«Schweiz hat Covid-Krise gar nicht so schlecht gemeistert»

  02.09.2021 Rheinfelden, Wirtschaft

Wirtschaftstreffen der Fricktaler FDP in Rheinfelden

Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft hart getroffen und die Politik stark beschäftigt. Welche Lehren können wir daraus ziehen – auch im Hinblick auf kommende Herausforderungen? Dies war das Thema am Wirtschaftstreffen der FDP der beiden Fricktaler Bezirke.

Valentin Zumsteg

Der Titel des FDP-Wirtschaftstreffens vom Montagabend tönte ein bisschen pessimistisch: «Von Covid zum Blackout». Er spielte darauf an, dass neben einer Pandemie ein Strom-Blackout und der Ausfall des Mobilfunks in der nationalen Risikoanalyse als grösste Gefahren für die Schweiz betrachtet werden. «Aus Fehlern lernen – das ist der optimistische Ansatz», sagte Gaby Gerber, die durch den Abend führte. Rund 50 Personen nahmen an der Veranstaltung teil.

«Wir sind zurück»
Interessante Einblicke in die Industrie gewährte Stefan Brupbacher, Direktor des Verbandes der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem). «Unsere Industrie ist enorm krisenerprobt. Covid hat uns aber stark zurückgeworfen. Unsere Mitglieder hatten enorm zu kämpfen. Jetzt sind wir wieder zurück, es sieht gar nicht so schlecht aus», betonte er. Das grösste Problem für seine Branche, die zu rund 80 Prozent vom Export lebt, seien die aktuellen Reisebeschränkungen. Er wünscht sich, dass die Bevölkerung merkt, dass die Industrie systemrelevant ist. «Keine Impfdosis wird ohne Schweizer Technik abgefüllt», sagte Brupbacher. Er stellt klare Forderungen: Kein Lockdown mehr und keine Schulschliessungen. Er befürwortet ein rasches Impfen, wenn nötig auch eine dritte Dosis. Er sprach sich für den Abbau von Industriezöllen und gegen Konjunkturprogramme aus. «Insgesamt hat die Schweiz die Covid-Krise gar nicht so schlecht gemeistert», ist Brupbacher überzeugt. Den Föderalismus sieht er in diesem Zusammenhang positiv, er zieht ihn zentralistischen Lösungen vor. Ausser dem Tessin habe kein Kanton die Industrie vorübergehend geschlossen. Dank der Digitalisierung und der Automatisierung kann gemäss Brupbacher die Produktion aus dem Ausland wieder verstärkt zurück in die Schweiz geholt werden. «Die Netzwerkstabilität und die Versorgungssicherheit mit Strom sind zentral. Ein Blackout ist eine reale Gefahr.» Abschliessend meinte er: «Covid darf nicht den Protektionismus fördern. Es braucht ein Bekenntnis zur Globalisierung, sie ist das grösste Armutsbekämpfungsprogramm, dass es je gegeben hat.»

«Die Krise ist noch nicht vorbei»
Über eine andere Branche berichtete der Fricktaler Patrick Stäuble, Geschäftsführer des Shoppi Tivoli in Spreitenbach. Er stellte den Detailhandel und die Gastronomie ins Zentrum. In eindringlichen Worten schilderte er, wie stark die vom Ka nton Aa rgau verord neten Ladenschliessungen kurz vor Weihnachten 2020 den Handel getroffen haben. «Die Aargauer gingen dann einfach in die Nachbarkantone einkaufen», sagte er. Da hatte er keine Freude, dass in jedem Kanton etwas Anderes galt.

Auch wenn sich die Lage mittlerweile gebessert hat, ist für den Detailhandel die Covid-Krise noch nicht vorbei – dies bekommt das Shoppi Tivoli deutlich zu spüren. «Die grossen Einkaufszentren liegen bei der Frequenz immer noch rund 15 bis 20 Prozent hinter dem Wert von 2019 zurück. Die Leute haben Angst.» Weiter betonte er, dass die Ansteckungen nicht im Detailhandel passieren, «trotzdem gab es für uns Einschränkungen.» Als langfristige Auswirkungen sieht er unter anderem eine weitere Abwanderung in die Onlinehandels-Kanäle und einen deutlichen Abbau der Detailhandelsflächen. «Covid wird vieles verändern – es gibt aber auch Chancen. Wir müssen Sorge tragen zum Detailhandel, hier ist auch die Politik gefordert.»

Gute Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik
Damit spielte er den Ball weiter an den dritten Referenten des Abends, SP-Regierungsrat Dieter Egli. Er ist seit Januar 2021 im Amt und steht dem Departement Volkswirtschaft und Inneres vor. Egli lobte die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Regierung und Verwaltung in dieser schwierigen Zeit. «Die Covid-Massnahmen, die der Staat ergriffen hat, haben der Wirtschaft geschadet, das ist klar», sagte er. Schnell sei aber auch Hilfe gekommen. Sein vorläufiges Fazit: «Die flexiblen Unternehmen haben mich beeindruckt. Der Schaden ist nicht so gross, wie erwartet.» Er wünscht sich, dass der positive Dialog weitergeführt wird und die Wirtschaft den Staat und die Politik als Partner zulässt. Abschliessend schilderte Sabina Freiermuth, Parteipräsidentin der FDP Kanton Aargau, wie die Partei die Arbeit der Regierung in den vergangenen Monaten begleitet hat. Ihre Erkenntnis: «Sehr vieles ist gut gemacht worden.»


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