Seine grösste Leidenschaft ist die Musik

  06.04.2021 Musik, Persönlich, Wittnau

Samuel Freiburghaus (64) aus Wittnau spielt östliche Volksmusik

Er mag keine Noten, weder in der Schule noch in der Musik: Samuel Freiburghaus aus Wittnau ist Werklehrer und Musiker.

Andrea Marti

Samuel Freiburghaus ist einer, der Pläne macht, aber nicht hadert, wenn sie nicht aufgehen. Er ist einer, der gesprächig und gleichzeitig ruhig ist. Er macht kein grosses Aufheben um sich selbst, und hat trotzdem viel zu sagen. Der Wittnauer ist nicht nur mit Leib und Seele Musiker, er hat auch zahlreiche Länder bereist, ist ausgebildeter Goldschmied, Werklehrer und Vater mit ganzem Herzen. Ihm ist wichtig, dass keine Facette seines Lebens ausgelassen wird – und trotzdem: «Die Musik ist halt schon meine grösste Passion.» Aber von Anfang an.

Plötzlich Klarinettist
Dass er zur Musik kam, verdankt Freiburghaus seinen Eltern – und dass das Instrument seiner Wahl die Klarinette wurde, dem Zufall. Sein Vater, erzählt Freiburghaus, habe einfach eine Klarinette gekauft, dann habe er Unterricht genommen – und bis zum Ende seiner Schulzeit nicht mehr damit aufgehört. Als er sich für eine Lehre entschied statt für eine Ausbildung zum professionellen Klarinettisten, war sein Klarinettenlehrer enttäuscht. Aber Freiburghaus entschied sich trotzdem für eine Lehre als Goldschmied, er wollte «die Musik als freie Passion pf legen», sagt Freiburghaus. Der Musiker wollte nicht immer wieder Stücke üben und sich an Noten halten müssen. Trotzdem: Ganz los liess ihn die Musik nicht – und bald sollte sie ihn noch stärker fesseln.

Die Rhythmen, die Abwechslung!
Nach der Schule spielte Samuel Freiburghaus weiter, wenn auch eher Schweizer Volksmusik: «Das war ohne Noten, aber mit viel Rhythmus, und wir konnten an viele lustige Feste, das gefiel mir», erinnert sich Freiburghaus. Einestages spielte seine Gruppe dann mit rumänischen Musikern am gleichen Fest. Freiburghaus hörte deren Volkslieder, und war verliebt: Die exotischen Klänge, die Melodie, die musikalische Freiheit – sie liessen Freiburghaus nicht mehr los.

Der Wittnauer fragte noch an diesem Fest nach Noten zu den Stücken und fing an, die Lieder nachzuspielen. «Die osteuropäischen Melodien wurden wirklich zu meiner Musik» erinnert sich Freiburghaus. Später spielte er mit Musikern aus ganz Osteuropa, bereiste Ungarn, Rumänien, Griechenland und die Ukraine. Zusammen mit seinen Ensembles – heute spielt er im Trio Amal – mischte er die Einflüsse der verschiedenen Länder und kreierte so eine Spielart osteuropäischer Volksmusik, die zwar «zu 90 Prozente authentisch klingt, aber doch noch unsere Handschrift trägt».

Von Belgien bis Ungarn
Nach diesem Konzept spielte der Musiker auch im Duo mit dem Organisten Thilo Muster, sie treten an renommierten Festivals auf und bereisen unter anderem Belgien, Frankreich, Deutschland und Holland. Für solche Konzerte sind sie oft tagelang unterwegs: «Das Reise-Auftritt-Verhältnis stimmt bei Konzerten in der Schweiz viel eher», sagt Freiburghaus. Trotzdem: Ohne Konzerte fehlt die Inspiration, sagt der Musiker – man merkt, dass ihn die Konzertausfälle während Corona bedrücken. «Machmal fragen wir uns bei Proben: Wofür üben wir heute eigentlich? Wir könnten auch erst in zwei Monaten üben, bis dahin passiert sowieso nichts». Aber Samuel Freiburghaus hört trotzdem nicht einfach auf: Auch wenn nicht alle motiviert sind, wenn Reisen und an Festivals neue Ideen sammeln nicht möglich ist, dann sucht er Stücke, schreibt Noten raus und übt diese zusammen mit dem Trio Amal, bis die Melodie ihnen passt. «Im Moment verbringe ich Stunden auf Youtube, höre Stücke immer und immer wieder und schreibe Noten raus», erzählt Freiburghaus.

Die Schweizer mögen es schweizerisch
An Konzerten spielt das Trio dann jeweils osteuropäische Stücke, an Festen und Feiern aber haben sie keinen Ablauf: Da spielen sie Osteuropäisches, Jazz, auch mal Schweizer Tänze. «Da spüren wir jeweils, was das Publikum am meisten mag, und legen dann dort den Schwerpunkt. Solche Auftritte sind auch eine sehr feinfühlige Arbeit», erzählt Freiburghaus. Gerade an Feiern käme es dann häufig vor, dass das Publikum genau das am meisten mag, was die Musiker beim Proben weniger spannend finden: «Wir denken uns: ‹Das klingt jetzt aber schräg und exotisch, das müssen wir spielen›, das Publikum denkt sich eher ‹oh, das kenn ich, das find ich gut.›» meint Freiburghaus schmunzelnd.

Auch Familienmensch und Lehrer
Doch bei aller Passion für die Musik: Irgendwann passte das eher unberechenbare Musikerleben nicht mehr für Samuel Freiburghaus. Vor Jahren, als die beiden Söhne seiner liebevoll so genannten «zweiten Familie» zur Welt kommen, macht Freiburghaus eine Quereinsteigerausbildung zum Werklehrer – und arbeitet seither an der Oberstufe in Gipf-Oberfrick und an der Kanti in Aarau als Werklehrer. Die Musik, die begleitet Freiburghaus weiter – mit seinem derzeitigen Trio Amal spielt er weiterhin auf Festen, Feiern und Festivals, allerdings arbeiten alle drei Musiker nebenbei noch in einem anderen Beruf, um regelmässig Geld zu verdienen.

Als er jung war, hat er immer gedacht, dass er bis zu seiner Pensionierung als Musiker arbeiten würde – mit der Geburt seiner Söhne und mit dem Werklehrer-Job ist das Leben von Simon Freiburghaus, anders als geplant, ein wenig ruhiger und regelmässiger geworden. Jetzt freut er sich auf seine Pensionierung nächsten Sommer. Dann will er sich erst einmal Zeit nehmen: Für seine Grosskinder, für Wanderungen und Unternehmungen mit seiner Frau – und natürlich für Reisen nach Osteuropa und für die Musik.


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