Abtauchen in die Abgeschiedenheit

  22.06.2022 Persönlich, Zeihen

Fast jeden Tag läuft Alexander Wenk auf den Zeiher Hausberg, den Homberg. Was als spontaner Spaziergang begonnen hat, ist inzwischen zum Ritual geworden.

Karin Pfister

Als der Schnee im Winter kniehoch lag, hat Alexander Wenk einfach die Schneeschuhe angezogen. «Damit hatte ich rund zwei Stunden für den Aufstieg.» Normalerweise braucht er für die Strecke von seinem Haus gleich nach dem Zeiher Dorfkern bis auf den Homberg rund 35 Minuten. Er sieht die Spitze des Berges von seinem Küchenfenster aus. Die Luftlinie beträgt zwei Kilometer, der Höhenunterschied zwischen Zeihen und dem Berg (782 Meter über Meer) beträgt 337 Meter. Alexander Wenk marschiert nach Oberzeihen und von dort ziemlich steil den Homberg hinauf bis zum Aussichtspunkt mit Blick über Zeihen, Bözen, Elfingen, die Hügelzüge dahinter und bei guten Wetterbedingungen bis zum Feldberg im Schwarzwald.

Eigentlich ist Alexander Wenk ein Velofahrer. Rund zwei bis drei Mal pro Woche kam er früher auf seinen Touren auf dem Homberg vorbei. «Dann war – es war während dem Lockdown – mal wieder das Velo kaputt; darum bin ich einfach zu Fuss gegangen.» Er ist dabei geblieben. «Als Velofahrer war ich im Winter häufig erkältet, seit ich mehr zu Fuss gehe nicht mehr.»

Meistens alleine unterwegs
Alexander Wenk ist in Laufenburg aufgewachsen und wohnt zusammen mit seiner Frau Andrea – sie führt ein Restaurant in Mandach – und den 14-jährigen Zwillingen, Joël und Alea in Zeihen. Er arbeitet in Basel als Berufsschullehrer, bildet dort Elektroniker aus und bis vor einigen Jahren traff man ihn auch regelmässig als Freizeit-Kapitän auf der MS Laufenburg an.

Der Marsch auf den Homberg ist für Alexander Wenk inzwischen zum Ritual geworden. Im Winter geht er jeden Tag, im Sommer wann immer möglich. Wann immer möglich bedeutet, dass er im Sommer öfters mehrtägige Bergtouren im Berner Oberland unternimmt und deshalb am Homberg wegen Abwesenheit ein paar Tage pausieren muss. «Kürzlich hat es den ganzen Tag stark geregnet und ich bin deshalb ausnahmsweise zu Hause geblieben. Als ich nach 21.50 Uhr aus dem Fenster geschaut habe, war es trocken. Also habe ich die Wanderschuhe und meine Stirnlampe montiert und bin halt abends noch schnell auf den Homberg.» Er ist meistens allein unterwegs – ab und zu begleitet ihn eines seiner Kinder – und trifft unterwegs nur wenige Menschen. «Am Wochenende ist manchmal jemand oben beim Aussichtspunkt, aber unter der Woche weniger.» Hin und wieder trifft er auf Gämsen. «Die Tiere wandern regelmässig vom Geissberg zur Aarauer Wasserfluh und kommen deshalb auch am Homberg vorbei.»

Kopf auslüften
Es ist diese Abgeschiedenheit, die ihn fasziniert. «Es ist ein Abtauchen in die Natur.» Und natürlich sei der tägliche Homberg-Marsch auch ein Training für seine Bergtouren. Vom Chillholz, die Krete gleich unterhalb des Hombergs Richtung Thalheim, aus, sieht man an schönen Tagen bis ins Berner Oberland ans Lauterbrunner Breithorn, das 3780 Meter hoch ist. «Das sind 3000 Meter mehr als der Homberg», sagt Alexander Wenk. Er sei bei der Tour aufs Lauterbrunner Breithorn um vier Uhr morgens losgegangen und um 21 Uhr wieder zurück in der Hütte gewesen. Das sei vom Erlebnis her natürlich noch ein Level mehr als der Homberg. Manchmal unternehme er im Oberland dreitägige Touren ganz alleine. «Ich mache das für mich. Mir gefällt die Ruhe in den Bergen.» In den Bergen könne man den Kopf auslüften und die Perspektive verändere sich. «Wenn man auf einem Gipfel steht, auf den es im Jahr maximal 100 Bergsteiger schaffen, dann ist das schon etwas Besonderes.»

In 35 Minuten von Zeihen aus auf den Homberg zu laufen, tönt einfacher als es ist. Normale, zügige Wanderer brauchen rund eine Stunde. Alexander Wenk: «Ich gehe meistens ziemlich direkt den Hang hinauf.» Oben entscheidet er dann, ob er gleich wieder hinunter geht oder auf dem Heimweg noch den Weg über die Ibergf lue oder den Sulzbann anhängt.

Für Alexander Wenk ist der Homberg zu jeder Jahreszeit schön; besonders gefällt er ihm, wenn der Wald tief verschneit ist. «Schön ist auch der mystische Nebel und der Raureif, welcher den Boden überzieht.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote