Witte's Welt

  30.04.2021 Kolumne

Mit den Augen meines Optikers

Ronny Wittenwiler

Das wussten Sie vielleicht noch nicht. Ich habe seit zwei Wochen eine Sehhilfe. «Jetzt hör emol uff mit dere Brülle!», sagte Maus stattdessen. Nicht mal der Typ von der Mondlandung habe damals so ein Riesentamtam gemacht wie ich jetzt.

Dass Neil Armstrong auch eine Brille hatte, wusste ich gar nicht. Aber das ist neumendurch auch egal. Hauptsache, ich gewöhne mich immer besser daran. Dass ich mit dem Ding nicht zurechtkomme, war zu Beginn denn auch wirklich meine grösste Sorge. Mein Optiker hat aber gleich am selben Tag gemeint, ich solle mich jederzeit melden, wenn es Probleme gibt.

Noch in derselben Nacht um halb zwei versuchte ich ihn auf dem Handy zu erreichen, konnte aber die Nummer nicht lesen, weil zwar ich im Bett lag, meine Brille aber auf dem Spülkasten meiner WC-Schüssel. Am nächsten Tag stand ich als erster wieder im Laden, mit ganz normalen Alltagsfragen, wie sie sich wahrscheinlich alle neuen Brillenträger stellen. «Herr Wittenwiler», sagte der Optiker leicht verzweifelt. «Ich an Ihrer Stelle würde die Ernährung umstellen oder nach dem Morgenessen die Hände waschen bevor ich die Brille aufsetze.» Tatsächlich riechen jetzt die Bügel hinter meinen Ohren nicht mehr nach Speck und Röschti und gestern, als ich am Schaufenster vorbeispazierte, hatte er sich in seinem eigenen Geschäft eingeschlossen. Ja, ich habe seit zwei Wochen eine Brille und mein Optiker ab Montag einen Psychiater. witte@nfz.ch


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