Eine Insel wechselt die Nationalität

  01.08.2022 Stein

Als das Rheinkraftwerk Säckingen gebaut wurde, musste die kleine Fridolinsinsel auf dem Rhein zwischen Stein und Bad Säckingen «verschoben» werden. Damit war lange unklar, welchem Land sie gehört.

Susanne Hörth

Sich auf einer lauschigen Insel in den Schatten eines Baumes legen und einfach mal das Dasein geniessen und die Gedanken von den Wellen davontragen lassen: wer kennt diese Vorstellung nicht. Dafür müsste man bei uns nicht einmal in die Ferne reisen. Die Betonung liegt im nachstehenden Fall auf «müsste». Denn obwohl die Fridolinsinsel auf dem Rhein zwischen der alten Holzbrücke und der Fridolinsbrücke auf dem Rhein bei Stein und Bad Säckingen all die erwähnten Vorzüge zu bieten hat, schafft sie lediglich für das Auge eine Erholung. Als Naturdenkmal eingestuft, darf die kleine Rheininsel von Menschen nicht betreten werden. Schwimmer oder Bootfahrer können hier also keine Verweilpause einlegen.

Die gerade einmal 125 Meter lange und manchmal bis zu 40 Meter breite Insel verfügt über eine spezielle Geschichte. Lange war auch unklar, wem der lauschige Platz auf dem Rhein gehört. Der Schweiz oder Deutschland oder gar beiden?

Laut den Aufzeichnungen ist sie aus einer Schotterbank entstanden, was bereits Mitte des 17. Jahrhunderts auf einer Karte dargestellt wurde. Sie befindet sich aber nicht mehr exakt da, wo sie einst gewesen ist. Beim Bau des Rheinkraftwerkes Säckingen im Jahre 1961 wurde die Insel durch Abtragung des Materials auf Schweizer Seite und Aufschüttung auf der gegenüberliegenden Seite rund 35 Meter nach Norden in Richtung deutschen Ufers verlegt. Mit dieser Verschiebung sollten die Strömungsverhältnisse verbessert werden. Die Fridolinsinsel wurde anschliessend befestigt und bepflanzt. Längst ist sie von vielen Bäumen dicht überwachsen. Wie sehr dieses grüne Kleinod auch von der Vogelwelt geschätzt wird, können Interessierte unter anderem von der neuen Plattform des aufgewerteten Rheinuferweges in Stein erfahren. Hier steht ein Fernrohr, ausgerichtet auf die Insel. Ergänzende Informationen zu der heimischen Vogelwelt sind zudem auf den ebenfalls bei der Aussichtsplattform angebrachten Tafeln zu finden. Die Schweiz war es auch, die vor vielen Jahren den Anstoss dazu gegeben hatte, die Vögel ungestört brüten zu lassen und somit ein Betretverbot zu erlassen. Das Ordnungsamt Bad Säckingen hatte sich daraufhin diesem Thema angenommen. Im August 1987 wurde mit Verordnung des Landratsamtes Waldshut das «Flächenhafte Naturdenkmal Friedolinsinsel» erlassen.

Eine Aufnahme, welche das Bad Säckinger Stadtarchiv der NFZ zur Verfügung gestellt hat, zeigt die Rheininsel als reine, kahle Kiesbank. Das Foto stammt nicht etwa aus den 1960er-Jahren. Es wurde 1895 aufgenommen. Eveline Klein vom Bad Säckinger Stadtarchiv weist im Zusammenhang mit der Geschichte zusätzlich darauf hin, dass die Insel ebenfalls auf einem bekannten Merian-Stich zu sehen ist und dort als «S. Fridolins Acker» bezeichnet wird.

Näher zu Deutschland «gerückt»
Seit der Grenzregelung 1808 zwischen der Schweiz und Deutschland lag die Insel auf Schweizer Hoheitsgebiet. Mit dem Kraftwerkbau und der damit verbundenen «Verschiebung» Richtung deutschen Ufers hat sich das aber geändert. Klarheit über die Landeszugehörigkeit schuf ein neuer Staatsvertrag 2013, in dem Deutschland als Eigentümerin eingetragen wurde.

Klein und fein und ganz besonders ein Naturdenkmal, das ist die Fridolinsinsel.


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