Ja oder Nein zum Verhüllungsverbot?

  18.02.2021 Abstimmungen

Abstimmung am 7. März

Pro

Freie Menschen zeigen ihr Gesicht

Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» fordert, dass niemand sein Gesicht im öffentlichen Raum und an Orten, die öffentlich zugänglich sind, verhüllen darf. Zudem soll niemand eine Person dazu zwingen dürfen, ihr Gesicht aufgrund ihres Geschlechts zu verhüllen. Ausnahme vom Verhüllungsverbot sollen in Gotteshäusern sowie aus Gründen der Gesundheit, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen und des einheimischen Brauchtums gelten.

In der Schweiz haben wir eine offene Gesellschaft. Diese funktioniert jedoch nur mit Respekt. Dazu gehören Gepflogenheiten wie das Händeschütteln zur Begrüssung und das Zeigen des Gesichts. Gewisse Kreise in unserem Land sind aus unterschiedlichen Gründen nicht dazu bereit.

Das sind einerseits Chaoten, welche beispielsweise am 1. Mai das Gesicht verhüllen, um unerkannt Polizisten anzugreifen und Sachschaden anzurichten. In dieselbe Kategorie gehören Fussball-Hooligans, welchen jeglicher Respekt gegenüber anderen Menschen fehlt. Andererseits gibt es Frauen, die aus religiösen Gründen ihren ganzen Körper samt Gesicht verschleiern (müssen). Ich wähle hier ganz bewusst das Wort «müssen», denn viele Frauen verschleiern sich nicht freiwillig, vielmehr ist diese Verschleierung in den allermeisten Fällen aus ihrem nächsten familiären Umfeld aufgezwungen. Selber können sich diese Frauen meist nicht gegen ihr Umfeld behaupten. Wenn die Verhüllung jedoch verboten wird, müssen sie sich vor ihrer Familie nicht mehr rechtfertigen. Solchen Verhüllungs-Tendenzen müssen wir jetzt die Stirn bieten! In diesem Abstimmungskampf hört man immer wieder, dass Kleidervorschriften nicht in die Verfassung gehören. Im Grundsatz wäre ich sogar damit einverstanden, jedoch spielen die Beweggründe für die Verschleierung eine wesentliche Rolle. Wenn sich Personen verschleiern, um bei Straftaten nicht erkannt zu werden, so verdient die Verhüllung keinen Rechtsschutz. Dasselbe gilt auch für die Verhüllung aus religiösen Gründen, denn dahinter steckt die Geisteshaltung des radikalen Islams. Und genau dieser Islam bekämpft unsere offene westliche Gesellschaftsform. Zudem kann hier nicht von einer Kleidervorschrift in der Verfassung die Rede sein, denn es geht nicht um ein bestimmtes Kleidungsstück, sondern um die Wahrung unserer offenen Gesellschaft. Das Kleidungsstück ist sozusagen nur das Tatmittel zur Untergrabung unserer Werte. Freie Menschen zeigen ihr Gesicht. Deshalb müssen wir als Gesellschaft hier eine rote Linie ziehen!

Nicht zuletzt, um die Unterdrückung von Frauen zu stoppen, sprechen sich Frauen quer durch die Politlandschaft für die Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» aus. Auch ich stimme am 7. März 2021 mit voller Überzeugung Ja, denn die zunehmende Verhüllung – sei es durch Islamisten oder durch Chaoten – gilt es jetzt zu stoppen!


Contra

Löst keine Probleme

Liebe Leserin, lieber Leser
Am 7. März stimmen wir ab über die Initiative zum Verhüllungsverbot. Angsteinflössende Augen blicken uns von den Plakaten entgegen mit dem Titel «Extremismus stoppen!». Ich werde den Verdacht nicht los, dass es sich hier um einen Wolf im Schafspelz handelt. Ich lese und höre immer wieder, dass es sich bei der Initiative keineswegs um eine Kampagne gegen den Islam handle. Es gehe dabei genauso um Vermummung bei Demos und Sportanlässen.

Auch wenn ich hier bei uns noch praktisch nie einer Frau in einem Niqab begegnet bin, weckt das Gewand einer komplett verhüllten Frau bei mir keine Sympathien.

Trotzdem ist die Initiative aus meiner Sicht unverhältnismässig und löst keine Probleme. Eher scheint sie mir als Symbol für rassistische Ressentiments. Eine Studie der Universität Luzern zeigt auf, dass in der Schweiz lediglich 20 bis 30 Frauen einen Niqab tragen. Viele davon seien Konvertitinnen, die diesen freiwillig tragen würden. Somit ist das Argument der Unterdrückung der Niqab tragenden Frauen in unserem Land grösstenteils widerlegt. Meines Erachtens trägt die Initiative nichts zur Unterstützung der Frauen und einer freiheitlichen Gesellschaft bei. Ausserdem gehören meiner Meinung nach Kleidervorschriften nicht in die Bundesverfassung. Zurzeit haben bereits fünfzehn Kantone Vermummungsverbote in der kantonalen Gesetzgebung verankert, was auch in allen weiteren Kantonen möglich wäre.

Hinzu kommt, dass bereits heute Nötigung gesetzlich geregelt ist. Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Zudem schützt uns das Verhüllungsverbot weder vor Terrorismus noch vor Radikalisierung, wie dies durch die Kampagne suggeriert wird. Dagegen hat der Bundesrat bereits heute eine Mehrsäulenstrategie zur Bekämpfung entwickelt, die auf internationaler Zusammenarbeit beruht.

Somit bleibt lediglich noch das Argument, dass sich das Initiativkomitee für die Rechte der Frau einsetzen möchte. Das nehme ich gerne auf und bin erfreut darüber. Dafür kann ich Ihnen liebe Leserin, lieber Leser den Gegenvorschlag von Bundesrat und Parlament empfehlen. Dieser verlangt, dass alle Personen den Behörden ihr Gesicht zeigen müssen, wenn es für die Identifizierung notwendig ist. Im Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe soll vorgesehen werden, dass die Situation der Frauen verbessert und bei vom Bund finanziell geförderten kantonalen Integrationsprogrammen den besonderen Anliegen von Frauen Rechnung getragen werden soll.

Der Gegenvorschlag ist eine gezieltere Antwort auf Probleme, die das Tragen von Gesichtsverhüllungen mit sich bringen kann. Im Gegensatz zur Initiative bleibt die kantonale Zuständigkeit gewahrt. Kantone, die die Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum verbieten möchten, können dies nach wie vor tun.

Darum empfehle ich Ihnen Ablehnung der Initiative.


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