Ein Volks-Langlauf ohne Volk

  28.03.2021 Sulz

Für gewöhnlich ein Volksfest mit über 14 000 Aktiven, wurde der «Engadin Skimarathon» in diesem Jahr individualisiert und auf neun Tage verteilt. Unter den rund 2000 Personen, die den «Engadin Skimarathon Individual» absolvierten, waren Christian und Jeffrey Rüede aus Sulz.

Simone Rufli

Der «Engadiner» ist die zweitgrösste Langlaufveranstaltung der Welt. Über 14 000 Läuferinnen und Läufer aus über 60 Nationen legen jedes Jahr am zweiten Sonntag im März die 42 Kilometer zwischen Maloja und S-chanf zurück. Für gewöhnlich mit Blick auf die Uhr und im Bemühen um eine neue persönliche Bestzeit. In diesem Jahr war pandemiebedingt alles anders.

Der Start erfolgte frei wählbar zwischen dem 5. und dem 13. März. Weder der Tag des Laufs noch die genaue Startzeit mussten im Vorfeld bekannt gegeben werden. Erforderlich war lediglich eine Anmeldung und das Abholen der Startnummer mit Chip für die Zeitmessung an einer der Ausgabestellen. «Für einmal trittst du nicht gegen über 14 000 Teilnehmende an, sondern forderst dich selbst heraus», war die Devise des Veranstalters, der dem Coronavirus auf seine Weise trotzte.

Knapp über vier Stunden
Ein Zeichen der Solidarität gegenüber dem Veranstalter und der Engadiner Hotellerie wollten auch Vater Christian (52) und Sohn Jeffrey Rüede (23) aus Sulz setzen. Und so meldeten sich die beiden an, reisten am Vortag nach Samedan und starteten am 13. März in Maloja «bei Prachtswetter und starkem Rückenwind», wie Christian Rüede im Telefongespräch mit der NFZ lachend betont. «Unter normalen Bedingungen hätte es eine Rekordzeit gegeben.» Etwas gemütlicher und gemeinsam mit anderen Fricktalern erreichten sie das Ziel diesmal in knapp über vier Stunden. Während der Laufenburger Stadtrat den Lauf bereits fünfzehn Mal unter die schmalen Latten genommen hat, war es für seinen Sohn erst die zweite Teilnahme. Vermisst haben beide das Gleiche: «Das Skimarathon-Feeling hat uns gefehlt.» Mit dem Charakter des Volkslaufes und der Grossveranstaltung, die jeweils auch zahlreiches Publikum an die Strecke führt, ging nicht nur die Stimmung verloren. Auch ein grosser Teil der sonst üblichen Infrastruktur fehlte. «Normalerweise lassen wir unsere Skis wachsen. Diesmal mussten wir das selber machen. Auch die Verpf legung mussten wir selber mitführen. Einen Posten hatte es nur gerade in Pontresina. Besonders am Ziel hat dann ein stärkendes Getränk gefehlt.»

Die Natur geniessen
Auf dem Abschnitt zwischen Pontresina und dem Flugplatz Samedan wich die Strecke von der Original-Strecke ab, weil verschiedene Strassenübergänge nicht gesperrt oder präpariert wurden. In La Punt, wo die Strecke normalerweise auf einer provisorischen Schneespur mitten durchs Dorf führt, wurde die Zeit neutralisiert. «Dafür konnten wir in einer kleinen Gruppe von Bekannten den Lauf geniessen, während wir in anderen Jahren auf verschiedene Startfelder verteilt sind», erzählt Christian Rüede. Schön sei gewesen, ergänzt Jeffrey Rüede, «dass wir auch Zeit hatten, die Natur zu geniessen.» Spass habe es auf jeden Fall gemacht. Gar nicht vermisst haben beide das sonst übliche Anstehen auf dem Weg hinauf zur Olympiaschanze von St. Moritz und das gefährliche Gedränge bei der Abfahrt im Stazerwald.


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