Allrounderin im Bildungswesen

  28.06.2021 Schwaderloch

Eva Davanzo trägt einen prallgefüllten Erfahrungs-Rucksack

«Ich staune, woher die Schulleiterin Eva Davanzo die Energie hernimmt, um die verschiedenen Jobs und Arbeitsorte unter einen Hut zu bringen», sagt Christian Aeberli, Chef der Abteilung Volksschule

Dieter Deiss

Christian Aeberli besuchte kürzlich im Gefolge von Bildungsdirektor Alex Hürzeler die Schule von Schwaderloch. Die NFZ wollte dazu Näheres erfahren und traf sich mit Eva Davanzo.

Eigentlich wäre die 67-Jährige schon längst pensioniert. «Ich fühle mich noch nicht reif für das Ruhebänkchen», meint sie. «Ich muss stets etwas zu tun haben. Zudem hält mich meine Arbeit jung!» Die vermeintliche Rentnerin sprüht denn nur so vor Tatendrang. Von sich selber sagt sie: «Ich bin vielleicht eine zu grosse Perfektionistin.» Nebst ihrer Arbeit im Umfange eines 25-Prozent-Pensums in Schwaderloch, arbeitet die in Wölflinswil wohnhafte, ausgebildete Lehrerin mit einem gleich grossen Pensum auch als Schulleiterin in Hallwil. «Dies sind zwei kleine, herzige Schulen, mit allerdings völlig unterschiedlichen Voraussetzungen», berichtet sie. Davanzo, die über eine langjährige Unterrichtserfahrung verfügt, weiss wovon sie spricht, führte sie doch auch schon grosse Schulen mit bis zu 1500 Schülerinnen und Schülern, so beispielsweise in Möhlin oder die Kreisschule Thal in Balsthal. An kleinen Schulen habe man viel mehr Kontakte. Zudem könne man Vieles rascher verändern. Dazu ist eine grosse Schule zu schwerfällig.

Mehr Verantwortung
Auf Ende dieses Jahres werden bekanntlich die Schulpf legen abgeschafft. Die Führungsverantwortung für die Schule wird auf den Gemeinderat übertragen. Dieser wird in hohem Masse auf die Schulleitungen setzen, welche mehr Verantwortung werden übernehmen müssen. Mit Blick auf diesen Systemwechsel hat Eva Davanzo für die beiden von ihr betreuten Schulen je ein Führungshandbuch geschaffen und mit den verantwortlichen Räten auch bereits die nötigen Kontakte geknüpft. Grundsätzlich begrüsse sie den Systemwechsel.

Ein namhaftes Wörtchen mitzureden hat die Schulleitung auch bei der Anstellung von neuen Lehrpersonen. Als Schulleiterin trage man Mitverantwortung bei der Einordnung neuer Lehrpersonen in das Lehrerkollegium. Der herrschende Lehrermangel mache die Sache nicht einfach.

Die in Frick aufgewachsene Eva Davanzo, Tochter eines Italieners und einer Schweizerin, fand ihre erste Anstellung als Lehrerin in Wölflinswil. Es war noch die Zeit, als sich viele Lehrpersonen an ihrem Schulort in verschiedenen Funktionen dem Dorfleben gewidmet hatten. So sei sie viele Jahre Rektorin an der Schule gewesen, gehörte dem Kirchenchor an und arbeitete in verschiedenen Lehrerorganisationen mit.

