«Die Kunst ist, Zusammenhänge zu erkennen und zu verknüpfen»

  24.03.2022 Mettauertal

Im Gespräch mit Christian Kramer, neuer Gemeindepräsident von Mettauertal

Nach nur vier Jahren im Gemeinderat hat Christian Kramer am 1. Januar 2022 die Nachfolge von Peter Weber als Gemeindepräsident von Mettauertal angetreten. Im Interview mit der NFZ spricht der 43-Jährige über Herausforderungen, Solidarität, Projekte und was ihm die Gemeinde bedeutet.

Bernadette Zaniolo

NFZ: Herr Kramer, wie sind Sie als neuer Gemeindeammann gestartet?
Christian Kramer:
Gut. Ich habe eine starke Verwaltung im Rücken und der neue Gemeinderat ist sich gut am Einleben. Ich bin mich am Einschwimmen (lacht) und versuche mir den Überblick zu verschaffen. Dazu gehört unter anderem, dass ich Führungen durch die Gemeinde-Liegenschaften gemacht habe sowie durch die Abwasser- und Wasserwerke.

Ihr Vorgänger Peter Weber hat grosse Fussstapfen hinterlassen. Wie gehen Sie mit den damit verbundenen Erwartungen der Bevölkerung an Sie um?
Ich denke nicht darüber nach, was würde Peter hier tun, wie würde er handeln. Die Bevölkerung hat Erwartungen an Amt und an die Amtsperson. Ob das Peter ist, oder ich, oder jemand anders. Erwartungen sind da. Ich versuche mich nach bestem Wissen einzubringen. Und ich bin nicht alleine. Check und Balance sind wichtig.

Wie fällt Ihre Bilanz nach 80 Tagen im Amt aus?
Für eine Bilanz ist es noch zu früh. Wichtig ist, dass alles gut läuft und der Gemeinderat in sich und die Verwaltung funktioniert. Dann klappt es auch mit den Projekten. Allerdings darf man nicht vergessen, dass mit Peter und Beat zwei langjährige Gemeinderäte auf hörten. Dieses Wissen ist weg. Der aktuelle Gemeinderat ist jung, aber auch unerfahren.

Hat Sie etwas besonders gefreut?
Ich habe heute erfahren, dass eine Privatperson, die nicht mehr in der Gemeinde wohnt, ihr möbliertes Haus für Flüchtlinge aus der Ukraine zur Verfügung stellt. Dies ohne jegliche Auf lagen. Einfach so, aus Solidarität. Diese erfahren wir aus breiten Kreisen für die aktuelle Situation. Froh bin ich auch darüber, dass die Stelle des Steueramtsleiters wieder besetzt (mit Roger Demmler) werden konnte. Keine Selbstverständlichkeit, denn der Markt ist ausgetrocknet. Zudem der Rechnungsabschluss 2021. Dieser fällt voraussichtlich deutlich besser aus als erwartet.

Was empfinden Sie, wenn Sie in «Ihrer» Gemeinde unterwegs sind?
Ich empfinde es als grosses Glück und Privileg, in der jetzigen Zeit hier leben zu können. Meine Heimat, sie ist einfach schön, vom Rhein bis zum Laubberg (der Gemeindepräsident zeigt den schönen Ausblick vom Ratszimmer aus). Es ist ein wunderbarer Flecken Land, mit vielen guten Menschen drin. Hier leben die Menschen, die ich gerne habe.

Haben Sie den Entscheid, sich als Ammann zur Verfügung zu stellen, schon einmal bereut?
Ich habe mich nicht zur Verfügung gestellt. Das ist ein Wahlamt, ich habe kandidiert. Und ich wusste, was mich erwartet. Bisher habe ich es nicht bereut, obwohl es Nächte gab, in denen ich ohne dieses Amt sicher besser eingeschlafen wäre.

Was beschäftigt die Gemeinde aktuell am meisten?
Einflüsse von innen und von aussen. Aktuell ist aussen vorherrschend. Die Pandemie hat das Gesellschaftliche teils auf eine harte Probe gestellt. Ich hoffe, die Diskrepanzen werden schnell vergessen sein. Aus den letzten zwei Jahren wird man Lehren ziehen müssen, so etwa in Sachen Unabhängigkeiten. Die Verwerfungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine erwarte ich als noch grösser. Auf die Gemeinde bezogen bleiben die üblichen Themen. Alles muss funktionieren und es gilt die Finanzen im Griff zu haben. Die Erwartungshaltung der Bevölkerung ist da.

Gibt es mittelfristig grössere Projekte?
Das sind die Sanierung der Talstrasse in Etzgen, die Belagssanierung in Oberhofen, das Mehrzweckareal Mettauertal (die NFZ berichtete bereits über diese Projekte), die Umsetzung behindertengerechter Bushaltestellen in Mettau, Oberhofen, Hottwil und Wil sowie der Forstzusammenschluss Rheinufer mit Staatswald und Forstbetrieb Kaisten. Und ein Dorffest wäre wieder mal fällig. Dies ist jedoch kein Projekt, einfach ein Gedanke von mir.

