«Ein hartes Stück Arbeit»

  15.05.2022 Rheinfelden

Olivia Sieber wurde bei «Schweizer Jugend forscht» ausgezeichnet

Es sollte eigentlich «bloss» eine Maturaarbeit werden. Doch dann war die Klassenlehrerin von Olivia Siebers Arbeit so begeistert, dass sie ihr vorschlug, damit am Nationalen Wettbewerb «Schweizer Jugend forscht» teilzunehmen. Ein paar Monate später holte sich die 19-Jährige damit einen Preis in der Endrunde dieses renommierten Wissenschaftswettbewerbs.

Edi Strub

Ich treffe Olivia Sieber im Basler Horburgpark. Hier versuchte sie im Rahmen ihrer Maturaarbeit zu ergründen, von welchen Bevölkerungsgruppen er benutzt wird und was diese Leute – Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren – dort tun. «Mit einer von mir erstellten Tabelle drehte ich hier zu fünf verschiedenen Zeiten meine Runden und erfasste alle, die sich im Park befanden. Ich ordnete sie den verschiedenen Altersgruppen zu und nahm auf, was sie taten. Ob sie am Grillen waren, am Lesen, am Spazieren, mit ihren Hunden unterwegs oder mit den Kindern auf dem Spielplatz.» Ziel sei es gewesen, eine Art Profil dieses Parks zu erstellen, um zum Beispiel ermessen zu können, ob der Park für alle attraktiv ist oder nur für bestimmte Gruppen.

Das Ergebnis: der Horburgpark wird im Verhältnis zur Bevölkerungszahl im Quartier vor allem von Kindern benutzt und – das war eine wichtige Erkenntnis – nur sehr wenig von älteren Leuten. «Wenn man das feststellt, kann man sich die Frage stellen, warum die Senioren nicht kommen. Fühlen sie sich unwohl zum Beispiel wegen der Kinder, die mitunter ziemlich laut sind, oder fürchten sie sich vor Drogenabhängigen und Kriminellen? Das wären dann Erkenntnisse, die für die Stadt- und Parkverwaltung von Interesse sein könnten, wenn sie sich überlegen, ob die von ihnen betreuten Anlagen ihren Zweck erfüllen. Ob sie zum Beispiel etwas zum guten Einvernehmen zwischen Jung und Alt, Schweizern und Ausländern beitragen und was allenfalls zum bessern Erreichen dieses Ziels verändert werden sollte.

Drei Weltsprachen
Olivia Sieber hat mehrere Parks in Basel auf diese Weise durchleuchtet und ihre Erkenntnisse und Fragen am Schluss mit Vertretern des Basler Baudepartements diskutiert. Was ursprünglich als Gymi-Abschlussarbeit gedacht war, wuchs mit der gewissenhaften Arbeit von Olivia Sieber schnell darüber hinaus und so schlug ihre Klassenlehrerin auf einem Ausflug vor, sie solle sich doch mit ihrer Arbeit am Wettbewerb «Schweizer Jugend forscht» beteiligen. Dass sie damit einen Preis erringen könnte, habe sie sich nicht vorstellen können. Wirft man einen Blick in Olivia Siebers Arbeit, wird allerdings schnell klar, dass der Preis und die Auszeichnung «sehr gut» nicht unverdient waren. «Die Arbeit besticht durch eine reflektierte, wissenschaftliche Vorgehensweise sowie durch eine klare und verständliche Sprache», schreibt die Expertin Sandra Janett.

Auffallend ist, dass die Arbeit auf Englisch geschrieben ist – die heutige Sprache der Wissenschaft – und nicht in Deutsch, Olivia Siebers Muttersprache. Englisch habe sie gelernt, indem sie schon früh angefangen habe, Bücher auf Englisch zu lesen. Auch englischsprachige Filme habe sie sich immer in der Originalsprache angeschaut. So habe sie sich auf natürliche Weise diese Sprache angeeignet. Als erste Fremdsprache am Gymi wählte sie Spanisch. Und so beherrscht sie heute bereits drei Weltsprachen.

Wie soll es nun weitergehen? – Olivia Sieber hat sich bereits entschieden. Sie will an der Technischen Hochschule EPFL in Lausanne Bauingenieurin studieren. Sie sei von niemanden in diese Richtung gedrängt worden. Weder von ihrem Vater, Jurist und Businesscoach, noch von der Mutter, die Mathematik studierte. Es sei ihre eigene Wahl. In Lausanne wird Olivia Sieber mit einer vierten Sprache konfrontiert sein. Sie habe Französisch zwar nur schulmässig gelernt, aber sie werde das wohl schon hinkriegen.

Olivia Sieber ist eine Frau, die leicht lernt und auch im Gymi mit normalem Einsatz mit den besten mithalten konnte. Die Maturaarbeit sei allerdings ein hartes Stück Arbeit gewesen. Auf ihren Tabellen habe sie über dreitausend Parkbesucher eingetragen und die Daten nachher mit wissenschaftlicher Stringenz und korrekten Quellenund Methodik-Angaben analysiert.

An Nachhaltigkeit und Technik interessiert
Bleibt bei so viel Arbeit und Lernen noch Zeit für etwas anderes? Doch, doch, meinte Olivia. Sie spiele gern Volleyball ( jetzt beim VBC Rheinfelden) und möchte das auch in Zukunft tun, wenn sie in Lausanne studiert. Das heisse, dreimal trainieren pro Woche. Mit weniger gehe es nicht, wenn man in einer Mannschaft mitspielen wolle. Was aus ihrem Studium werden soll, weiss sie noch nicht im Detail. Aber Gedanken hat sie sich natürlich schon gemacht. Ziel sei vorerst, einen Bachelor-Abschluss zu machen. Danach müsse sie wählen.

Ausser den typischen Bereichen des Bauingenieurwesens lockt vor allem ein fachübergreifendes Studium nachhaltiger Technologien (Sustainable Management and Technology). Nachhaltigkeit ist eine Herzensangelegenheit von Olivia, gerne möchte sie nach ihrem Studium etwas zur Bewahrung und zum Schutze unseres Planeten beitragen. «Ich war immer an Nachhaltigkeit und Technik interessiert. Und mit einem solchen Studium hat man die Möglichkeit, etwas davon zu realisieren.»


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