tierisch mitgehört(h)

  27.04.2021 Kolumne

Kuckuck

Susanne Hörth

Das weiche, kehlige Rufen des Kuckucks ertönt an diesem späten Morgen gleich mehrfach hintereinander. Es hat etwas so Vertrautes, Beruhigendes. Wobei beruhigend! Ich greife in die Jackentasche und atme dann erleichtert auf. Es ist noch da! Eingesteckt habe ich es vor einigen Tagen, aber erst nach einigem Zögern. Es war beim Gassigehen mit den Hunden. Auf Höhe des Schulhauses lag das Zwanzigrappenstück auf dem Boden. Gerade als ich mich danach bücken will, sehe ich die Blicke der Kinder vom nahen Pausenplatz. Erinnerungen kommen hoch. An damals, als wir Dreikäsehochs uns ein Vergnügen daraus machten, einen durchsichtigen Faden an ein Rappenstückli – meist ein Zehnerli oder Zwanzgerli – zu kleben. Dann legten wir die Münze auf das Trottoir, versteckten uns im Gebüsch und wenn ein Erwachsener das Münz aufheben wollte, zogen wir flugs am Schürli und weg war Geldstückli. Wie lustig doch die verblüfften Gesichter der Grossen aussahen. Passiert mir nun in jenem Augenblick vor dem Schulhause dasselbe? Nein. Da war kein Faden. Vielleicht kennen die Kids von heute diesen simplen Streich gar nicht mehr.

Der Zwanzigräppler in meiner Jackentasche lässt beim Ertönen des Kuckuckrufes eine weitere Kindheitserinnerung aufkommen. An damals, als meine Grossmutter stets zu sagen pflegte «Im Frühling, wenn Du den Kuckuck das erste Mal hörst, ist es gut, wenn Du ein Geldstückli dabeihast. Dann wird es sicher ein gutes Jahr.» Wieder in der Gegenwart angekommen, umschliessen meine Finger in der Jackentasche das Zwanzgerli. Ich lache. Wie das Jahr wird, weiss ich nicht. Was ich aber hundertprozentig weiss: Der Kuckuck-Zwanziger-Moment ist gerade einfach richtig gut!


Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote