Eine kostbare Schatzinsel geschaffen

  25.07.2021 Stein

Trotz seiner Nähe zum Siedlungsgebiet und versteckt zwischen grossen Äckern wird in Stein an der Grenze zum Sisslerfeld ein sehr geschätzter Naherholungsraum bewahrt: Das Biotop entlang des Bustelbaches ist eine reichhaltige Schatzinsel.

Paul Roppel

Vier hochgewachsene, schlanke Pyramidenpappeln sind für viele Spaziergänger schon von weitem der markante Blickfang auf dem topfebenen Netz an stark frequentierten Feldwegen. In nur wenigen Minuten bewegen sich die Erholungssuchenden aus den nahen Wohnquartieren entlang der Münchwilerstrasse in Stein schon mitten in der freien Natur. Und in dieser Landschaft werden sie geradezu magnetisch von den bis zu 30 Meter in die Höhe wachsenden Säulen angezogen. Kein Wunder – dort befindet sich nämlich ein sehr beliebtes Naherholungs- und Naturschutzgebiet; eines der letzten naturnahen Elemente in dem von Industrie und Landwirtschaft intensiv genutzten Sisslerfeld, das zum Bummeln und Verweilen einlädt. Besonders bei heissen Sommertemperaturen ist der baumbewachsene Streifen entlang des Bustelbaches ein gesuchter und Kühlung versprechender Schattenspender. Nicht nur für das Gemüt, sondern auch für das leibliche Wohlbefinden gibt der Abstecher für bewanderte Leckermäuler etwas her: Auf der renaturierten Bifang-Wiese hinter dem Bachlauf stehen Hochstammbäume, die mit grünen Schildern markiert sind. Dies ist das Freigabezeichen, dass von den Herzkirschen und fruchtigen schwarzen Kirschen genascht werden darf. Inzwischen haben aber Schwärme von Staren den Rest der Köstlichkeiten stibitzt.

Attraktiver Besuch aus der Tierwelt
Zahlreiche wilde Kirschbäume in den Baumhecken ergänzen mit ihren kleinen Früchten das Nahrungsangebot für die Tierwelt. Wer die Augen offen hat, stellt fest, dass die Brombeerenhecken in diesem Jahr ebenso leckere Früchte zum Probieren hergeben werden. Mit Sicherheit wird auch hier die Konkurrenz aus der Fauna hochaktiv sein. Dies gilt wohl auch für die gut behangenen Nussbäume, wo die vielen Rabenschwärme ihren Obolus sichern werden. Offensichtlich lockt das von rund zwei Dutzend sehr engagiert agierenden Mitgliedern des Naturschutz- und Verschönerungsvereins Stein (NVS) bemerkenswert gepflegte Naturschutzgebiet nebst den Menschen auch vielfältigen Besuch aus der Tierwelt an. Einen regelmässigen Abstecher machen auffallende Grenzgänger aus Bad Säckingen: Die farbenprächtigen Nilgänse haben das Gebiet als Verpf legungsstätte entdeckt. Auch Graureiher fühlen sich entlang der beiden Weiher wohl. Eher seltener kann ab und zu ein farbenprächtiger Vogel zwischen den Sträuchern beobachtet werden: Der bunt gefärbte Distelfink oder Stieglitz.

Beobachtungsplatz auf dem Podest
Die Goldammer, ein spatzähnlicher Vogel, aber auffallend gelb gefärbt, ist vor Ort anzutreffen. Stockenten sonnen sich zwischen den Schilfhalmen. Frösche springen aufgeschreckt ins Wasser. Ein Heer von prachtvollen Libellen in Blau, Rot und Grün streiten sich um die sonnigsten Plätze an den Halmen. Dies alles lässt sich von einem fantastischen Beobachtungsplatz aus verfolgen, der leicht erhöht und mit einer massiven Bank auf einem Podest platziert ist. Wer die prächtigen Details dieses reichhaltigen Naturschutzgebietes entdeckt, mag fast nicht glauben, dass erst vor wenigen Jahren noch ein rigoroser Eingriff quasi am offenen Herzen zur Umgestaltung des Gebietes vorgenommen worden war. Der von den Hängen aus Münchwilen fliessende Bustelbach hatte ursprünglich einen ganz anderen Verlauf und versickerte gemäss Kartenaufzeichnungen von 1880 im Sisslerfeld. Mit der zunehmenden Besiedlung und dem intensiveren Ackerbau wurde er im letzten Jahrhundert umgeleitet und zum Rhein geführt. Schliesslich erhielt er 1944 ein Bett aus Betonschalen, um der Versickerung zugunsten der landwirtschaftlichen Bewässerung Einhalt zu bieten. Ein Umdenken gab es, als die Schalen entfernt und der Bach in einem rigorosen Renaturierungsprojekt 2016 seinen unregelmässig geschlängelten Verlauf erhielt. Im Rahmen des 1,5 Millionen Franken kostenden Projektes wurde zudem das seit Jahrzehnten vom NVS vorbildlich gehegte Biotop Bifang entlang des Baches auf eine Länge von rund 300 Meter und gegen 40 Meter Breite ausgedehnt, sowie mit zwei Weihern, Ruderalf läche und einem Streifen Magerwiese versehen, was sich prächtig entwickelt hat. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch in Zukunft genügend Nachwuchs für den NVS unter der Federführung von Pierre Sandoz und Fredy Niederer finden lässt, der mit viel Know-how und Engagement ein solch feines Juwel am Leben erhält.


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