Neue «Rheinfelder» Autobahn
23.12.2021 RheinfeldenNordumfahrung von Badisch-Rheinfelden freigegeben
Der neue Abschnitt der A98 nördlich von Badisch-Rheinfelden ging ganz unspektakulär in Betrieb: Kurz vor Mittag am Montag wurden die Absperrungen beiseitegeräumt; und die ersten Autos fuhren auf der 135 Millionen Euro teuren Strecke.
Boris Burkhardt
«Tunnel gesperrt» steht noch auf den LED-Anzeigen vor dem Eingang des Herrschaftsbucktunnels nördlich von Badisch-Rheinfelden; die Ampeln zeigen Rot. Ein letztes Mal laufen Menschen auf dem neuen Teilabschnitt der A98 herum, die in wenigen Minuten eröffnet wird. Noch einmal wird der Alarm im Tunnel getestet: Der Schall einer Frauenstimme wird zigfach gebrochen und kommt nur als ohrenbetäubendes Kauderwelsch aus dem Tunnel heraus. Die Verantwortlichen der Betriebsgesellschaft «Die Autobahn GmbH» des Bundes versichern, dass man im Tunnel sehr gut hören kann, wie die Frauenstimme in vier Sprachen beruhigend bittet, im Auto zu bleiben und Ruhe zu bewahren. Das Radio hatte am Montagmorgen übliche drei Kilometer LKW-Stau vor dem Grenzübergang Rheinfelden verkündet; von der neuen Teilstrecke, die wenige Stunden später eröffnet werden sollte, war keine Rede. Die grosse Eröffnungsfeier mit Honoratioren aus Stuttgart und Freiburg, die für Montagmittag angekündigt war, war vom Landesverkehrsministerium noch am Freitagnachmittag wegen Corona kurzfristig abgesagt worden. Ein Korso geladener Gäste, allen voran ein Weihnachtsmann in der Droschke, war als Jungfernfahrt geplant gewesen. So aber wird der 2,8 Kilometer lange neue Abschnitt der A98 zwischen dem Autobahndreieck Hochrhein und der Anschlussstelle Rheinfelden-Ost in Minseln nach zwölf Jahren Bauzeit und 135 Millionen Euro Baukosten (die NFZ berichtete) am Montag ganz unspektakulär eröffnet: Kurz vor Mittag werden die Absperrungen beiseitegeräumt; das erste Auto, ein weisser Hyundai aus Richtung Lörrach, wird noch von den Strassenarbeitern herangewinkt. In diesem Auto sitzen Anja Drechsle und ihr Lebensgefährte Bernd Hölzle aus Schwörstadt. «Wir kamen aus dem Raum Freiburg und hatten gehofft, dass die Strecke schon offen ist», erzählt Drechsle glücklich. Dass sie die allerersten waren, habe sie recht schnell realisiert: «Das war ein tolles Gefühl. Wir warten schliesslich schon sehr lange.» Drechsle erinnert sich noch gut an ihre Kindheit, als das zweite Teilstück der A98 zwischen den heutigen Ausfahrten Lörrach-Ost und Lörrach-Mitte eröffnet wurde.
Unglückliche Namenswahl mit «Rheinfelden-Ost»
Der erste Lastwagen auf der neuen A98, dem Kennzeichen nach ein Bayer, kehrt an der Anschlussstelle Rheinfelden-Ost, wo die neue Autobahn endet, gleich wieder um: Offensichtlich wollte er in die Schweiz und verfuhr sich prompt auf der neu eröffneten Autobahn. Für Ortsunkundige wird es wohl noch eine Weile dauern, bis die neue Verkehrsführung über die Autobahn angekommen ist: Manche Navis führten sie schon seit vielen Jahren fälschlicherweise an; auf Google-Maps ist sie Stand Montagabend überhaupt noch nicht eingetragen. Der Name der Anschlussstelle «Rheinfelden-Ost» mag ausserdem unglücklich gewählt sein, da es eine Anschlussstelle desselben Namens ja bereits auf der Schweizer A3 gibt. Bis kurz vor der Eröffnung war auch noch von «Rheinfelden-Karsau» die Rede. Der Bau der A98 begann zwischen Weil am Rhein und Binzen vor genau 50 Jahren. Die Wiesentalbrücke als Nordostumfahrung Lörrachs ist mit über 1200 Metern das drittlängste Brückenbauwerk in Baden-Württemberg. Die Bauwerke der A98 haben immer wieder mit den Widrigkeiten der Geologie zu kämpfen: In den Siebzigern wurden die Bauarbeiten für mehrere Monate unterbrochen, weil der Hang unterhalb der Burg Rötteln rutschte; 2021 wurde eine der drei Brücken über die Dinkelbergtäler gesperrt, weil sich die Pfeiler abgesenkt hatten. Auch an der neuen Anschlussstelle Rheinfelden-Ost stehen wegen Hangrutsches bereits Sicherungsmassnahmen für eine Million Euro an.