Die Gemeinde Mettauertal ist in den letzten Jahren bevölkerungsmässig gewachsen auf aktuell 2100 Einwohner. Dies auch durch eine grosse Bautätigkeit. Momentan, so scheint es, bewegt sich in Sachen Bauen nicht viel. Wie sieht das in den nächsten Jahren aus?
In Etzgen hat es einige laufende Projekte. Bei einer Überbauung in Hottwil geht es nach einer längeren Baupause wieder weiter mit den Arbeiten. In Mettau gibt es Pläne für weitere Projekte in der Trottmatt. Zudem sind in Wil, beim Elternhaus von Peter Weber, 14 Wohnungen geplant. Diese befinden sich an zentraler Lage, beim Dorfladen und in unmittelbarer Nähe zur Bäckerei und Metzgerei.

Sind auch Projekte für Senioren geplant oder in Diskussion?
Nein, konkrete Projekte gibt es nicht. Bei der geplanten Überbauung in Wil handelt es sich jedoch um eher kleinere Wohnungen. Dies entspricht unter anderem auch dem Bedürfnis von Senioren. Zudem entstehen sie an guter Lage. In Mettau gab es schon Anfragen für die Parzelle neben dem Verwaltungszentrum.

Über wieviel Bauland verfügt die Gemeinde Mettauertal noch?
Aktuell haben wir 69 baureife Bauparzellen, 72260 Quadratmeter Bauland, 18376 Quadratmeter Land in der Arbeitszone (baureif und auch unerschlossen) sowie 13605 Quadratmeter unerschlossene Reserven. Potential hat auch die innere Verdichtung.

Als Sie vor vier Jahren in den Gemeinderat von Mettauertal gewählt wurden, hatten Sie das Bauwesen unter sich. Jetzt sind Sie Finanzminister. Fällt es Ihnen leicht, Neues zu lernen?
Die Kunst ist, Zusammenhänge zu erkennen und zu verknüpfen. Man muss mitreden und entscheiden können. Lesen hilft. Den Überblick über alles zu haben, ist schon herausfordernd.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Gansingen?
Gut. Das Verhältnis zum Gemeindeammann und den Gemeinderäten ist sehr gut. Verschiedene Gemeinden, verschiedene Interessen, das ist okay. Wir können gut miteinander reden und haben regelmässige Treffen.

Sie sind beruflich in einer leitenden Funktion. Wie schaffen Sie es, Beruf, Familie und Gemeindepräsident gut zu meistern?
(Lacht). Ich bin in einer unteren Kaderfunktion. Familiär bin ich nicht eingebunden. Ich lebe ein Leben als Junggeselle. Dies bedeutet, dass ich weder Kinder «gaumen», noch eine Partnerschaft pf legen muss. Da bleibt Zeit. Und die Digitalisierung ist sehr gut. Ich kann die Zeit individuell nutzen, dies gilt auch für den Gemeinderat. Das Pensum bei meinem Arbeitgeber habe ich auf 80 Prozent reduziert. Am Montag bin ich meistens in meinem Büro im Verwaltungszentrum in Mettau anzutreffen. So wie mein Vorgänger.

Die Gemeinde Mettauertal hat viele Vereine. Sind Sie selber auch in einem Verein aktiv beziehungsweise haben Sie noch die Zeit dafür?
Ich bin froh, dass wir so viele Vereine haben. Selber bin ich in der Schützengesellschaft (SG) Wil aktiv. Die Saison fängt bald an. Seit diesem Jahr sind beim Sturmgewehr 90 Ringkorne erlaubt und ich habe mein Gewehr umgehend aufgerüstet. Zudem bin ich im Jassclub «Vier Böck» dabei. Eigentlich würden wir da wöchentlich jassen, aber durch das berufliche und familiäre Engagement der Mitglieder reicht es nur für alle zwei bis drei Wochen. Aber es ist mir schon heilig. In der Feuerwehr bin ich auch noch seit 1999, aber nun altersmässig im letzten Jahr.

Belagssanierung Oberhofen: Infoveranstaltung am 4. Mai 2022;
Sanierung Talstrasse in Etzgen: Infoveranstaltung am 10. Mai 2022.


Der Gemeindepräsident

Christian Kramer (aus dem Ortsteil Wil) ist seit vier Jahren im Gemeinderat von Mettauertal; seit 1. Januar 2022 ist er Gemeindepräsident. Der 43-Jährige ist ledig, jedoch – wie er betont – «Mehrfachgötti». Voller Freude erzählt er im Gespräch mit der NFZ, dass ihn eines seiner Gottenkinder gerade wieder angefragt habe, ob er mit ihr auf eine Wanderung käme. Der Instandhaltungsleiter (im Paul Scherrer Institut/PSI) ist mit sieben Geschwistern in Wil aufgewachsen. Es erfüllt ihn mit grosser Freude, dass von den insgesamt acht Brüdern und Schwestern (ein Bruder ist vor ein paar Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen) sechs in Wil wohnen. Seine Hobbys sind Jassen, Schiessen, Lesen und Töfflis (Mofas). (bz)


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