«Wir hatten dem Regierungsrat stinkfrech das Dossier geschickt»

  01.05.2022 Hottwil, Laufenburg

Der Flösserweg und seine «Musketiere»

Vor 20 Jahren entstand die Idee des Flösserweges. Der 20 Kilometer lange Weg zwischen Laufenburg und Stilli ist bei Wanderern und Spaziergängern beliebt. Die NFZ begab sich auf Spurensuche, wer die «Gründungsväter oder Musketiere» sind und wie es dazu kam.

Bernadette Zaniolo

Der Flösserweg wurde 2002 vom Verein Flösserweg und den Anrainergemeinden realisiert. Die Initianten waren die drei Hottwiler Geri Keller, Toni Keller und Jörg Stolz. 2001 sei ihnen die zündende Idee gekommen, sagen diese drei Männer am Montagnachmittag beim Treffen mit Walter Huber, Wettingen (Präsident) und Vizepräsident und Aktuar Edwin Rüede, Sulz. Die historische Route der Flösser auf dem Heimweg von Laufenburg nach Stilli sollte zu einem Wanderweg ausgebaut werden. Schon bald trafen sich die Vertreter aus allen Gemeinden, in welchen der alte und der zukünftige Weg durchführen sollte. Vor 20 Jahren hörte man im Dorf und im Tal immer wieder, wenn etwas geschlossen wurde wie etwa die Post oder der Laden: «Es müsste Öpper öppis mache» (erinnern sich Toni Keller, früher im Vorstand des GMS und Vizeammann sowie der ehemalige Gemeindeammann Jörg Stolz). «Doch wer ist dieser Öpper?», hält Toni Keller mit einem Lächeln fest.

Nach dem «850-Jahr-Jubiläum» von Hottwil – im Jahr 2000 und dem Legislaturende – war es dann klar. Es sollte etwas Nachhaltiges sein. So haben die «Musketiere» das Steuer dieses Projektschiffes in die Hand genommen und die Segel gesetzt. Bereits im Jahr 2001 fand eine erste Informationsveranstaltung statt und im 2002 waren die ersten Arbeitsgruppen aktiv. Auch den Dreiklang-Präsidenten Peter Bircher aus Wölflinswil holte man ins Boot (Dreiklang war Vorreiter des Juraparks). Mit einem Schmunzeln erinnert sich Geri Keller an die Feier zum «200-Jahre-Jubiläum» des Kantons Aargau in Aarburg (im 2003). «Wir haben dem Regierungsrat stinkfrech unser Dossier geschickt». Damit bewarben sie sich für das Betreiben einer «Flösserbeiz» (Aarburg liegt ebenfalls an einer historischen Flösserstrecke). Ein Segen, um das «Schiff» Flösserweg so richtig in Fahrt zu bringen seien die Herren Daniel Maurer (war im OK in Aarburg und aktiv im Museum) sowie Ueli Baumann (Militär-Instruktor) gewesen.

Anpassungen und Geschichte
Angesprochen darauf, ob eine Weganpassung, wie sie derzeit zwischen Stilli und Villigen geplant ist, einfach so machbar sei unter dem «historischen» Aspekt, sagt Vereinspräsident Walter Huber: «Wir haben auch andernorts schon Anpassungen vorgenommen, wie etwa vor ein paar Jahren in Wil.» Von Villigen bis Stilli führe der Weg aktuell fast alles über Asphalt. Zudem spielen auch immer wieder Sicherheitsüberlegungen mit. Wo der Rückweg der Flösser früher exakt durchging, ist nicht genau bekannt. Gemäss Toni Keller ist im Verzeichnis der historischen Wege belegt, dass der Weg am Gasthaus Bären vorbeiführte und die dortige Mauer ersichtlich ist. Zudem gibt es im Gelände zwischen Hottwil und Wil ebenfalls einen Anhaltspunkt, der Rückschlüsse zulässt, dass der Weg einmal dort entlangführte. Darauf angesprochen, den Flösserweg noch bekannter zu machen, etwa durch Flosstouren, winken alle fünf Anwesenden ab. «Es heisst Flösserweg, mit Betonung auf Weg», sagt Walter Huber. Ein Floss sei etwa 7,5 Tonnen schwer. Dieses müsste wieder zum Ausgangspunkt zurück transportiert werden. Auf dem Rhein wäre dies
– weil es sich um ein internationales Gewässer handelt – möglich. Es scheitere jedoch an der Wirtschaftlichkeit. Die Sicherheitsvorschriften, unter anderem maximal fünf Personen pro Floss, die kurze Strecke (von Schwaderloch bis Laufenburg) und die damit verbundenen Kosten pro Fahrt und pro Person lassen ein solches Projekt scheitern. Eine «Riesenkiste» (Geri Keller) sei jedoch das Emmentalerfloss (vom 18. bis 26. September 2007) in Solothurn gewesen, mit welchem die Migros den Flösserchäs lancierte.

