Eine begehbare Erinnerung

  29.03.2022 Rheinfelden

Gestern ist die Brown-Nizzola-Plattform eingeweiht worden. Sie soll daran erinnern, dass in Rheinfelden die Wiege des europäischen Stromverbundnetzes liegt.

Valentin Zumsteg

Strahlende Gesichter am Montag anlässlich der Einweihung bei der Rheinlust: Dort, wo früher der Eisensteg hinüber zum Maschinenhaus des ehemaligen Wasserkraftwerks führte, bietet die neue Brown-Nizzola-Plattform Gelegenheit zum Verweilen. Von hier aus hat der Besucher einen guten Blick über den Rhein und er erhält viele Informationen zur europäischen Stromgeschichte, bei der Rheinfelden eine wichtige Rolle spielte.

«Brennpunkt der technischen Welt»
«Hier an diesem Ort war zwei Mal der Brennpunkt der technischen Welt», sagte Kurt Beretta von der IG Pro Steg, die zusammen mit der Stadt den Bau der Plattform in der heutigen Form massgeblich vorantrieb. 1898 wurde in Rheinfelden, auf badischer Seite, das erste grosse Wasserkraftwerk für Drehstrom 50 Hertz gebaut. Eine erste Pionierleistung; die zweite folgte 1904: Damals verband Agostino Nizzola, Direktor der Motor AG für angewandte Elektrizität Baden, in der Unterstation Theodorshof in Rheinfelden erstmals zwei Drehstromkraftwerke. Charles E. L. Brown, Pionier für Transformatoren und Hochspannungsleitungen, hatte dazu den Weg bereitet. Weitere Kraftwerke stiessen später dazu. Dies war der Beginn des europäischen Stromverbundnetzes, dem heute 37 Länder angehören. Die Republik Moldau und die Ukraine sind erst kürzlich dazu gekommen. Die 50-Hertz-Wippe, welche die Hauptattraktion auf der Plattform werden könnte, symbolisiert spielerisch die damals anspruchsvolle Synchronisierung der Kraftwerke Rheinfelden und Beznau.

«Es freut mich sehr, dass wir heute diese Plattform einweihen können», sagte Peter Scholer, Präsident der IG Pro Steg. Leider sei es nicht gelungen, das alte Maschinenhaus und den Eisensteg zu retten, die im Zuge des Neubaus des Wasserkraftwerks weichen mussten. Die Verantwortlichen hätten damals noch keine Ahnung gehabt, welch historische Bedeutung diese Anlagen hatten.

Stadtammann Franco Mazzi zeigte sich ebenfalls zufrieden mit der Aussichts- und Gedenkplattform. «Ich bin überzeugt, dass Brown und Nizzola ihre Freude an dieser Würdigung ihrer Pionierleistung hätten», sagte Mazzi. Das Budget von 290 000 Franken für den Bau konnte eingehalten werden, wie er weiter ausführte. Die Rheinfelder Gemeindeversammlung hatte dafür 160 000 Franken gesprochen, den Rest übernehmen Sponsoren, welche die IG Pro Steg organisierte.

Die Einweihung ist gestern mit vielen geladenen Gästen gefeiert worden. Unter anderem war auch Andreas Mossner dabei, der Ururenkel von Emil Rathenau (AEG-Gründer und 1898 treibende Kraft beim Bau des alten Wasserkraftwerks Rheinfelden). Dieser Rathenau, verkörpert von Simon Kuner, trat bei der Einweihung gar selber auf. Er erzählte Madame Louise de Sancerre (gespielt von Susanne Ammann), die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Kur in Rheinfelden weilte, von den Verheissungen der Elektrizität. Ein Blick zurück – und in die Zukunft.


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