«Ich bin ein Handwerker mit Sinn für Klänge»

  07.03.2022 Rheinfelden

Peter Meier baut Orgeln für die ganze Welt – von Zürich bis Tokyo

Früher wurden am Weidenweg 20 in Rheinfelden Zahnräder hergestellt, heute Orgeln. Inhaber der Firma ist Peter Meier. Er macht praktisch alles, was es für eine Orgel braucht, selbst. Er schreinert, giesst und formt. Denn nur auf diese Weise tönen die Orgeln so, wie er es haben will und wie es den Wünschen seiner Kunden entspricht.

Edi Strub

Für manche Karrieren gibt es einen Moment, der für das ganze restliche Leben prägend wird. Für Peter Meier war es eine Orgelvorführung in der Kirche von Zufikon. Gespielt wurde nicht Kirchenmusik oder Klassisches, sondern Volksmusik. Ein Organist machte etwas Ungewöhnliches, fast Ungehöriges: er spielte Ländler auf der Orgel der ehrwürdigen St. Martins-Kirche statt wie gewohnt zum Beispiel auf einer Ziehharmonika. Peter Meier war beeindruckt. Der junge Mann trug sich mit dem Gedanken, Schreiner oder Zimmermann zu werden. Aber eigentlich war ihm das ein bisschen zu grob und zu einfach. Und so gab es die Idee, Instrumentenbauer zu werden. «Ich hätte vielleicht Geigen oder Celli bauen können oder Klarinetten». Aber da war nun plötzlich etwas, was ihn noch viel mehr in den Bann zog, nämlich diese mächtige «Maschine» mit den vielen Pfeifen in der Kirche, die spielen konnte wie ein ganzes Orchester, beherrscht von nur einem Mann.

Fasziniert von der komplexen Mechanik
Und so trat Peter Meier als 17-Jähriger bei der bekannten Orgelbauerfirma Goll in Luzern eine Lehre an. Er wollte selbst solche «Riesengeräte» bauen. Angezogen fühlte er sich von der komplexen Mechanik dieser Orgeln, die über Jahrhunderte entwickelt worden waren, aber auch von der Musik selbst. Er kommt aus einer Familie, in der viel Musik gemacht wurde. Er spielte Cello, aber irgendwie fühlte er, dass sein Talent nicht ausreichen würde, um das berufsmässig zu machen. «Ich bin eben eher der Handwerker». Er spiele nun zwar auch Orgel, aber hobbymässig, weil das natürlich sehr nützlich sei für einen Orgelbauer.

Viel hinzugelernt
Sozusagen seine zweite Lehre machte Peter Meier dann in Worksop, in der Nähe von Sheffield. Ein kleiner netter Ort auf dem Land, mit vielen Künstlern und Handwerkern, landschaftlich sehr schön, aber ziemlich provinziell. Dort habe er viel hinzugelernt, denn das Musikalische habe in der Werkstatt dort mehr Gewicht gehabt als in Luzern.

Eine Orgel sei eben nicht nur ein raffiniertes mechanisches Instrument, sondern vor allem auch Klang. Je nachdem wie man sie baue und wie die Pfeifen beschaffen sind, töne sie anders und eigne sich nur für bestimmte Arten von Musik. Für Barockmusik zum Beispiel von Johann Sebastian Bach oder François Couperin. Oder für symphonische Musik. Die wunderbar klingende «Orgelsymphonie» von Camille Saint-Saëns ist hierfür ein Beispiel. Auch in der modernen Musik gibt es faszinierende Werke – zum Beispiel von Olivier Messiaen. Das alles erfordert verschiedene Orgeln und das muss der Orgelbauer bedenken. Als ich Peter Meier in seiner Werkstatt am Weidenweg besuche, ist er gerade daran, eine kleine Orgel mit 200 Jahre alten Pfeifen zu restaurieren, die ein Basler Musiker als Hausorgel nutzen möchte. Er versucht sie nun im Geiste der damaligen Zeit wieder auf Vordermann zu bringen. Seit achtzehn Jahren arbeitet Peter Meier als selbstständiger Orgelbauer zusammen mit zwei Angestellten und einem Lehrling. Dazu kommt gegenwärtig ein Praktikant, der als Abschlussarbeit an der Rudolf-Steiner-Schule eine Miniorgel baut.

Da gibt es keine Halbheiten
Aufträge bekommt Peter Meier aus der ganzen Schweiz, häufig aber auch aus dem Ausland. Das neuste Projekt ist die Wiederinstandstellung einer Orgel in der Kathedrale von Metz. Die Orgel hänge weit oben an einer Seitenwand und verlange, dass man einigermassen schwindelfrei sei. Ein Teil dieser Orgel liegt nun in Meiers Werkstatt, um erneuert zu werden. Mehrere Male war er auch in Japan. In Waseda bei Tokyo baute er für eine reformierte Kirche eine neue Orgel. Es sei interessant gewesen, dort zu arbeiten, aber auch ziemlich anstrengend. Der Umgang miteinander unterliege viele Regeln, die man einhalten müsse. Ausländern gegenüber sei man allerdings nachsichtig. Gefallen habe ihm in Japan, wie genau und gewissenhaft dort gearbeitet wird. Da gebe es keine Halbheiten. Alle seien immer bestrebt, in bester Qualität zu arbeiten.

Peter Meier macht in seiner Werkstatt eigentlich alles selbst, angefangen bei den vielen Pfeifen aus verschiedenen Hölzern oder aus Zinn bis zu den komplexen «Innereien» der Orgel. Jeder Orgelbau beginne mit einer genauen Planung, nichts werde dem Zufall überlassen. Nur dann töne die Orgel auch so, wie es der Auftraggeber wünscht. Wenn die bis tausend Pfeifen einmal da sind, kommt die Feinarbeit. «Jede Pfeife nehme ich x-Mal in die Hände, schleife da noch etwas ab oder biege dort das Metall noch etwas nach oben oder nach unten – je nachdem wie sie tönen soll. Etwas schärfer oder lieblicher, mit mehr oder weniger Obertönen, hell oder dunkel». Das sei ein langer Prozess, der sich über Monate hinziehen könne. Für eine kleine Truhenorgel brauchen die drei Orgelbauer etwa drei Monate. Für grosse entsprechend länger.


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