Stationärer Aufenthalt im Bata-Park
15.07.2022 MöhlinDas Ensemble des legendären Lehrertheaters wagt sich an Molières letzten Klassiker und weiss sich bereits vor der Premiere wirksam zu inszenieren.
Ronny Wittenwiler
Wenn der Vorhang fällt, ist Applaus ihr täglich Brot. Seit bald 65 Jahren und der Premiere von «Der Regenmacher» anno 1958 schreiben Laiendarsteller des Möhliner Lehrertheaters ein Stück Fricktaler Kulturgeschichte. Diesen Sommer überlassen sie die Bühne einem ganz schwierigen Patienten: Der eingebildete Kranke plant einen stationären Aufenthalt im Bata-Park.
Die Geschichte
Mit dem Klassiker von Jean-Baptiste Poquelin – besser bekannt als Molière – nimmt sich das Lehrertheater Möhlin einer Komödie in drei Akten an, die vor gut 350 Jahren zur Uraufführung gelangte (1673, Paris). Das Stück erzählt von einem Hypochonder, der alle Anweisungen seines Arztes geduldig und pf lichtbewusst befolgt, dabei aber nicht erkennt, dass dieser mittels übertriebener Medikation lediglich Geld verdienen will; auch die Frau des scheinbar Kranken ist auf sein Geld aus und erhofft sich seinen baldigen Tod. Bruder und Tochter versuchen, ihm seine Situation bewusst zu machen und ihm wieder ein eigenständiges Leben zu ermöglichen, was darin endet, dass sich der Hypochonder selbst zum Arzt ausbilden lässt.
Während die diesjährigen Akteure aktuell über den Texten für ihre Rollen brüten, beginnt heute Freitag der Ticketverkauf. Seit Jahren hält ein Stammpublikum dem Lehrertheater die Treue, immer wieder auch lassen sich neue Besucherinnen und Besucher für ein Stück begeistern.
Vorspann auf der Möhliner Höhe
Für die neuste Produktion wissen sich die Theaterleute bereits vor der Premiere am 20. August in Szene zu setzen. Regisseur Dieter Schlachter: «Das Gesundheitszentrum Fricktal hat uns verschiedene Requisiten zur Verfügung gestellt. Dann kamen wir auf die Idee, das Spitalbett von Laufenburg nach Möhlin in den Bata-Park zu schieben.» Entstanden ist ein fein säuberlich dokumentierter Transport. Und sollte all das doch nicht ganz genau so gewesen sein, so waren die einzelnen Szenen, ganz Theater eben, doch perfekt nachgestellt. Nicht alle Tage sieht man jemanden zu Fuss ein Spitalbett über die Möhliner Höhe stossen. Schlachter lacht, wenn er an die Blicke einzelner Autofahrer denkt: «Die dachten, wir spinnen.»
Schlachter, feste Grösse im Lehrertheater über Jahrzehnte, zeichnet mit «der eingebildete Kranke» zum vierzehnten Mal als Regisseur für eine aktuelle Produktion verantwortlich.
Komödie endete mit Drama
Molière gilt als einer der ersten Komödiendichter. «Le Malade imaginaire», wie das Stück im Original heisst, sollte allerdings sein letzter Wurf bleiben. Man glaubt es kaum: Molière, der die Hauptrolle des eingebildeten Kranken selbst spielte, erlitt während der vierten Aufführung am 17. Februar 1673 einen Schwächeanfall inklusive Blutsturz, den die Zuschauer zunächst für eine Einlage innerhalb der Komödie hielten. Wenig später starb er in seiner nahegelegenen Wohnung – noch in der Kleidung als Kranker, der sich alles doch nur eingebildet hatte.