt. «Das sind ja alles Profis! Die werden einfach alles hören, was mir nicht gelingen wird!», so ihre (für Amateure typischen) Bedenken zu Beginn. Doch schon beim ersten Zusammenspiel haben sich alle Unsicherheiten in Luft aufgelöst. Kein Schüler-Lehrerverhältnis habe sie angetroffen, keine Zurechtweisungen oder ständige Korrekturen an ihrem Trompetenspiel. «Meine Registerkollegen behandeln mich auf Augenhöhe. Ich bin eine gleichwertige Mitspielerin. Das habe ich nicht erwartet und macht mich sehr glücklich.»
Auch die in Zeiningen wohnende Bratschistin Belinda Berisha, 18 Jahre alt, hatte ein falsches Bild von ihren professionellen Musikerkollegen. «Ich war überrascht! Ich habe gemeint, dass alle es so ernst nehmen und in den Proben ganz still sind. Dabei sind alle so nett, immer gut gelaunt und immer wieder fällt ein Witz oder ein lustiger Satz. Der Umgang untereinander ist sehr herzlich.» Doch wie unterscheidet sich nun das Spielen mit professionellen Musikern zum Amateurorchester? «Da wird einfach von Anfang an miteinander musiziert!» Extremen Kontakt haben ihre Pultnachbarn. Man schaue sich an, reagiere blitzartig aufeinander. Regelrecht mitgerissen werde sie da. «Ich habe bereits so viel gelernt nur schon dadurch, dass ich den anderen zuschauen kann.» Im Amateurorchester sei jeder so stark mit sich selbst beschäftigt, da sei eine solche Form der Kommunikation während des Spielens gar nicht möglich. Auch Fiona ist sehr beeindruckt, wie toll es bereits in der allerersten Leseprobe geklungen hat. Jeder einzelne wisse genau, wie was zu spielen ist. Interessant auch immer wieder, wie unterschiedlich die beiden Dirigenten arbeiten und das Orchester führen, andere Tempi und musikalische Interpretationen haben und vor allem wie sie unterschiedliche Schlagtechniken gebrauchen. «Ich habe noch nie dasselbe Werk mit mehreren Dirigenten gespielt. Beide Dirigenten haben eine sehr klare Dirigiersprache. Und obwohl es sich ja um dasselbe Stück handelt, klingt es mit jedem Dirigenten anders. Das ist sehr faszinierend», so die Trompeterin.
Schule unter der Woche, Rössl am Wochenende
Eine anstrengende Zeit für die beiden Gymnasiastinnen! Beide spüren in den Vorstellungen am Wochenende die schulische Belastung der vergangenen Tage. Da könne schon Müdigkeit vorkommen. Und viel Zeit, um zu lernen, bleibe am Wochenende fast keine mehr. Und trotzdem fragt sich Belinda bereits, was sie wohl nach der Derniére am 20. November an den freien Wochenenden unternehmen soll. «Ja, ich würde sofort wieder mitspielen!», meint sie begeistert. Auch Fiona zieht eine sehr positive Zwischenbilanz. «Ich musiziere jetzt mit ganz anderen Ohren.» Und lachend fügt sie an: «Und ich habe gelernt, Takte zu zählen!»
Die Fricktaler Bühne spielt das «weisse Rössl» noch bis am 20. November im Rheinfelder Bahnhofsaal.
fricktalerbuehne.ch

