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  21.07.2022 Rheinfelden

Weil es noch so viele freie Plätze hat

Arbeitsweg: Die Stadt will Fahrgemeinschaften fördern

Mehr Mitfahrer in einem Auto und weniger Verkehr auf der Strasse: Rheinfelden startet einen Versuch und steigt ein – bei einer vermittelnden Plattform für Autopendler.

Ronny Wittenwiler

«Worte allein reichen nicht», sagt Vizeammann Walter Jucker. Darum öffnet Rheinfelden jetzt die Beifahrertür und schafft gleich noch Platz auf den hinteren Sitzen im Auto. «Pendla» heisst der Service, entwickelt in Deutschland, den Rheinfelden nun als eine der ersten Schweizer Gemeinden überhaupt anbietet; «Pendla» ist eine App für alle, die mit dem Auto zur Arbeit fahren und auf der Suche nach passenden Mitfahrenden sind.

Viel Auto, wenig Beifahrer
Im Beisein von Christine Arnold, Umweltfachfrau der Stadt Rheinfelden, und Raymond Keller, Gewerbevereinspräsident, stellte Verkehrsminister Jucker das Projekt vor, und vor allem erklärte er, warum es gute Gründe gibt, mit dem Vorhaben Fahrt aufzunehmen. Bloss 1,1 Personen sitzen im Schweizer Pendlerverkehr durchschnittlich in einem Auto. «Da hat es noch viel Potenzial», bemerkte Jucker, wenn es also darum geht, möglichst alle Verkehrsträger maximal auszunutzen. Auf der Plattform «Pendla» können sich nun Rheinfeldens Einwohnerinnen und Einwohner registrieren lassen und vermerken, wohin sie ihr Weg jeweils führt.

Die App sucht dann nach Personen aus der Region, deren Wegstrecke – vollständig oder teilweise – übereinstimmt. Kandidatinnen und Kandidaten für eine potenzielle Fahrgemeinschaft können anschliessend über die App miteinander in Kontakt treten. Die verschiedenen Parteien klären Details wie etwa die Aufteilung der Fahrtkosten unter sich und verständigen sich auch darauf, ob zum Beispiel Tiere im Fahrzeug mitgenommen werden können. Jucker bezeichnet das Angebot als ein weiteres Mosaiksteinchen im Mobilitätsmanagement der Stadt. «Wir wollen eine Mobilität, die mit den Energiezielen der Stadt zu vereinen ist», sagt Jucker. Dabei spricht der Vizeammann weniger von Verboten, denn von Anreizen. «Wir bauen den öffentlichen Verkehr aus, bewirtschaften unsere Parkplätze und sensibilisieren die Bevölkerung mit Aktionen wie Bike to Work.»

Die Vision
Auch auswärtige Personen mit Arbeitsplatz in Rheinfelden können sich kostenlos registrieren lassen. Die Lizenzkosten für die App in der Grössenordnung von 6500 Franken trägt die Stadt Rheinfelden und eine Testphase bis Ende 2023 soll zeigen, wohin der Weg führt. Rheinfelden hat 13 500 Einwohnerinnen und Einwohner und über 8000 Beschäftigte mit rund 6800 Vollzeitstellen. Vizeammann Jucker sagt es so: «Wenn von rund 20 000 potenziellen Nutzern nur ein Prozent davon Gebrauch macht, dann sind das 200 Personen. Das wird die Welt nicht verändern, aber es ist ein Bekenntnis von mehr als nur zwei Spinnern.» Dass mehr als bloss eine Schnapsidee dahintersteckt, zeigt, dass sich auch ortsansässige Unternehmen für das Projekt stark machen, unter anderem mit Feldschlösschen auch der grösste Arbeitgeber.

Ebenso unterstützt der Gewerbeverein Rheinfelden das Projekt. Präsident Raymond Keller sagt: ein Umdenken müsse stattfinden, «jedes Auto weniger auf der Strasse ist eins besser.» Christine Arnold schliesslich bestätigt, dass nebst technischen Neuerungen auch Verhaltensänderungen auf dem Weg zum Erreichen der Klimaziele vonnöten seien. Als Leiterin Stabsstelle Umwelt Energie Mobilität in Rheinfelden hofft sie, dass Vielfahrer die neue App ausprobieren. Man tue somit etwas für die Umwelt und für das eigene Portemonnaie. «Und wer weiss, vielleicht entstehen ja nicht nur Fahrgemeinschaften, sondern auch neue Freundschaften.»

Die Stadt wird mittels Infobroschüre in alle Haushaltungen nun zusätzlich auf das Angebot aufmerksam machen, und Jucker will «Pendla» in den kommenden Tagen auch umliegenden Gemeinden beliebt machen. Vielleicht steigen auch andere mit ein – bei der App und dann ins Auto.

www.pendla.com


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