Mehr als nur Schrott

  07.11.2021 Kaiseraugst, Wirtschaft

Die Thommen Group expandiert kräftig

Angefangen hat alles mit einem kleinen Schrotthandel in Basel und später in Kaiseraugst. Heute ist die Thommen Group eines der national führenden Recycling-Unternehmen mit fünfzehn Standorten in der Schweiz und zehn im Ausland.

Valentin Zumsteg

Es läuft rund bei der Thommen Group: «Zu Beginn des Corona-Lockdowns im vergangenen Jahr haben viele Leute zuhause geräumt, da kam ganz viel Ware, vor allem im Elektronikschrott-Bereich, zusammen. Davon haben wir profitiert», sagt Geschäftsführer Tobias Thommen. Auch das aktuelle Jahr entwickelt sich erfreulich. «Wir haben es nicht erwartet, aber 2021 ist bisher sehr gut gelaufen.»

Vom Arzt zum CEO
Recycling ist heute ein Trend und breit akzeptiert. Als Tobias Thommen aufgewachsen ist, war das noch anders. «Ich wurde früher als Sohn des Lumpensammlers betitelt, auch wenn meine Familie nie Lumpen gesammelt hat, sondern im Schrotthandel tätig war», sagt er mit einem Lachen. Der 57-Jährige, der mit seiner Familie in Binningen wohnt, hat ursprünglich Wirtschaft studiert und im elterlichen Betrieb mitgearbeitet. In den 1990er Jahren verliess er das Unternehmen, studierte Medizin und wurde Arzt. «Ich war idealistisch und wollte Menschenleben retten.» Rund 15 Jahre lang hat er praktiziert, war daneben auch noch Yoga-Lehrer an der Migros-Klubschule in Basel. Als sein älterer Bruder überraschend verstarb, hat er 2011 die Geschäftsleitung der Thommen Group übernommen. «Ich habe das nicht aus Pflichtgefühl getan, es war mein Wunsch. Das Thema Recycling habe ich mit der Muttermilch aufgesogen, auch wenn früher noch niemand von Recycling sprach.»

Wer im Fricktal an Thommen denkt, hat meistens den Hauptsitz in Kaiseraugst im Auge. Doch die Thommen Group ist weit mehr als das: Insgesamt verfügt das Unternehmen über 15 Standorte in der Schweiz, sowie 10 in Belgien, China, Deutschland und Italien. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche Firmen übernommen worden. Zur Gruppe gehören neben der Thommen AG die Metallum für das internationale Handelsgeschäft und Immark für den Elektronikschrott. Angaben zu Umsatz und Gewinn macht das Familienunternehmen nicht.

Mitarbeiterzahl mehr als verdoppelt
Als Tobias Thommen vor zehn Jahren CEO wurde, beschäftigte das Unternehmen 250 Mitarbeitende. Heute sind es insgesamt zwischen 600 und 700, gut 500 davon in der Schweiz. Am Hauptsitz in Kaiseraugst arbeiten rund 130 Leute. Durch die zahlreichen Übernahmen habe die Angebotspalette verbreitert werden können. Dieser Weg soll weitergegangen werden. «Wir wollen in der Schweiz weiterwachsen. Auch Zukäufen im nahen Ausland sind wir nicht abgeneigt, es muss aber zu uns passen», sagt Tobias Thommen mit Blick auf die Zukunft. Ein wichtiges Anliegen ist ihm das Lehrlingswesen, hier will das Unternehmen künftig rund 20 Lernende pro Jahr ausbilden. Zudem gibt es eine Thommen-Academy, wo die Mitarbeiter und Führungskräfte geschult werden.

Die Corona-Zeit hat das Unternehmen gut überstanden. Teilweise gab es zwar Kurzarbeit, doch die konnte an den meisten Standorten schnell wieder aufgehoben werden. Derzeit läuft die Wirtschaft rund, die Stahlpreise sind hoch. Das ist allerdings nicht nur positiv: «Ich habe es fast lieber, wenn das Preisniveau nicht zu hoch ist. Dann müssen wir weniger Geld beim Einkauf in die Hand nehmen. Unsere Marge verändert sich nicht durch den Preis, sie bleibt gleich», sagt Thommen.

Diskussion um Standort Kaiseraugst
In Kaiseraugst ist der Recycling-Betrieb der Thommen AG mittlerweile umgeben von Wohnbauten, die in den letzten Jahren gebaut wurden. Das führt immer wieder zu Beschwerden, denn die Schrottverarbeitung ist kein leises Geschäft. Deswegen gibt es seit Jahren die Forderung, dass die Thommen AG umgesiedelt wird. «Wir sind in engem Kontakt mit der Gemeinde. Wir haben vielleicht eine Lösung, aber wir sprechen da von einem Zeithorizont von fünf bis zehn Jahren», sagt Tobias Thommen dazu und ergänzt: «Es ist nicht einfach, einen neuen Standort zu finden – und es bedarf grosser Investitionen. Wenn man allein unsere Bodenplatte neu erstellen müsste, würde das fünf bis zehn Millionen Franken kosten.»

Recycling ist zwar populär, doch einen Recyclingbetrieb will kaum jemand in der Nachbarschaft haben.


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