«Das Fricktal ist heiss begehrt»

  15.01.2021 Fricktal

Interview mit Susanne Kaufmann, Raiffeisenbank Möhlin

Die Bankenlandschaft im Fricktal ist in Bewegung. Susanne Kaufmann, Vorsitzende der Bankleitung der Raiffeisenbank Möhlin, erklärt im Interview, wo sie für ihre Bank Chancen sieht.

Walter Herzog

NFZ: Frau Kaufmann, wie erleben Sie persönlich die aktuelle Situation, beruflich wie privat?
Susanne Kaufmann:
Anspruchsvoll, lehrreich, in gewissen Bereichen wegweisend, ein ständiges vor und zurück, einfach eine verrückte Zeit. Als Bank durften wir unsere Türen immer offen lassen, dies allerdings mit eingeschränkter Besetzung vor Ort, Trennung von Teams und vermehrtem Home-Office. Die technischen Voraussetzungen für das Arbeiten im Home-Office waren in unserer Bank grossmehrheitlich bereits vorhanden, das hat uns ein schnelles Handeln und Umsetzen erleichtert. Wir waren und sind jederzeit für unsere Kunden als Ansprechpartner erreichbar, das ist uns wichtig. Was gelitten hat und immer noch leidet, ist die Nähe, das persönliche Gespräch, der Austausch mit den Kunden, wie auch mit den Mitarbeitern. Ich bin im Frühjahr von meinem abgebrochenen Sabbatical direkt in den Lockdown gerutscht, also doppelt entschleunigt. Viele Repräsentationstermine, physische Sitzungen mit Anfahrtswegen etc. sind weggefallen, dies schafft unerwartete Freiräume. Bisher bin ich gesund und unbeschadet durch diese Zeit gekommen, das ist schon viel Wert. Am meisten vermisse ich die persönlichen Kontakte, ein gutes Essen im Restaurant im Freundeskreis und meine Lieblingsfreizeitbeschäftigung das Rudern, das leider auch nur noch sehr eingeschränkt möglich ist.

Die Bankenlandschaft im Aargau ist mit dem Aufgehen der Neuen Aargauer Bank in der Credit Suisse enorm in Bewegung – ganz besonders im Fricktal. Weitere Banken drängen in den Markt. Wie beurteilen Sie die Situation?
Unbestritten, das Fricktal ist heiss begehrt und dies in vielerlei Hinsicht, nicht nur bei den Banken. Die wirtschaftliche Stärke, ein breiter Arbeitsmarkt, die verkehrstechnisch ausgezeichnete Anbindung, die Grenznähe und eine hohe Wohn- und Lebensqualität zeichnen unser schönes Fricktal aus. Die Ausgangslage für unsere Bank, die Raiffeisenbank Möhlin, ist auch in einem stark umworbenen Umfeld sehr gut. Dies widerspiegelt sich auch im hohen Zufluss der Kundengelder im vergangenen Jahr. Als lokale Bank sind wir seit Jahrzehnten im Fricktal verankert, wir engagieren uns stark in unserer Region, unterstützen zahlreiche Vereine, Projekte, regionale Anlässe und vieles mehr und wir zahlen unsere Steuern und dies nicht zu knapp, vor Ort. Die Entscheidungen für unsere Bank, für unsere Kunden und unsere Mitarbeiter treffen wir hier in Möhlin, nicht in Aarau, Zürich oder Luzern.

Ich gehe davon aus, Sie sehen diese Veränderung als Wachstumschance für die Raiffeisenbank. Ist dies so und wenn ja, in welchem Bereich wollen Sie ihren Marktanteil steigern?
Tatsächlich sehen wir das, zwar als unerwartete, aber willkommene Wachstumsmöglichkeit für unsere Bank und wir nehmen dieses Wachstum in allen Segmenten gerne an. Wir durften im Zusammenhang mit der Schliessung der NAB auch schon etliche Neukunden begrüssen und bestehende Kundenbeziehungen ausbauen, das freut uns natürlich sehr.

Damit neue Firmen und Arbeitsplätze entstehen, braucht es gute Ideen, Jungunternehmer und Risikokapital. Wie aktiv unterstützt ihre Raiffeisenbank solche Projekte?
Unsere Bank ist auch im Firmenkundengeschäft gut aufgestellt und etabliert und wir verfügen inhouse über das notwendige Know-how, auch diesen Bereich abzudecken. Dies erlaubt uns, Unternehmer individuell und in den verschiedenen Phasen einer Unternehmensgründung zu unterstützen. Zudem unterstützt das Raiffeisen Unternehmerzentrum Start-up-Unternehmen in betriebswirtschaftlichen Fragestellungen.

Wie ist die neue Geschäftsstelle in Rheinfelden angelaufen?
Erfreulich gut, das offene Konzept und die modernen Beratungsräumlichkeiten mit der heimeligen Atmosphäre überzeugen und werden von unserer Kundschaft geschätzt. Der Standort ist gut sichtbar und gut erreichbar, bietet Parkplätze direkt vor der Türe, dies ist nicht zuletzt auch für die Frequenzen der Geldautomaten zwingend. Wenn wir die Bautätigkeit und die Entwicklung der Gegend noch berücksichtigen, hat der Standort zudem noch ein riesiges Potenzial. Leider, das muss ich offen zugeben, sind uns aufgrund der aktuellen Situation die Hände gebunden und wir können keinerlei physische Anlässe durchführen, das ist sehr schade, ist es doch ein wichtiger Bestandteil für unsere Kundenansprache.

Vor Jahren gab es Bestrebungen für einen Zusammenschluss mit der Raiffeisenbank Wegenstettertal. Ist dies noch ein Thema?
Nein, das ist derzeit kein Thema mehr.

Was erwarten Sie im 2021?
Die gesamten wirtschaftlichen Folgen sind für mich aktuell nicht abschätzbar, aber einzelne Branchen werden arg gebeutelt, werden sich schwerlich davon erholen, andere wiederum noch jahrelang mit den Folgen zu kämpfen haben. Dies zieht zahlreiche private Haushalte in Mitleidenschaft, der Konsum wird darunter leiden. Die psychischen Belastungen und Folgen kommen noch dazu. Uns wurden wieder einmal unsere Grenzen aufgezeigt. Also, was erwarte ich? Das vergangene Jahr hat mich eindrücklich gelehrt, wie schnell sich alles, selbst das Selbstverständliche, verändern kann. Ich bin zuversichtlich, dass sich die Corona-Situation, auch unter Mithilfe des Impfstoffes, im Verlaufe dieses Jahres entspannt und die Unsicherheiten sich nach und nach legen. Ich hoffe, dass wir aufgrund dieser einschneidenden Erfahrung, die für uns alltäglichen und selbstverständlichen Dinge wieder mehr zu schätzen wissen.

Das Interview wurde per Mail geführt


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