Oberflächenanlagen mit Konfliktpotential

  01.06.2021 Fricktal

Regionalkonferenz nimmt Stellung zu Nagra-Vorschlägen

Ein geologisches Tiefenlager für radioaktive Abfälle benötigt auch Anlagen an der Erdoberfläche sowie in Oberflächennähe. Wo diese Infrastruktur in der möglichen Standortregion Jura Ost in Frage käme und wo ihr andere Interessen entgegenstehen, wurde an der Regionalkonferenz am Donnerstagabend erläutert.

Simone Rufli

Welche Variante für den Bau von Oberflächenanlagen man auch betrachtet (im Gebiet des PSI, in der Tongrube Schmidberg, nördlich von Riniken, beim Zwischenlager Würenlingen), eins ist allen gemein: Sämtliche Oberf lächenstandorte im Gebiet Jura Ost sind mit erheblichen Nutzungskonflikten belegt. Mal stehen die Interessen der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) in Konflikt mit Grundwasserschutzzonen (im ganzen Gebiet), mal mit geologischen Rutschgebieten (Tongrube Böttstein-Schmidberg), Wildtierkorridoren oder Kultur- und Naturwerten (Jurapark), ein andermal kollidieren sie mit wirtschaftlichen Interessen des Hightech-Standorts Villigen / Würenlingen (PSI, Innovationspark). Überall verlangen sowohl der Kanton als auch die Regionalkonferenz vertiefte Abklärungen und vor allem Alternativen. So wird denn explizit die fehlende Auswahl bemängelt.

Für den Kanton kommt eine Verpackungsanlage im Zwilag (Zwischenlager Würenlingen) überhaupt nur dann in Frage, wenn das Tiefenlager dereinst in die Region Bözberg zu liegen kommen sollte, wobei der Regierungsrat grundsätzlich kein Tiefenlager im Kanton Aargau will.

Sensible Anlagen
Im Fall des PSI und des Innovationsparks innovAARE würde mit dem Bau von Oberflächenanlagen nicht nur die künftige räumliche Erweiterung tangiert. Erschütterungen, wie sie mit dem Bau von Anlagen unvermeidbar wären, werden als unvereinbar erachtet mit den hochsensiblen Forschungs-Anlagen.

Das Sachplanverfahren geologisches Tiefenlager (SGT), geleitet vom Bundesamt für Energie (BFE), befindet sich aktuell in der dritten Etappe. An deren Ende, voraussichtlich 2024, wird der Bundesrat über das Rahmenbewilligungsgesuch der Nagra entscheiden. In Etappe 3 wird nun eine Gesamtbetrachtung der Oberflächeninfrastruktur inklusive Nebenzugangsanlagen und Baulogistik vorgenommen. Die Nagra hat dazu Vorschläge eingereicht, die inzwischen überregional diskutiert worden sind und die die eingangs aufgeführten Nutzungskonf likte zutage förderten.

Die Regionalkonferenz Jura Ost vertritt die Interessen der Region während des Standortauswahlverfahrens auf der Suche nach einem Tiefenlager für radioaktive Abfälle.

Grosse Übereinstimmung
Die Abteilung für Umwelt des Departements Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) und die Fachgruppe OFI (Oberflächeninfrastruktur) der Regionalkonferenz Jura Ost haben zu den Vorschlägen je eine Stellungnahme ausgearbeitet. Beide Berichte wurden am Donnerstagabend im Rahmen der 31. Regionalkonferenz erläutert. Ob eine gemeinsame Stellungnahme nicht mehr Gewicht hätte, wollte ein Konferenzteilnehmer wissen. Tatsache ist, in den wesentlichen Punkten stimmen die Stellungnahmen des Kantons und der Regionalkonferenz überein. Die Ergebnisse werden nun in die weitere Konkretisierung der Planungsarbeiten einfliessen.

Lea Kiefer, Fachspezialistin Rohstoffe und Geologie im BVU, rief die unveränderte Haltung des Regierungsrates in Erinnerung indem sie betonte: «Der Regierungsrat will grundsätzlich kein Tiefenlager im Kanton Aargau, ist aber gewillt, konstruktiv im Standortauswahlverfahren mitzuarbeiten.» Meinert Rahn, Leiter Geologie beim Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) sprach davon, wie die Ensi-Richtlinien alle paar Jahre den neugewonnenen Erfahrungen angepasst werden und Olivier Moser, Projektleiter Regionale Partizipation bei der Nagra erklärte, dass auf dem Bözberg ganz bestimmt keine weitere Bohrung mehr erfolgen wird.

Verabschiedung vertagt
Die 31. Regionalkonferenz fand am Donnerstagabend per Videokonferenz statt und vereinigte 76 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor den Bildschirmen. Geleitet wurde die Konferenz von Vereinspräsident Ueli Müller aus dem Berufsund Weiterbildungszentrum (BWZ) Brugg. Die Vereinsmitglieder setzen sich zusammen aus Vertretungen aus Politik, Wirtschaft und Interessengruppierungen sowie aus Nicht-Organisierten.

Angesichts der Umstände (Videokonferenz) wurde auf die definitive Verabschiedung der Stellungnahme verzichtet. Die Formalität wurde auf den 16. September vertagt – in der Hoffnung, dass sich die Corona-Situation bis dahin weiter entschärft und die Mitglieder sich dann wieder persönlich begegnen können.


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