Schrebergarten-Areal soll Knall auf Fall geräumt werden

  08.06.2021 Rheinfelden

Langjährige Nutzer sind schockiert

Während Jahrzehnten ist eine Parzelle auf dem Rheinfelder Kapuzinerberg für Schrebergärten zur Verfügung gestanden. Jetzt sollen die Nutzer eines Teilstücks das Areal innerhalb von wenigen Wochen und während der laufenden Gartensaison räumen. Dagegen wehren sie sich.

Valentin Zumsteg

Es ist ein prächtiges Stück Land, die Parzelle 1778 an der Ecke Alleeweg/Lichsweg auf dem Rheinfelder Kapuzinerberg. Es liegt zwar in der Bauzone und an einer der teuersten Lagen in Rheinfelden, doch seit Jahrzehnten wird das Grundstück als Schrebergarten-Areal genutzt. Jetzt soll ein Teil der Nutzerinnen und Nutzer ihre Gärten innerhalb von wenigen Wochen räumen, sämtliche Bepflanzungen beseitigen und die Gartenhäuschen abreissen. Dies schreibt der Anwalt der Eigentümerin in einem Brief vom 21. Mai: «Sollten Sie ohne nachweisliche Berechtigung das Grundstück Parzelle 1778 in Rheinfelden beziehungsweise Teile davon nutzen, fordere ich Sie namens und im Auftrag meiner Mandantin auf, das von ihnen illegal genutzte Landstück bis Dienstag, 22. Juni 2021, zu räumen», heisst es in dem Brief des Anwalts. Falls die Hobby-Gärtner dieser Forderung nicht nachkommen, werde er die polizeiliche Räumung gerichtlich veranlassen.

«So kann man doch nicht mit uns umgehen»
«Ich bin schockiert. So kann man doch nicht mit uns umgehen», sagt Marga Huber. Sie hat ihren Garten seit rund 15 Jahren auf dem Areal und pflegt ihn mit viel Herzblut. «Auch wenn wir Schrebergärtner keinen schriftlichen Pachtvertrag haben, so ist dem Anwalt entgangen, dass das Grundstück schon seit über vier Jahrzehnten bewirtschaftet und gepf legt wird. Dies geschah auf Wunsch der damaligen Besitzerin der Parzelle, Schwiegermutter der heutigen Besitzerin. Als sie starb, wurde vom Erben mit keinem Wort erwähnt, dass wir die Parzelle nicht mehr nutzen dürfen», schildert Marga Huber. «Im Gegenteil, der Bruder des damaligen Besitzers kam mehrmals auf das Grundstück und erklärte, wir müssten uns keine Sorgen machen, wir könnten die Parzelle noch lange als Schrebergarten nutzen.» Aus Sicht von Marga Huber besteht ein mündlicher Vertrag: «Wir werden auf den 22. Juni sicher nicht räumen.» Gemäss Huber sind insgesamt sieben Parteien betroffen. Sie stellt sich auf den Standpunkt, dass es sich bei dieser Parzelle gemäss Obligationenrecht um eine Gebrauchsleihe handelt. In diesem Fall könne die Eigentümerschaft zwar jederzeit kündigen, aber bei Gemüseanbau erst auf einen Termin nach der Ernte. «Wir haben seit einigen Wochen unsere Gärten bepflanzt und die Ernte ist im Herbst. Im Sinne einer einvernehmlichen Lösung schlagen wir vor, dass wir die Parzelle bis Ende Jahr räumen», erklärt Marga Huber.

Stadt hat nur einen Teil gepachtet
Anders gestaltet sich die Situation auf dem östlichen Teil der Parzelle. Diesen hat die Stadt seit vielen Jahren von der gleichen Eigentümerschaft gepachtet und an den Familiengartenverein Kohlplatz unterverpachtet. Im vergangenen Jahr erhielt die Stadt die Kündigung für dieses Land auf Ende 2020; einem Gesuch um Fristerstreckung bis 11. November 2021 wurde aber stattgegeben. Die Pächter dieses Teilstücks können also auf jeden Fall bis Ende der laufenden Gartensaison bleiben, dies erklärt Stadtschreiber Roger Erdin auf Anfrage der NFZ. Er wundert sich über das Vorgehen und die Wortwahl des Anwalts in dieser Sache.

Gemäss Ernst Häuselmann, Präsident des Familiengartenvereins Kohlplatz, konnte für die meisten Pächter des östlichen Teils bereits eine Anschlusslösung an einem anderen Ort gefunden werden. Wer von ihnen will, bekommt also durch Vermittlung des Familiengartenvereins Kohlplatz eine neue Parzelle.

Marga Huber und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter hoffen, dass auch sie wenigstens bis Ende der Gartensaison auf der idyllischen Parzelle 1778 bleiben dürfen.

Die Eigentümerin des Landes, Ulrike Klemm aus Kilchberg, will sich auf Anfrage der NFZ nicht im Detail äussern. Sie sagt nur soviel: «Es gibt auf der Parzelle legale Nutzer, die länger bleiben dürfen. Und es gibt illegale.» Für alles weitere verweist sie an ihren Rechtsanwalt.


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