Schulen und Vereine aus der ganzen Schweiz
Im Zuge der Fusion von Etzgen, Hottwil, Mettau, Oberhofen und Wil zur Gemeinde Mettauertal (im 2010) wurden auch einige Gebäude zur Umnutzung oder einen allfälligen Verkauf frei. Die Gemeinde Mettauertal stellt das ehemalige Schulhaus mit Turnhalle in Hottwil als Herberge und Tagungsstätte zur Verfügung. Das «Gästehaus Flösser» wird gemäss «Bären»-Wirt und Betreiber der Tagungs- und Unterkunftsstätte rege genutzt. So finden dort etwa Bike-Lager und Probeweekends von Guggenmusiken statt, übernachten Teilnehmer von diversen Vereinsreisen und das «Gästehaus Flösser» wird auch von Schulen genutzt. Die Gäste kommen aus der ganzen Schweiz. Im Sommer findet dort wieder ein «Mint-Lager» der Fachhochschule Nordwestschweiz mit Mittelstufenschülern statt. Geri Keller, der erste Präsident des Vereins Flösserweg sagt, dass die ganze Region davon profitiere, etwa der Dorfladen, der Bäcker und der Metzger. Sie würden die Interessenten des Gästehauses immer über solche, nahen Einkaufsmöglichkeiten, informieren.

Der Jurapark Aargau sorgt mit diversen Angeboten für die Bekanntheit des Flösserweges und der Region. Auch Coop, die SBB und die Postauto AG bieten diesen Weg als Ausflugsziel an. Edwin Rüede weist darauf hin, dass der Flösserweg keinen Schwierigkeitsgrad aufweise. Aber man müsse 20 Kilometer laufen können oder diesen sonst in Etappen machen. Toni Keller macht den Weg mindestens einmal pro Jahr mit Kollegen. In diesem Zusammenhang erzählt er eine Anekdote, weshalb der Flösserweg nicht von Bezirkshauptort (Laufenburg) zu Bezirkshauptort (Brugg) führte.

Der Verein Flösserweg wurde am 10. März 2005 in der Turnhalle Hottwil gegründet. Er setzt sich für den Erhalt und Unterhalt des Weges ein sowie für den Erhalt des Kulturgutes Flösserei. Die Mitgliederzahl stagniert bei aktuell 75. Über weitere Mitglieder würde sich der Verein freuen.

www.floesserweg.ch


Flösserweg: von Laufenburg bis Stilli

Die Begehung des Flösserweges kann in beliebiger Richtung und etappenweise erfolgen. Der Jurapark Aargau schlägt als erste Etappe die Route von Laufenburg nach Hottwil vor, für welche man zirka drei Stunden benötigt. Für die zweite Etappe von Hottwil nach Stilli sollte man ebenfalls drei Stunden einplanen. Der Weg ist braun ausgeschildert und gut an den öffentlichen Verkehr angebunden.

Nebst dem «Gästehaus Flösser» bietet auch das historische Gasthaus Bären Übernachtungsmöglichkeit; schon die alten Flösser sollen im «alten Bären» eingekehrt sein. (nfz)


Die Flösserei

Bis Ende des 19. Jahrhunderts spielte das Flössergewerbe für etliche Gemeinden der Gegend eine bedeutende wirtschaftliche Rolle. Im Jahr 1856 erreichte die Flösserei mit 4451 bei Laufenburg passierten Flossen den Höhepunkt. Eisenbahn, Kraftwerk und immer besser ausgebaute Strassen bedeuteten den Untergang dieses einst blühenden Gewerbes. 1899 wurden in Aarburg die letzten Flösse eingebunden; die Flösserei auf unseren Flüssen war in einzelne Fahrstrecken unterteilt und so gelangte viel Holz über die Aare und die Reuss in den Aargau. 1927 erreichte der letzte Floss Basel. Der Bau des Kraftwerks Rhyburg-Schwörstadt (1927 bis 1931) bedeutete für die Flösserei das Ende. (nfz)


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