«Man spürt die Gesellschaft»

  13.12.2020 Fricktal

Die unentgeltliche Rechtsauskunft im Bezirk Laufenburg wird geschätzt

Zweimal im Monat haben die Menschen im oberen Fricktal Gelegenheit, in rechtlichen Fragen unentgeltlich Gehör und eine kurze Beratung zu erhalten. Für die Koordination im Bezirk Laufenburg ist zurzeit der Fricker Anwalt Stefan Meichssner verantwortlich.

Bernadette Zaniolo

Die unentgeltliche Rechtsauskunft ist als Auftrag in der Aargauischen Kantonsverfassung verankert. Jedes Mitglied des Aargauischen Anwaltsverbandes ist verpflichtet, sich dafür zur Verfügung zu stellen. Im Bezirk Laufenburg teilen sich diese Aufgabe 14 Anwälte. Für die Koordination der Termine ist Stefan Meichssner, Fachanwalt SAV Strafrecht, verantwortlich. Die NFZ sprach mit ihm darüber, was die Menschen bewegt, dieses Angebot zu nutzen.

NFZ: Mit welchen Sorgen und Themen kommen die Menschen in die Beratungen?
Stefan Meichssner:
Es ist eine breite Palette. Vom Arbeitsrecht, übers Familien-, Miet-, Nachbarschaftsbis hin zum Schuldbetreibungsrecht und Strafrecht werden wir um Auskunft gebeten.

Wieviele Personen kommen jeweils an einer der Termine?
Im Schnitt sind es fünf Auskünfte pro Termin.

Reicht die Zeit, die pro Person zehn bis fünfzehn Minuten dauert, um die Personen gut beraten zu können?
Ziel ist es nicht, die Menschen als Anwalt zu vertreten, sondern ihnen Lösungsansätze aufzuzeigen. Erfahrene Juristen können in den zehn bis fünfzehn Minuten die Sachlage einschätzen und mit ihrem Vorschlag weiterhelfen. Das heisst beispielsweise bei einem Zahlungsbefehl, dass der Empfänger beziehungsweise der Schuldner nicht verpasst, auf die Frist zu reagieren. Je nach Fall auch in welcher Form er dies machen kann oder gar muss. Den Brief aufsetzen oder telefonieren müssen die Ratsuchenden jedoch selber. Wenn sie das aus irgendwelchem Grund nicht selber tun können, zeigen wir auf, wer dies für sie tun könnte. Oft reicht es aber, wenn die Ratsuchenden wissen, wie das weitere Vorgehen ist oder sich in ihrem weiteren Schritt gestärkt wissen. Quasi unseren Zuspruch haben.

Gibt es Fragen, mit denen Sie öfters als mit anderen konfrontiert werden?
Oft kommen Fragen aus dem Familienrecht. Das sind zum Beispiel zu Unterhaltszahlungen bei einer Scheidung oder im Bereich Eheschutz, wer das gemeinsame Auto während des Getrenntlebens nutzen darf. Teils kommen Paare gar händchenhaltend an den Termin und fragen, wie sie vorgehen müssen, wenn sie sich scheiden lassen wollen und sich über «Materielles» und Weiteres bereits geeinigt haben. Regelmässig kommen auch erbrechtliche Fragen.

Kommen eher mehr Frauen oder Männer in die Beratung?
Wir führen keine Statistiken bezüglich Geschlechter, Alter oder Nationalitäten. Dies ist für die Beratung unwichtig. Alle Menschen haben Anspruch auf Hilfe. Dies ist jedoch keine juristische Beratung im Sinne eines Mandats, sondern quasi eine «Minimalhilfe». Es ist ein guter Querschnitt durch die Gesellschaft. Gefühlsmässig sind es aber mehr Frauen.

Suchen seit Corona mehr Menschen die Beratungen auf?
Nein. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (November bis Oktober) sind es sogar zirka 20 Prozent weniger. Dies hat wohl auch mit der Maskenpflicht und weiteren Empfehlungen zur Bekämpfung des Virus’ zu tun.

Und bei den Fragen; sind plötzliche andere Themen im Fokus?
Nein, es geht immer noch etwa um die gleichen Fragen. Vereinzelt kommen jedoch Fragen zur Kurzarbeits-Entschädigung. Es gibt auch Grenzgänger, die in die Beratung kommen.

Gibt es etwas «Spezielles», das Sie in der unentgeltlichen Rechtsauskunft erleben oder erlebt haben?
Die unentgeltliche Rechtsauskunft wird von der ganzen Breite der Gesellschaft genutzt. Deshalb erfahren wir direkt, wo die Probleme sind und wer knapp bei Kasse ist. Wir erfahren, was die Menschen in der Region bewegt und wo der Schuh drückt. Man spürt die Gesellschaft.


Rechtsauskunft in Frick und Laufenburg

Die unentgeltliche Rechtsauskunft durch den Aargauischen Anwaltsverband erfreut sich grosser Beliebtheit in der Bevölkerung und wird regelmässig gern in Anspruch genommen. Die Rechtsauskünfte im Bezirk Laufenburg finden grundsätzlich jeweils am ersten Montag des Monats in Laufenburg und am dritten Montag des Monats in Frick von 17.30 Uhr bis 18.30 Uhr im Gemeindehaus statt.

Infolge Corona kann die unentgeltliche Rechtsauskunft ausnahmsweise auch telefonisch erfolgen. Es wird gebeten, die entsprechenden Hinweise der Gemeindeverwaltungen Frick und Laufenburg zu beachten. (mgt/bz)


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