«Stimmen der Gemeinden werden gehört»
12.08.2021 Gemeinden, LaufenburgAargauer Gemeindeschreiber tagten in Laufenburg
Die Gemeindeschreiber und ihr Team sind quasi das Herzstück, der Motor für eine funktionstüchtige Gemeinde. Ihr Tätigkeitsgebiet ist vielfältig und untersteht einem steten Wandel. Herausforderungen sind aktuell unter anderem die Digitalisierung sowie der Aus- und Weiterbildungsbereich.
Bernadette Zaniolo
144 Gemeindeschreiber aus den elf Bezirken des Kantons Aargau nahmen an der Tagung des Kantonalverbandes in Laufenburg teil. Der Jahresbericht zeigte das breite Tätigkeitsgebiet auf. Gemäss Verbandspräsident Michael Widmer, Frick, führt die Digitalisierung zu einem grundlegenden Wandel in den Gemeindeverwaltungen. Zunehmend besteht der Anspruch der Bevölkerung, Dienstleistungen unabhängig von Tages- oder Nachtzeit und Ort beziehen zu können. Es zeige sich auch, wie wichtig die Zusammenarbeit mit dem Kanton sei. «Die Stimmen der Gemeinden werden gehört», so Widmer. Der Verband setze sich dafür ein, dass «viele Entscheidungsbefugnisse den Gemeinden überlassen werden. Die grosse Autonomie, die im Aargau vorhanden sei, muss erhalten bleiben.» In diesem Zusammenhang nannte er das Baubewilligungswesen, das zum Beispiel in Baselland auf Kantonsebene bestimmt wird.
Das Einwohnerportal
Mit dem Programm Fit4Digital treiben die Aargauer Gemeinden, vertreten durch die Gemeindeammänner-Vereinigung und die Gemeindepersonal-Fachverbände, ihre Bestrebungen im Rahmen von Digitalisierungsprojekten voran, so etwa das Smart Service Portal. Ziel ist es, dass der Kunde seine Verwaltungsleistungen, unabhängig der föderalen Ebene, auf einem einzigen Einwohnerportal bestellen oder beziehen kann.
In Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNV) werden die Ausbildungslehrgänge wie das «CAS Öffentliches Gemeinwesen» neu aufgestellt, so dass den verschiedenen Fachleuten in den Gemeinden auch weiterhin eine Fortbildung an der Hochschule möglich ist. Die Gemeindepersonal-Fachverbände betreiben dazu selbst das Institut für Public Management, kurz ipm. Beat Baumann, Präsident des ipm, ehrte die drei besten Absolventen, die den Fachausweis CAS II Gemeindeschreiber Stufe 2 (Kantonale Fachkompetenz) in Empfang nehmen konnten. Dies mit «einer hervorragenden Note» aller drei Leistungsträger von 5,3. «Ein sensationelles Ergebnis im Hundertstelbereich», sagte Baumann. Es sei die «digital nation». «Wer rastet, der rostet, hat auch heute noch kein Verfalldatum», hielt Baumann abschliessend fest.
14 Gemeindeschreiber und Gemeindeschreiberinnen, die nach mindestens 20-jähriger Tätigkeit pensioniert wurden, wurden zu Freimitgliedern ernannt. Verbandspräsident Michael Widmer wusste die Verdienste der neun Anwesenden mit einer schönen, persönlichen Laudatio zu würdigen.
Wichtige Funktion
«Sie sind die, die die Fäden in den Gemeinden in der Hand haben», sagte Regierungsrat und Vorsteher des Departementes und Inneres Dieter Egli. Es sei für ihn eine Ehre, an der Tagung teilnehmen zu dürfen. Der Regierungsrat zeigte sich beeindruckt von den Amtszeiten, die bei der Ernennung der Freimitglieder zuvor ins Bewusstsein gerufen wurden. Beeindruckt zeigte er sich auch «vom aufeinander zugehen von Gemeinden, Bevölkerung und Kanton». Gleichzeitig merkte er an, dass Kompromisse von der Bevölkerung immer weniger akzeptiert würden.
«Respekt ist ein Schmiermittel»
Der politische Diskurs müsse geschützt und erhalten werden. «Deshalb setze ich auf sie als Gemeindeschreiber, auch bei Auseinandersetzungen innerhalb des Rates.» Er freute sich, dass trotz der Pandemie 178 Gemeinden im letzten Jahr einen Ertragsüberschuss (insgesamt 219 Millionen Franken) ausweisen konnten. Die Pandemie hätte vor allem beim Bund negative finanzielle Auswirkungen. Regierungsrat Egli zeigte sich angesichts der positiven Abschlüsse der letzten drei Jahre für die Zukunft hoffnungsvoll, auch wenn die Steuerentwicklung aufgrund der Steuergesetzrevision sowie der Pandemie unklar sei. Die Besoldungen von Lehrpersonen sowie der Gesundheits- und Sozialbereich würden zu Kostensteigerungen führen. Der DVI-Vorsteher nannte eine ganze Palette von Geschäften, die am Laufen sind oder kommen. Unter anderem soll das Gemeindegesetz einer grundlegenden Überprüfung unterzogen werden. «Respekt ist Schmiermittel, damit unsere Institutionen so gut funktionieren», so der Regierungsrat. Abschliessend dankte er den Gemeindeschreibern für ihr Engagement. Die Grussbotschaft der Gemeinde überbrachte Stadtammann Herbert Weiss. Im zweiten Teil referierte Dr. Lucius Tamm vom FiBL über «Biologische Landwirtschaft und Ernährung» (separater Bericht auf Seite 17).
Der Verband Aargauer Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber zählte per 31. März dieses Jahres 498 Mitglieder. Diese bringen sich nebst ihrer täglichen Arbeit in diversen Verbänden und Kommissionen auf Bezirks- und kantonaler Ebene ein. Im Berichtsjahr 2020/21 betreute die Geschäftsstelle der Branche Öffentliche Verwaltung 509 (506) Lernende.