«Ein paar nicht sehr nette Mails bekommen»

  27.01.2022 Rheinfelden

Nach über zwei Wochen Maskenpflicht für Erstklässler: eine Einschätzung am Beispiel Möhlin

Die Ausweitung der Maskenpflicht bis auf die unterste Primarstufe hat – vereinzelt – für Empörung in der Elternschaft gesorgt. Was davon ist geblieben? Astrid Zeiner, Mitglied der Möhliner Schulleitungskonferenz, ordnet ein.

Ronny Wittenwiler

NFZ: Astrid Zeiner, die Maskenpflicht ist Vorgabe des Kantons, die Schule hat sie «lediglich» umzusetzen. Sind sich alle Eltern dessen bewusst?
Astrid Zeiner:
Ich habe nicht den Eindruck, dass sich alle Eltern dessen bewusst sind. Wenn wir mit ihnen allerdings das Gespräch führen, verstehen es die meisten.

Die Schule als Adressat für verärgerte Eltern.
Ja. Mein Kind muss eine Maske tragen – für gewisse Eltern geht das gar nicht. Sie verfolgen ein Partikularinteresse und nehmen das Gemeinschaftsinteresse um sie herum nicht mehr gleich wahr.

Wie zeigen sich diese Reaktionen?
Wir haben ein paar nicht sehr nette Briefe und Mails bekommen. Wir haben zudem Kenntnisse über den einen oder anderen Eltern-Chat. Mit jenen Personen, die sich sichtbar machten, suchten wir das Gespräch. Das sind mehrheitlich konstruktive Gespräche.

Worüber reden Sie mit ihnen?
Wir erklären den Eltern, was unser Auftrag ist und erläutern die Rechtsgrundlage. Bei der Maskenpflicht haben wir nun mal keinen Handlungsspielraum. Eltern können aber ein ärztliches Attest einreichen, die Kinder ins Homeschooling nehmen oder ein Urlaubsgesuch einreichen.

Das wird in Anspruch genommen?
Ja, allerdings nicht viel. Wir haben fast 1500 Schülerinnen und Schüler in Möhlin. Im Moment haben wir drei Kinder im Homeschooling, sieben ärztliche Atteste und drei Urlaubsgesuche.

Ein Urlaubsgesuch wegen der Maskenpflicht?
Ja, um die Maskenpf licht zu umgehen.

Ist das ein konstruktiver Lösungsansatz?
Eltern haben gemäss Gesetzgeber das Recht, für ihr Kind maximal dreissig Tage Urlaub zu beantragen. Am Schluss liegt das in ihrer Verantwortung.

Und die ärztlichen Atteste?
Wir versuchen, nach bestem Wissen und Gewissen festzustellen, ob sie glaubwürdig sind und von einem regulären Arzt kommen. Wir sind vom Kanton dazu angehalten. Im Moment haben wir ein Attest, bei dem wir nicht sicher sind, ob es seine Richtigkeit hat. Das müssen wir dem Kanton melden. Dieser beurteilt, ob wir weitere Informationen einfordern müssen.

Was bedeutet dieser Konflikt für die Kinder?
Die Kinder merken das doch auch. Sie stehen mittendrin. Gerade, wenn sie von der Maskenpf licht befreit werden, ist das eine riesige Herausforderung.

Warum?
Wir müssen diese Kinder eineinhalb Meter separiert platzieren von allen anderen. Das ist auch eine Ausgrenzung von kleinen Kindern. Das halten Lehrpersonen nur schwer aus. Und doch müssen sie diese Vorgabe umsetzen: Wird ein Kind krank, kommen rasch die Reaktionen anderer Eltern, die sagen, wir hätten uns nicht an die Vorgaben gehalten.

Würden Sie so weit gehen und sagen: Eltern, die die Maskenpflicht umgehen, machen ihrem Kind keinen Gefallen?
Ich möchte es generell beantworten: Sind sich Eltern und Schule nicht einig, sind die Kinder immer in einem Loyalitätskonflikt.

Nochmals mit Bezug auf die Maskenpflicht gilt aber: Die meisten tragen die Massnahmen mit?
Die Zahlen zeigen es. Ich habe aber das Gefühl, dass es bei den anderen nicht einfach um Kritik geht, sondern um eine echte Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder. Diese Eltern sind einfach überzeugt, dass die Masken schädlich sind und berufen sich auf Studien. Das ist eine Einstellung, eine Meinung. Unser Job ist es, die Vorgaben umzusetzen. Wir versuchen, das mit Augenmass zugunsten aller zu tun.


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