Viele Verlierer, wenige Gewinner

  07.03.2021 Aargau

Die AIHK-Wirtschaftsumfrage 2021 zeigt, dass die Corona-Pandemie auch im Kanton Aargau tiefe Spuren hinterlässt. Die Rückmeldungen der teilnehmenden Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe legen dabei nahe, dass diese zumeist während der ersten Welle im Frühjahr 2020 stark unter Druck geraten sind.

Die Aargauische Industrie- und Handelskammer (AIHK) hat im Januar bei ihren Mitgliedern die AIHK-Wirtschaftsumfrage 2021 durchgeführt. 513 Unternehmen mit rund 46 887 Vollzeitbeschäftigten haben sich daran beteiligt. Die Rücklaufquote beträgt knapp 40 Prozent. Die Umfrage fand zwischen dem 7. und 25. Januar statt. «Die Umfrageresultate dürften damit noch nicht die vollen Auswirkungen der Covid-19-Verschärfungen ab Mitte Januar 2021 spiegeln», wie es in einer Medienmitteilung heisst.

Schlimmste Befürchtungen nicht eingetroffen
Die Mehrheit der Unternehmensverantwortlichen berichtet im Rückblick von einem befriedigenden bis guten Geschäftsjahr 2020. Es scheint, als hätten die Unternehmen ihre Einschätzungen in Anbetracht der widrigen Umstände relativiert und noch zur Jahresmitte 2020 weitaus Schlimmeres befürchtet.

«Nichtsdestotrotz zeigen die Resultate der diesjährigen Wirtschaftsumfrage deutlich, dass die Corona-Pandemie bei den teilnehmenden Firmen tiefe Spuren hinterlassen hat», schreibt die AIHK. So berichtet etwa die Branche Verkehr und Lagerei von einem schlechten bis sehr schlechten Geschäftsjahr. Die Branche Gesundheits- und Sozialwesen weist den zweittiefsten Wert der diesjährigen Wirtschaftsumfrage auf. Zudem traf der weltweite Konjunktureinbruch die exportorientierten Branchen stark. So indizieren etwa die Rückmeldungen aus der Maschinen- und Metallindustrie ein Stimmungstief. Dies nachdem bereits die vorangegangenen Jahre durchzogen ausfielen.

Neben Verlierern gibt es aber auch Gewinner: Unter diesen sticht der Detailhandel hervor. «Der Detailhandel zeigt aber auch exemplarisch, wie unterschiedlich die Auswirkungen dieser Krise auch innerhalb einer Branche ausfallen. So ist der Geschäftsgang im Detailhandel im vergangenen Jahr massgebend von der Verkaufssparte abhängig. Auch die klassischen Bürobranchen Finanz- und Versicherungsdienstleistungen und die Unter neh men sd ien st lei st u ngen scheinen insgesamt glimpflich davongekommen zu sein. Erfreulich sind zudem die Rückmeldungen aus der Elektroindustrie, die der Krise weitgehend zu trotzen scheint.»

Maschinenbau im Krisenmodus
Die Rückmeldungen aus dem Maschinenbau deuten auf eine schlechte Stimmung hin. Zwei Drittel der Firmen sehen sich aufgrund von Corona einer sinkenden Nachfrage gegenüber. Gut ein Viertel klagt über stornierte Aufträge. Die Produktionskapazitäten waren nur zu 75 Prozent ausgelastet – statt zu 87 Prozent, wie im Schnitt der letzten Jahre. Zur schwierigen Situation trugen unterbrochene Lieferketten bei. Mehr als jeder zweite Maschinenbauer beantragte allein in der ersten Welle Kurzarbeitsentschädigungen. Gut jeder vierte Betrieb nahm Überbrückungskredite in Anspruch. Doch es zeichnen sich erste Silberstreifen am Horizont ab: So erwarten die Teilnehmenden aus dem Maschinenbau, dass sich die zweite Welle insgesamt weniger stark auf ihre Geschäftstätigkeit auswirkt und die Produktion in den nächsten Monaten wieder ansteigt. Dank der leicht verbesserten Auftragslage rechnen die Betriebe mit einer erhöhten Auslastung ihrer Produktionskapazitäten.

Gedrückt ist die Stimmungslage auch in der Metallindustrie. 58 Prozent der Umfrageteilnehmenden sprechen von einer sinkenden Nachfrage als direkte Folge der Pandemie. Erschwerend kam hinzu, dass 38 Prozent der befragten Firmen unter Produktionseinschränkungen litten. Der schlechte Geschäftsgang veranlasste während der ersten Welle jede zweite Firma aus der Metallindustrie dazu, vom Recht auf Kurzarbeitsentschädigung Gebrauch zu machen. Zudem sah sich jede vierte Firma veranlasst, einen verbürgten Covid-19-Überbrückungskredit aufzunehmen, um die Liquidität sicherzustellen. Der Gesamtumsatz hat sich rückläufig entwickelt und die Ertragslage hat sich verschlechtert. Zumindest im Ausblick für das laufende Jahr ist in der Metallurgie ein Quäntchen Optimismus zu verspüren. Die zweite Corona-Welle belastet den Industriesektor deutlich weniger als die erste.

Im Gegensatz dazu ist bei den Unternehmen aus der Elektroindustrie insgesamt wenig von einer Krise zu spüren. Sie berichten überwiegend von einem guten Geschäftsjahr 2020. Dabei dürften sich Grossaufträge im Infrastrukturbereich sowie die Digitalisierung stützend ausgewirkt haben, was insgesamt zu leicht steigendem Auftragseingang sowohl aus dem In- wie auch aus dem Ausland beigetragen hat.

Stellenabbau als Folge von Corona
Sowohl im verarbeitenden Gewerbe wie auch im Dienstleistungssektor mussten viele Firmen mit einem Abbau von Personal auf den bisherigen Verlauf der Krise reagieren. So ergeben die Rückmeldungen einen Stellenabbau von rund 0,8 Prozent der Vollzeitstellen für 2020 im zweiten Sektor und ein Minus von rund 0,7 Prozent im dritten Sektor. Vor dem Hintergrund der wieder anlaufenden Industrieproduktion lassen die Rückmeldungen ein Plus von 0,6 Prozent Vollzeitstellen unter den teilnehmenden Firmen im zweiten Sektor erwarten, wohingegen im Dienstleistungssektor weder ein Auf- noch ein Abbau ansteht. Daraus ergibt sich über alle teilnehmende Firmen insgesamt eine Reduktion der Anzahl Vollzeitstellen von rund 0,65 für das Jahr 2020 und eine erwartete Erhöhung der Anzahl Vollzeitstellen von rund 0,25 Prozent für das laufende Jahr.

Qualifiziertes Personal als rares Gut
Der Kanton Aargau wird auch in der diesjährigen Ausgabe der AIHK-Wirtschaftsumfrage als insgesamt guter Unternehmensstandort eingeschätzt. Bei der Steuerbelastung fallen die Rückmeldungen negativer aus: 66 Prozent beurteilen die Steuerbelastung als gerade noch «befriedigend» oder sogar «sehr schlecht». Ein weiterer wichtiger Standortfaktor ist die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal. Obschon diese mehrheitlich als «befriedigend» bis «gut» befunden wird, fällt das Fazit doch durchmischt aus. So beurteilen rund 13 Prozent der Teilnehmenden die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal als «schlecht». Dabei fallen die Umfragewerte in den Bezirken Rheinfelden und Baden mit dem Prädikat «befriedigend» insgesamt am tiefsten aus. (mgt/nfz)


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