LIFT – Hilfe beim Einstieg in die Berufswelt
Aus Überzeugung engagiert sich Eva Davanzo im gemeinnützigen Verein LIFT, einem schweizerischen Integrations- und Präventionsprogramm an der Nahtstelle zwischen der Volksschule und der Berufsbildung für Jugendliche ab der 7. Klasse. Sie gehöre hier dem Team Deutschschweiz an. Angesprochen vom Projekt LIFT sind Schülerinnen und Schüler von Abschlussklassen, die aus verschiedenen Gründen Mühe haben beim Einstieg in die Berufswelt und bei der Lehrstellensuche. Für solche Jugendliche suche man für die schulfreie Zeit Arbeitsplätze für Kurzeinsätze in Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben. Während drei Monaten arbeiten die Jugendlichen jede Woche drei Stunden in einem Unternehmen. Dadurch erhalten sie Gelegenheit, sich vertraut zu machen mit den besonderen Anforderungen der Arbeitswelt. Ein Ausweis über den Besuch einer LIFT-Veranstaltung erleichtere dann die erfolgreiche Suche nach einer geeigneten Lehrstelle. «Wir haben mit diesem gesamtschweizerischen Projekt einen Riesenerfolg», betont Davanzo. Sowohl die Jugendlichen als auch die Arbeitgeberseite würden das Projekt bisher sehr positiv beurteilen.

Eine Schule zu leiten ist in erster Linie eine Führungsaufgabe. Das dazu benötigte Wissen erwarb sich Eva Davanzo in der Schulleiterausbildung. Gleichzeitig kann sie sich aber auch abstützen auf Erfahrungen aus ihrer Tätigkeit als Verlagsleiterin beim sabe-Verlag, einem ehemals bedeutenden Lehrmittelproduzenten für die Schulen in der Schweiz. Später arbeitete sie als Marketingleiterin beim Sauerländer-Verlag, dem auch sabe angehört hatte. Bei Sauerländer sei sie auch Mitglied der Geschäftsleitung gewesen und habe dadurch wertvolle Erfahrungen gesammelt im Bereich Unternehmensführung und Planung. Sie habe sich während ihrer Tätigkeit ein bedeutendes Beziehungsnetz in der gesamten Deutschschweiz aufgebaut. Als 2013 der Sauerländer-Verlag vom deutschen Cornelsen-Verlag übernommen wurde, ist sie beim Westermann Schulverlag Schweiz als Beraterin und Moderatorin eingetreten.

Moderatorin in der Lehrmittelproduktion
Die Produktion von Schulbüchern und Lehrmitteln sei eines ihrer Spezialgebiete, erzählt Schulleiterin Davanzo. Bei Westermann ist sie Moderatorin und gleichzeitig «Verkäuferin». Als Moderatorin erhält sie vom Verlag den Auftrag, ein Lehrmittel für ein bestimmtes Fach zu schaffen, das den Anforderungen des in der Deutschschweiz gültigen Lehrplans 21 gerecht wird. Zu diesem Zweck wird ihr ein verantwortlicher Redaktor zur Seite gestellt. Sie macht sich dann auf die Suche nach geeigneten Autorinnen und Autoren, was ihr dank ihres grossen Beziehungsnetzes nicht allzu schwerfalle. An einem Wochenendtreffen werden die Arbeitsgrundlagen gemeinsam erarbeitet. Während der rund zweijährigen Produktionsphase treffen sich alle Beteiligten regelmässig zum Gedankenaustausch. «Um auf dem umkämpften Lehrmittelmarkt erfolgreich zu sein, muss man besser sein als die Konkurrenz», erzählt Eva Davanzo. So versuche man sich beispielsweise bei Westermann mit Hilfe von digitalen Ergänzungen von anderen abzuheben. Als Beispiel nennt sie die sogenannte Bibox, welche digital abgespeicherte Aufträge an Schülerinnen und Schüler sowie digitale Arbeitsblätter enthält.

Für die von ihr moderierten Buchprojekte bietet Eva Davanzo für Interessierte Webinars an. «Ich mache dies für’s Leben gern», meint sie dazu. «Das über das Internet angebotene Webinar schafft grossartige Möglichkeiten.»

Tatsächlich, bei Eva Davanzo ist noch nichts zu spüren von einem gemütlichen Rentnerinnenleben, ist sie doch nach wie vor voller Tatendrang.


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