Chaos bei der Erlaubnis, Pakete abzuholen

  20.01.2021 Fricktal

Vergangene Woche galt für zwei Tage die Erlaubnis für Fricktaler Privatkunden, die Post abzuholen, die bei Paketdienstleistern in Rheinfelden und Bad Säckingen seit dem Verbot vom 23. Dezember lagerten. Die deutschen Behörden erneuerten dieses Verbot jedoch nach kurzer Zeit wieder.

Boris Burkhardt

«Am Montag herrschte grosse Freude; am Dienstagabend war sie schon wieder vorüber», beschreibt Simon Kühn den kurzen Ausnahmezustand in seinem Paketdienstleister «My Paketshop» vergangene Woche, als es Fricktaler Kunden für zwei Tage gestattet war, in Bad Säckingen ihre bestellten Pakete abzuholen. Das zuständige baden-württembergische Ministerium für Soziales und Integration hatte die tags zuvor erteilte Zusage am Abend des 12. Januar schon wieder zurückgenommen.

Wegen der verschärften Corona-Vorschriften zum Grenzverkehr hatten Schweizer Privatkunden seit dem 23. Dezember keinen Zugang mehr zu ihren Paketen, die in Deutschland lagerten, wenn sie sich nicht sowieso schon aus einem anderen, triftigen Grund in Deutschland aufhielten. Das wird nach dem kurzen Intermezzo nun voraussichtlich auch so bleiben, bis der Lockdown in Deutschland beendet ist.

Kühn musste laut eigener Aussage «wüste Beschimpfungen» seiner Kunden über sich ergehen lassen, die ihn für das Chaos verantwortlich gemacht hätten: «Sie warfen mir vor, dass sie auf meine Mitteilung hin Ware bestellt hätten, die sie nun doch wieder nicht abholen dürften.» Viele hätten aber auch Verständnis gezeigt, dass er genauso abhängig von den Angaben Dritter gewesen sei, sagt Kühn. Dabei habe er sich am Montag, 11. Januar, beim Sozialministerium in Stuttgart, beim Landratsamt in Waldshut-Tiengen und beim Ordnungsamt in Bad Säckingen vergewissert, dass das Abholen von Paketen nicht als Einkaufstourismus definiert sei und den Schweizer Kunden damit ohne die folgende Quarantäne gestattet sei.

Regelungen wurden «nachgeschärft»
Von dieser Ausnahme hatte er durch seinen Mitbewerber Maik Gregl von «Paket Stop & Go» in Badisch-Rheinfelden erfahren, der seine Kunden am 11. Januar als erster über einen «Eil-Newsletter» informiert hatte, dass sie nun wieder ihre Pakete abholen dürften. Gregl gibt gegenüber der NFZ zu Protokoll, er sei wiederum bereits am 8. Januar von seinen eigenen Kunden darauf aufmerksam gemacht worden. Diese hatten demnach auf eigene Faust beim baden-württembergischen Sozialministerium nachgefragt. Auch er habe sich die Erlaubnis vom Ministerium schriftlich bestätigen lassen, berichtet Gregl.

Wegen seines Newsletters seien Schweizer Medien auf ihn aufmerksam geworden, darunter die Gratiszeitung «20 Minuten», die seine Geschichte «in der ganzen Schweiz» bekanntgemacht habe, erzählt Gregl weiter. Er vermute deshalb auch, das Sozialministerium habe die Erlaubnis nach einer Prüfung der Verordnung wieder zurückgenommen, weil so viele Schweizer Kunden dort nachgefragt hätten: «Es bestand wohl die Gefahr, dass nun doch wieder zu viele Kunden gleichzeitig in die Paketshops gekommen wären.»

Dem Sinn nach bestätigt das der zuständige Pressesprecher des Sozialministeriums auf Nachfrage der NFZ: «Es gibt grosse Verunsicherungen aufgrund der sehr, sehr ernsten Lage.» Es habe allerdings keine «Kommunikationspanne» von Seiten des Ministeriums gegeben, wie das von vielen Schweizer Kunden wahrgenommen worden sei. Die Posteingänge quöllen über mit Spezialanfragen zu allen möglichen Fällen, erklärt der Sprecher die allgemeine Situation im Ministerium, die nicht explizit in den Verordnungen erwähnt seien, ob das nun Paketdienstleitungen oder Christbaumentsorgung und ähnliches betreffe. Entsprechend seien auch die Regelungen für Paketdienstleister bei der Überprüfung der Spezialfälle der Verordnung durch das Ministerium «nachgeschärft» worden. Der Sprecher, der nicht namentlich genannt werden will, erinnert an die Bitte des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, nicht nach Lücken in den Verordnungen zu suchen, sondern sie sinngemäss zu befolgen: «Wenn wir das Virus besiegen wollen, müssen wir Eigenverantwortung zeigen.»

Gewerbliche Kunden dürfen weiterhin Pakete holen
Gregl weist darauf hin, dass es gewerblichen Kunden aus der Schweiz nach wie vor erlaubt sei, Pakete abzuholen. Vor allem Handwerkerund Gastronomiebetriebe sowie Gärtnereien seien auf Lieferungen von Ersatzteilen oder Sperrgut nach Deutschland angewiesen, weil die entsprechenden ausländischen Hersteller und Händler gar nicht in die Schweiz verschickten oder bis zu 50 Franken Porto verlangten.

Kühn berichtet, dass seine Gewerbekunden seit Oktober, als die deutschen Behörden die Schweiz zum Risikogebiet erklärten, zunehmend verunsichert seien. Er wisse sogar von einem Fall, wo deutsche Grenzbeamte einen gewerblichen Kunden am Zoll angehalten und nach dem Grund seiner Einreise nach Deutschland gefragt hätten. Das sei seiner Auffassung nach aber nicht rechtens gewesen, denn der Warenverkehr habe auch schon während des Frühjahrs-Lockdowns ungehindert die Grenze passieren dürfen.

Privatpersonen aus einem Risikogebiet (als das gilt die gesamte Schweiz noch immer) ist es nun aber bis auf Weiteres ohne anschliessende Quarantäne nicht mehr erlaubt, ihre Ware in Paketshops, Packstationen oder sonstigen Paketannahmestellen abzuholen, wie das Sozialministerium klarstellt. Das eigene Post- oder Schliessfach dürfe weiterhin geleert werden, aber wiederum nur unter der Voraussetzung, dass der Schweizer Kunde einen Erst- oder Zweitwohnsitz im grenznahen Baden-Württemberg besitze.

Unter www.baden-wuerttemberg.de/">https://www.baden-wuerttemberg.de/ de/service/aktuelle-infos-zu-corona/ faq-tests-fuer-reiserueckkehrer/ finden sich die aktuellen Informationen zu den neuen Einreisebestimmungen nach Deutschland seit dem 11. Januar.


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