Hörgenuss als Vorgenuss auf «Hört Rhein!»

  05.04.2022 Musik, Rheinfelden

Am Wochenende konzertierte die Stadtmusik Rheinfelden im Kurbrunnensaal. Anhand der vorgetragenen Werke bot sie dem Publikum zugleich eine Einführung in ihr nächstes Grossereignis, den Aargauischen Musiktag «Hört Rhein!» vom 17. bis 19. Juni 2022.

Birgit Schlegel

In gewohnter Manier marschierte die Stadtmusik links und rechts vom Publikum in schier endlosen Reihen ein und eroberte bereits unter grossem Applaus ihre Zuhörerschaft. Trotz Vorbau war die Bühne fast zu klein für das beeindruckende Ensemble mit seinen mehrfach besetzten Bläserregistern und den unzähligen Schlaginstrumenten. Mit «Fanfare – The Benefaction from Sky and Mother Earth» des Japaners Satoshi Yagisawa begrüsste die Stadtmusik Rheinfelden ihre Gäste und beglückte mit ihrem Spiel sogleich die Blasmusikfans. Feierlich erklangen in der Einleitung die Röhrenglocken über dem lang gehaltenen Basston, mit warmem Klang stellten die Hörner und Saxophone die ruhige erste Melodie vor, welche die Trompeten fanfarenartig weiterführten und damit zum temporeichen, ersten Tutti überleiteten. Rasante Tonleitern in den hohen Holzbläsern und eine messerscharfe Artikulation in sämtlichen Registern zeugten von einer lebendigen und selbstbewussten Interpretation. Trotz der eher trockenen Akustik ohne jeglichen Nachhall gelang eine sehr differenzierte Dynamik. Mit einer klaren Dirigiersprache und grosser Körperspannung führte Dani Haus sein Ensemble.

Der Aargauische Musiktag verspricht einiges
Das Programm des diesjährigen Jahreskonzertes stand ganz im Zeichen des kommenden Aargauischen Musiktages «Hört Rhein!». «Wir freuen uns riesig, am Wochenende vom 17. bis 19. Juni viele Musikvereine aus der ganzen Nordwestschweiz zu einem rauschenden Fest willkommen zu heissen», so die Präsidentin Davina Benkert bei ihrer Begrüssung. In einer kurzen Einführung erläuterte sie das Wesen dieses musikalischen Grossanlasses, die Spielregeln der einzelnen Wettbewerbskategorien und die Rollen der Jury an den unterschiedlichen Wettspielen. «Das tönt jetzt vielleicht alles etwas trocken und akademisch. Deshalb haben wir uns vorgenommen, Ihnen dies alles auf musikalische Weise näher zu bringen.» Der Stadtmusik mit ihrem Dirigenten Dani Haus gelang dies nicht nur durch ihr Spielen, sondern auch mittels humorvoller Moderationen, vorgetragen von einzelnen Musikanten und mit witzigen Anekdoten und persönlichen Erinnerungen an vergangene Musiktage angereichert. Nach dem «St. Florian Choral» von Thomas Doss – einem Verein ist es vor dem eigentlichen Wettvortrag jeweils von der Jury gestattet, mittels eines Chorales die Raumakustik zu testen
– stand für die Stadtmusik bereits der grosse Konzertbrocken an. Mit «Déliverance» von Etienne Crausaz spielte sie ein typisches Wettspielstück: mehrsätzig und rhythmisch wie musikalisch anspruchsvoll, kontrastreich komponiert und mit einer bildhaften Tonsprache. Das Werk schien für das rund 50-köpfige Ensemble wie geschaffen. Nach einem zarten Solo der ersten Flöte zu Beginn des ersten Satzes, geschrieben im Stil eines barocken sizilianischen Tanzes im 6/8-Takt, spielten die Bläser sehr kammermusikalisch. Der fratzenhafte und groteske Charakter im folgenden Satz gelang durch eine überspitzte Aussprache, brillante Triller im hohen Holz und effektvolle kleine Glissandi in den Posaunen. Eine klare Rhythmussprache zeichnete den dritten Satz aus. Zahlreiche Taktwechsel bewältigte die Stadtmusik mit Überzeugung. Der straffe und gut kontrollierte Marsch im Schlagzeug und in den Euphonien sowie das monumental anmutende Thema der tiefen Blechbläser bot ein stabiles Fundament für die immer wieder ertönenden heroischen Fanfaren in den Trompeten und die rasenden chromatischen Tonleitern der hohen Holzbläser. Das temporeiche Finale bestach einerseits durch ein kleines frech gespieltes Tonleitermotiv, welches unberechenbar durch sämtliche Register wirbelte, andererseits durch zwei von den Hörnern angetriebene Gegenstimmen in den Klarinetten und Euphonien.

Talentförderung
Sehr am Herzen liegt dem Verein die Nachwuchsförderung. Immer wieder bekommen deshalb junge lokale Talente Gelegenheit, solistisch aufzutreten. Umso bemerkenswerter, dass nun gleich zwei Persönlichkeiten aus den eigenen Reihen brillieren durften. Der Schlagzeuger Patrick Herta zeigte am Xylophon seine hohe Virtuosität in Vittorios Montis vermutlich bekanntester Komposition, dem «Csardas». Ursprünglich als Rhapsodie für Violine und Klavier geschrieben, bestehen vom Virtuosenstück heute unzählige Bearbeitungen. Inzwischen also keine grosse Überraschung mehr, wenn es auf leeren Flaschen geblasen, mit der Harfe gezupft oder sogar gejodelt wird. Mit grosser Selbstsicherheit interpretierte der Schlagzeuger dieses Paradestück. Mit spannungsgeladenen Tremoli auf den langen Tonwerten und kaum nachvollziehbaren rasanten Sechzehntelläufen, dabei immer mit einem Lächeln im Gesicht. In der Schlussstretta hätte die Begleitband aus Sicht des Solisten wohl noch etwas mehr schieben dürfen. Ansonsten war sie mit ihren scheinbar endlosen Nachschlägen eine hilfreiche Unterstützung. Auch mit «Blue Trombone» von Günter Noris, einem der grossen deutschen Bandleader der 70er-Jahre, folgte ein weiterer Klassiker unter den Solostücken. Die 18-jährige Carole Enderle fühlte sich hörbar wohl. Locker und leicht interpretierte sie den Blues, wusste gekonnt den Dämpfer einzusetzen und baute effektvolle kleine Glissandi ein. Die Begleitung geriet zum Teil etwas dick, schien die gedämpfte Posaune doch beinahe verschluckt zu werden. Doch den Dämpfer bei Seite gelegt, drang der starke Klang der Posaunistin problemlos bis in die höchsten Lagen durch. Eine tolle Leistung! Auch in Anbetracht dessen, dass die Solistin zu diesem Zeitpunkt bereits einen langen anspruchsvollen ersten Konzertteil bewältigt hat. Mit «80er KULT(tour)», arrangiert von Thiemo Krass, beendete die Stadtmusik Rheinfelden ihr offizielles zweistündiges Programm. Denn, wie die Präsidentin Davina Benkert zum Schluss humorvoll erläuterte, darf etwas an einem Musiktag absolut nicht fehlen: das gemeinsame Abrocken im Festzelt! Die Stadtmusik raffte nochmals ihre gesamten Energiereserven zusammen und spielte sich durch ein Medley an Kulthits aus der deutschen Hitparade.

Aargauischer Musiktag «Hört Rhein!» vom 17. bis 19. Juni 2022 in Rheinfelden. Helferinnen und Helfer gesucht! Infos unter www.musiktagrheinfelden.ch


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