Altstadt Laufenburg – eine Stadt ohne Leben?

  13.09.2022 Leserbriefe, Laufenburg

Am letzten Wochenende zeigte sich die Altstadt von Laufenburg wieder einmal von ihrer besten Seite. Am Samstag wurde die grenzüberschreitende Kulturnacht zum 17. Mal durchgeführt und über 30 Veranstaltungen beidseits des Rheins sorgten für ein grosses kulturelles und gastronomisches Angebot. Am Sonntag konnten beim Oldtimertreffen auf der Schweizer Seite über 500 Oldtimerfahrzeuge bestaunt werden. Bei schönem Wetter besichtigten viele Tausend BesucherInnen die Fahrzeuge und die grossartige Kulisse unserer Altstadt.

Für die Laufenburgerinnen und Laufenburger aller Ortsteile stehen aktuell die für das Jahr 2023 angekündigten Strompreise im Vordergrund. Die Elektrizitätsversorgung Laufenburg hat mit einem unpersönlichen, nicht unterzeichneten Flugblatt gerade bei den Altstadtbewohnerinnen und -bewohnern, aber auch bei den Laufenburger KMU, Gewerbebetrieben, der Gastronomie, den Kulturveranstaltern etc. eine Schockwelle ausgelöst. Es stehen Existenzen auf dem Spiel. Viele Bewohner der Altstadt, welche in Liegenschaften mit Elektroheizungen wohnen, wissen nicht, wie sie die exorbitanten Mehrkosten für Strom begleichen sollen. Es ist zu befürchten, dass es zu Härtefällen oder Wegzügen kommt. Der Stadtrat von Laufenburg hat im Strategiepapier 2030 die Förderung der Altstadt – vor allem der Wohnstadt – festgelegt. Es ist ernsthaft in Frage zu stellen, ob sich die Behörde und die Verwaltung bewusst sind, dass diese Strategie seit einigen Jahren mehr als gefährdet ist. Im Sommer 2022 wurde der Kindergarten Wasentor geschlossen. Seit 2017 könnte die dritte Etappe der seit Jahren dringlichen Sanierung der Werkleitungen im Gebiet Marktgasse/Fischergasse geplant und realisiert werden. Der Baubeginn ist jetzt auf Frühling 2023 terminiert.

Ein Wärmeverbund 2, der äusserst dringlich ist, damit die ca. 100 elektrisch beheizten Liegenschaften an diese Fernwärmeleitung angeschlossen würden, ist immer noch in Planung. Aktuell ist die Realisierung fraglich, weil u.a. auch eine Vorfinanzierung am fehlenden Kapital in der Gemeindekasse scheitert.

Die Liegenschaft Adler wurde mit dem Spezialkredit für die Sanierung von Liegenschaften von 20 Millionen Franken gekauft und soll bis Ende Jahr bezugsbereit sein. Ob ein Pächter gefunden wird, welcher ein neues Restaurant inmitten einer mindestens zweijährigen Baustellensituation betreiben will, ist mehr als fraglich. Die neu sanierte Liegenschaft mitsamt Restaurant muss weiterhin mit Öl beheizt werden, da der Wärmeverbund noch nicht erstellt ist. Das gleiche Problem wird sich beim noch offenen Projekt Museum Schiff stellen. Am vorletzten Samstag wurde in einem Vortrag im Museum Schiff zum 50-Jahre-Jubiläum «Altstadt Laufenburg unter Denkmalschutz» eindrücklich aufgezeigt, welche Geschichte in unseren Mauern steckt und wie in den vergangenen Jahrzehnten die öffentliche Hand und die privaten Hauseigentümer die Altstadt entwickelt haben. Es wurde auch auf die grosse Bedeutung der Elektrizitätsindustrie seit dem Kraftwerksbau von 1914 hingewiesen. Leider wurde die Aktualität ausgeblendet. Aktualität bedeutet: Wohnen in der Altstadt wird für viele unbezahlbar; die bereits darbende Gastronomie wird noch mehr leiden; Kulturorganisationen in der selbsternannten Kulturstadt werden noch mehr Geld für den Jahresunterhalt einplanen müssen; mehrjährige Baustellen wurden schlecht geplant und verlangsamen die Entwicklung; die Wertschöpfung durch den Tourismus wird sich noch mehr auf die deutsche Seite verlagern. Der Segen der Elektroindustrie hat sich nach über 100 Jahren leider als Bumerang erwiesen. Der «Stern von Laufenburg» besteht nur noch auf dem Papier und einem Wald von Hochspannungsleitungen und einem Kraftwerk, welches den Strom nicht mehr für Laufenburg produziert.

Es stellt sich die Frage: Wer übernimmt die politische Verantwortung für diese Entwicklung? Es ist zu befürchten, dass Laufenburg nur noch zu einer schönen Kulisse verkommt.

FRANK FISCHER, LAUFENBURG


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