Den Duft der Freiheit in der Nase

  24.08.2021 Rheinfelden

Unterwegs auf der Suche nach Arbeit und Abenteuer: Die NFZ hat zwei deutsche Wandergesellen getroffen, die auf ihrer Reise kurz in Rheinfelden Halt machten.

Valentin Zumsteg

In ihrer traditionellen Kluft ziehen Elias Widmann und Bobby Wölfle die Blicke auf sich. So auch vergangene Woche, als sie auf einer Restaurant-Terrasse in Rheinfelden sassen und zu Mittag assen. Im Nu waren sie mit verschiedenen Leuten im Gespräch. Das passiert den beiden ständig.

«Ich will die Welt sehen»
Elias Widmann stammt von der Schwäbischen Alb, 2019 hat er seine Ausbildung als Zimmermann abgeschlossen. Seit zweieinhalb Monaten ist der 21-jährige Zimmermann jetzt auf der Walz, den Gesellenbrief hat er in der Tasche. «Ich will die Welt sehen und auch mal irgendwo anders arbeiten als immer nur Zuhause. Ich schaue mal, wo mich der Zufall hinführt. Wir dürfen weltweit reisen. Ich habe keine festen Ziele.» Mindestens drei Jahre und einen Tag muss er unterwegs sein
– viele sind etwas länger auf der Walz. Das kann er sich auch vorstellen. «Bislang war es super interessant. In der ersten Woche war ich etwas überfordert von all den neuen Eindrücken. Jetzt habe ich mich daran gewöhnt und es wird immer besser.»

In der Anfangszeit wird Widmann von Bobby Wölfle (27) begleitet, der aus Wuppertal stammt und bereits seit zweieinhalb Jahren unterwegs ist. «Ich war schon ein paar Mal in der Schweiz. Hier ist es sehr angenehm; ich habe noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. In meinem Beruf als Dachdecker ist es aber nicht so leicht, eine Arbeit zu finden.» Er hat bislang in Schreinereien und im Holzbau gearbeitet, vor allem im Berner Oberland und zwei Monate im Raum Basel. Daneben war er in Italien, in der Nähe von Genua. «Man kann nicht nur als Zimmermann beruflich auf Wanderschaft gehen, sondern ebenso als Elektriker, Landwirt, Schneider oder Bierbrauer. In über 40 Berufen gibt es das. Leider wissen dies die wenigsten Leute», sagt Wölfle. Während der nächsten Monate ist er so etwas wie der Mentor von Elias Widmann. «Ich zeige ihm, wie man auf der Strasse klarkommt und wie man zum Beispiel einen Schlafplatz kriegt.»

«Offen auf die Leute zugehen»
Bevor die beiden nach Rheinfelden kamen, haben sie eine Nacht in Dottikon geschlafen. «Wir haben beim Autostopp jemanden kennengelernt, der uns einen Schlafplatz anbot. Das war ein schöner Zufall, so hatten wir eine Dusche und ein Bett», erzählt Widmann. Als Wandergesellen ist es ihnen nicht erlaubt, für Fortbewegung und Unterkunft Geld auszugeben. Deswegen sind sie teilweise auf die Gunst der Leute angewiesen. Mobiltelefone haben sie nicht dabei, das ist verboten. «Das wäre zu einfach. Es ist wichtig, dass wir auf die Leute zugehen, sie zum Beispiel nach dem Weg fragen. Daraus kann sich immer wieder etwas Neues ergeben», sagt Wölfle.

Ihr nächstes Ziel ist an diesem Tag Allschwil, dort wollen sie einen Bekannten besuchen, der vor Jahren selbst auf Wanderschaft war. Danach geht es zu einem Gesellentreffen nach Fulda in Hessen. Im Anschluss wollen sie wieder zurück in die Schweiz kommen und in Adelboden Station machen. Aber wer weiss – vielleicht verschlägt sie der Zufall auch anderswo hin.


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