«Armee hätte sich besser vorbereiten sollen»

  22.01.2021 Wölflinswil

Seine Begeisterung über die ersten Tage Online-Rekrutenschule hält sich in Grenzen. Der 19-jährige Fabio Haller, wohnhaft in Wölflinswil, Rekrut der Panzerschule 21, ist einer von 5000, welcher die ersten drei Wochen in der Armee wegen Corona am heimischen Bildschirm verbringen.

Simone Rufli

Der Marschbefehl liegt auf seinem Schreibtisch. Und wie angeordnet ist Fabio Haller am Montagmorgen in die Rekrutenschule eingerückt – nicht physisch, sondern online und auch nicht ohne Schwierigkeiten. Einrücken hiess in seinem Fall einloggen und das war am Montag infolge Überlastung des Servers für Tausende Rekrutinnen und Rekruten nicht möglich. «Die Armee hätte sich besser vorbereiten sollen», sagt Haller. Am Dienstag ging es besser. «Doch dieser Start in die Rekrutenschule fühlt sich komisch an», erzählt er am Dienstagabend im Telefongespräch mit der NFZ. «Wäre das mit dem Sport nicht, dann würde ich sagen, ich werde bezahlt zum daheim Wohnen.» Immerhin sei es ihm nun an diesem zweiten Tag gelungen, sich im LMS-Programm der Schweizer Armee anzumelden und PDF-Dateien herunterzuladen, so dass er mit dem Lernen habe beginnen können. «Es gibt Zeiten, da ist das System total überlastet. Gegen Abend läuft das LMS aber wieder besser.» Für ihn der Zeitpunkt, zu dem er sich fortan auch für die obligatorischen Tests einloggen will.

Im zivilen Leben ist Fabio Haller Fachmann Gesundheit. Noch bis Ende 2020 arbeitete er mit einem befristeten Arbeitsvertrag im Alterszentrum Bruggbach in Frick. Eine stressige, anspruchsvolle Zeit, wie er mit Blick auf die hinter ihm liegenden 12-Stunden-Schichten bemerkt. «Es hat gutgetan, nach dem Neujahr für zwei Wochen herunterzufahren.»

Neben täglich sechs Stunden Theorie büffeln, werden von der Armee vier Stunden Sport pro Woche verlangt. Während er bereits nach dem zweiten Tag feststellt, dass er beim besten Willen nicht sechs Stunden pro Tag brauchen wird, um die Theorieaufgaben zu bewältigen und die Lernziele zu erreichen, erachtet Haller das Sportpensum als entschieden zu gering. «Ich habe den Verdacht, dass wir ab dem 8. Februar, wenn ich in Thun in die Panzerschule einrücken muss, gerade sportlich besonders gefordert werden. Die Vorgesetzten werden sich vermutlich denken, dass wir es während drei Wochen recht easy hatten und uns dann körperlich umso mehr fordern.» Mit viel Ausdauertraining will Fabio Haller für alle Eventualitäten gewappnet sein. Er werde regelmässig mehrere Kilometer am Stück mit Zusatzgewicht im Rucksack marschieren. «Oder auch so viele Liegestützen am Tag machen, wie es geht und natürlich werde ich zwischendurch mit der Ready App für Abwechslung sorgen.»

Die von der Schweizer Armee entwickelte Ready App macht ein personalisiertes Training möglich. Aus den Angaben von Körpergewicht, Grösse und Trainingsziel wird ein Fitnessprogramm, bestehend aus Ausdauer- und Kraftübungen, zusammengestellt. «Es braucht natürlich für das alles viel Eigenmotivation, was alles ein bisschen schwieriger ist, wenn man fast nur zuhause ist und niemanden hat, der es einem befiehlt.»

Die Befehle werden kommen, das ist sicher. Bis es soweit ist, muss sich Rekrut Haller eigenverantwortlich theoretisches Wissen unter anderem über Gradkenntnisse, militärisches Verhalten und Sicherheit aneignen. Sold bekommen die Online-Rekruten genau gleich wie diejenigen, die am Montag bereits in die Kasernen eingerückt sind. Wobei das so nicht ganz stimmt. «Weil wir in diesen ersten drei Wochen nicht von der Armee verpflegt werden, bekommen wir zehn Franken pro Tag zusätzlich fürs Essen.» Den Sold erhalten die «Onliner» am 8. Februar, am Tag ihres Einrückens in die Kasernen.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote