Sein grosses Ziel

  02.05.2022 Gipf-Oberfrick, Sport

Dominik Weiss aus Gipf-Oberfrick träumt davon, vom Velofahren leben zu können. Um diesen Traum zu erreichen, hat er seine Lehre abgebrochen. Seither investiert er alles in den Sport.

Andrea Marti

Dominik Weiss ist 20 Jahre alt, für viele ein Alter, in dem die Nächte lang, die Feste zahlreich und die Sorgen weit weg sind. Aber er ist weder Student noch frisch fertig mit der Lehre, sein Alltag sieht anders aus als der vieler Gleichaltriger. «Ich fahre halt einfach Velo», sagt Weiss, als wäre es kein grosses Ding, kein grosses Ziel, das der Sportler Tag für Tag verfolgt.

Vielleicht ist es das für Dominik Weiss auch nicht, denn: «Einfach Velofahren» ist das, was er schon sein ganzes Leben lang getan hat. Hier setzt auch die Schreibende mit persönlichen Gedanken an: «Jahrelang war Dominik mein Mitschüler. Fast alle Erinnerungen haben mit Sport zu tun, viele mit Velofahren. Dominik, wohl etwa zehn Jahre alt, rast nach der Schule mal eben den Berg rauf, nur mal, um zu schauen, ob sein Tacho noch funktioniert. Er tat es! Dominik, oben am Berg, muss noch etwa fünf Minuten warten, bis wir anderen ihn endlich einholen. Dann Dominik, er trainiert unsere Klassenmannschaft für das Grümpelturnier, wir tragen knallorange T-Shirts, es regnet, der Schulrasen ist schon eher Matsch, aber das Training wird durchgezogen. Schon zu diesem Zeitpunkt verbringt er seine Nachmittage mit Velotraining, seine Wochenenden mit Rennen, räumt einen Titel nach dem anderen ab.»

Alles für den Sport
Der leidenschaftliche Radsportler arbeitet sich hoch, ein Erfolg jagt den anderen, das Velofahren nimmt immer mehr Zeit in Anspruch. Schliesslich bricht er mit neunzehn Jahren seine Lehre ab: Er will jetzt alles ins Velofahren investieren, ganz auf diese Karte setzen. Alles, was er tut, ist wichtig für den Sport: Wie viel er schläft, was er isst, was er trinkt. Lange Partys, über die Stränge schlagen? Gibt es nicht. Wirklich loslassen? Manchmal für ein paar Tage, sagt Dominik Weiss, wenn er zwischen den Rennphasen eine Woche Ferien habe. Oder an Ruhetagen, vor allem, wenn er in den Bergen am Wandern sei, zum Beispiel mit seiner grossen Schwester. «Dann komme ich schon auf andere Gedanken», sagt Weiss. Der Profisportler muss kurz überlegen, bevor er antwortet, es wirkt fast so, als würde er eher widerwillig mal Pausen machen. Ruhetage, mal kein Training. «Das muss man auch, das braucht der Körper», weiss er. Aber Motivation hätte er längst genug, um die ganze Woche zu trainieren. Dominik Weiss braucht keine Ferien, vielleicht auch, weil sich der Sport für ihn nicht wie Arbeit anfühlt.

Disziplin fällt ihm leicht
Ob ihn dieser Alltag nicht manchmal einsam mache, wenn für andere die Nacht erst richtig beginnt, wenn er sich schon verabschieden muss, will die NFZ wissen. Er überlegt kurz, schaut aus dem Fenster, und meint dann: «Nein, eigentlich nicht. Lange Partys und Betrinken, das hat mich nie gereizt, mir fehlt das nicht.» Auch während des Gesprächs im Café wirkt es nicht so, als würde er auf etwas verzichten, was er schmerzlich vermisst. Er antwortet ruhig, spricht gelassen. Für Dominik Weiss ist dieser Alltag genau das, was er möchte. Er ist enorm dankbar, dass ihn seine Eltern, bei denen er auch noch wohnt, so stark unterstützen, dass er sich ganz auf den Sport konzentrieren kann. Auch die Disziplin, sagt er, fällt ihm leicht. «Ich weiss immer, wofür ich es mache und weiss, was es braucht», sagt Weiss ruhig. Das Velofahren, das ist sein Ding, sein Traum, auch wenn er es nicht so ganz erklären kann: «Der Radsport reizt mich einfach am meisten, keine andere Sportart fasziniert mich so sehr». Und natürlich zieht ihn auch der Erfolg an, der winkt, wenn alles klappt.

Deshalb gibt ihm die Professionalisierung, die mit der Zeit in sein Training Einzug gehalten hat, zusätzlichen Schub. Seit kurzem ist der Radsportler das erste Mal in einem Profiteam, wo er monatlich Lohn erhält. «Es ist noch nicht viel, aber immerhin». Sein Ziel ist, irgendwann mit dem Velofahren auf eigenen Beinen stehen zu können. Bis er 23 Jahre alt wird – also bis in rund drei Jahren – möchte er es geschafft haben, zumindest vorerst.

Plan B: Fitnesstrainer
Und was, wenn es nicht klappt? Wenn der grosse Traum nicht in Erfüllung geht? Dann mache er halt etwas anderes mit Sport, sagt Weiss. Er antwortet ohne zu zögern, er hat sich das gut überlegt. Deshalb ist er auch bereits daran, sich für eine Zeit nach dem Spitzensport vorzubereiten: Nach dem Training arbeitet er jeweils an seinem Selbststudium zum Fitnesstrainer. Den ersten Lehrgang hat er schon abgeschlossen, am zweiten ist er jetzt dran. «So habe ich etwas, worauf ich aufbauen kann». Aber jetzt konzentriert er sich zuerst einmal auf das Velofahren: Vor kurzem fuhr er sein erstes Rennen mit seinem neuen Team. Er hofft, mit diesem Team aufsteigen zu können, in die nächste Stufe, wo er vom Sport leben könnte. Aber das eilt nicht, mit dem Einstieg ins neue Team ist Dominik Weiss gerade genau da, wo er sein will. «Bis jetzt läuft eigentlich alles nach Plan», schmunzelt er ein wenig schüchtern. Fast wirkt er ein bisschen überrascht davon, wie gut es für ihn läuft – auch wenn es genau das ist, wovon er schon sein ganzes Leben lang träumt.


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