Ein Gugger steht im Walde

  16.05.2021 Möhlin

Die Ryburger Fasnächtler litten im Winter unter chronischer Unterbeschäftigung. Die Gründe sind bekannt. Das Manko kompensierten sie jetzt im Frühling mit zarten Pflänzchen. Eine bäumige Idee.

Ronny Wittenwiler

Irgendwann bekamen die Mitglieder der Fasnachtzunft Ryburg (FZR) weiche Knie. Fasnacht abgesagt, kein Wagenbau, keine Guggen-Probe und plötzlich so grauenhaft viel Zeit – wohin damit?

«Wir suchten etwas Nachhaltiges»
Zunftmeister Steve Krebs erzählt mit einem Lachen von der «verzweifelten» Suche nach Alternativen. «Die Idee kam ursprünglich von einigen aus der Wagenbaugruppe.» Nach all den abgesagten Anlässen wollten sie trotzdem in irgendeiner Form Zeit miteinander verbringen – und dabei das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. «Wir suchten etwas Nachhaltiges.» Schliesslich hatten die Fasnächtler auf der Gemeinde angeklopft – und dabei eine offene Tür eingerannt. Und jetzt, nach einer Fasnacht im Winter, die nie stattgefunden hat, heisst es deshalb im Frühling plötzlich: Ein Gugger steht im Walde.

Über 30 000 Jungbäume seit letztem Jahr
Steve Krebs erzählt: «Wir haben an zwei Samstagen mit dem Forstwerkhof eine grössere Waldf läche im Ryburger Hölzli zuerst geräumt und dann am zweiten Tag rund 500 junge Eichenbäume gepflanzt.» Offenbar hatten die Fasnächtler dabei ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen können. Revierförster Urs Steck jedenfalls stellt ihnen ein gutes Zeugnis aus: «Das war eine motivierte Gruppe.» Ein solche Unterstützung kommt nicht ungelegen. Die durch Borkenkäfer oder Sturm verursachten Schadflächen in den Waldungen wieder aufzuforsten, ist erstens Handarbeit und zweitens eine Tätigkeit, die nicht einfach so mal übers Wochenende erledigt ist. «Wir haben letztes insgesamt 18 000 Jungbäume gepflanzt, diesen Frühling sind es 13 000», sagt Urs Steck. Da kommt die Manpower, wie sie die rund zwanzig Männer und Frauen der Fasnachtzunft zur Verfügung gestellt haben, gerade recht. Und dort, bei der Fasnachtzunft, herrschte gleich doppelt Freude. Man habe es an der guten Stimmung gemerkt, sagt der Zunftmeister. So viele seien froh gewesen, endlich wieder etwas gemeinsam unternehmen zu dürfen. «Und mit den frisch gepf lanzten Bäumen haben wir auch etwas für unseren Nachwuchs leisten können. Wir freuen uns, die Bäume wachsen zu sehen.»

Nachahmungseffekt
Angetan von diesem Gedanken der Nachhaltigkeit sind nicht bloss Fasnächtler. Zuletzt beteiligten sich mehrere Unternehmen an einer solchen Wiederaufforstung. Sie stellten ebenfalls Manpower zur Verfügung oder übernahmen gar zusätzlich die Kosten für einige der Jungbäume. Dass sich Firmen mit ihren Mitarbeitenden an solchen Aktionen beteiligen und ökologisch ganz bewusst ein Zeichen der Nachhaltigkeit setzen – «das hat zugenommen», sagt Urs Steck.

Im Optimalfall resultierten aus diesem «positiven Grundgedanken» mehrere Effekte, findet Möhlins Revierförster. «Wenn eine motivierte Truppe mithilft und die Arbeit gut funktioniert, dann ist das auf jeden Fall eine Dienstleistung. Gleichzeitig können wir so den Leuten den Wald ein Stück näherbringen.» Mit Blick auf die jüngsten Baumpf lanzaktionen der Fasnächtler sowie diverser Firmen sagt Steck: «Sie nehmen viel Wissen über Nachhaltigkeit nachhause und gehen vielleicht künftig anders durch den Wald. Das ist eine Chance.»

Und die Ryburger Fasnächtler? Der Zunftmeister lacht und sagt es mit Blick auf 2022 so: «Es wird Zeit, dass wir dann wieder unserem Kerngeschäft nachgehen dürfen.» Der Gugger im Walde soll dann wieder auf die Strasse zurückkehren…


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