Kunst der Verwandlung am Körper spüren

  31.10.2020 Frick, Natur, Kunst

Eine junge Frau aus Frick lebt ihre Verbundenheit mit der Natur aus, indem sie ihren Körper durch den Kaiseraugster Künstler Beat Frutiger mit Farbe umgestalten lässt. Entstanden sind eindrückliche Kalender-Bilder.

Simone Rufli

Alles begann damit, dass Romana Lara das Gefühl hatte, «unfotogen» zu sein. Ein Gefühl, das im Sommer 2014, an einem Strand in der Türkei in den Wogen des Meeres unterging. Und zwar in dem Moment, als bei einem Familienshooting am Strand der Fotograf die junge Frau aus Frick für derart fotogen hielt, dass er ihr zu einer Model-Karriere riet. «Diese Begegnung löste bei mir etwas aus», erzählt Romana Lara, die damals zwei Tage in der Woche in einem Personalbüro administrative Aufgaben erledigte. Kopf lastig, intellektuell sei sie geprägt, so die junge Frau. Dann beginnt sie zu erzählen, wie sie der Kreativität in ihrem Leben allmählich begann, einen Raum zu schaffen.

Der Diskretion wegen zieht sie es vor, in der Öffentlichkeit unter ihrem Pseudonym in Erscheinung zu treten. Romana Lara, so ihr Künstlername, begann zu recherchieren, fand in die Fotocommunity, machte erste Shootings mit einer Visagistin, kam auf eine Modelkartei. Richtungsweisend aber war die Begegnung mit Beat Frutiger, über drei Jahrzehnte Kunstlehrer an der Sekundarschule Muttenz und seit 2013 freischaffender Künstler, Bodypainter und Traumgruppenleiter aus Kaiseraugst. Künstlername Fru. Als das erste gemeinsame Projekt «1001 Nacht» abgeschlossen war, begann das Märchen für Romana Lara erst richtig. «Aus der Zusammenarbeit sind tiefgründige Gespräche und mit der Zeit eine Freundschaft entstanden», erzählt die Künstlerin und kommt auf die Natur zu sprechen, das «Atelier» der gemeinsamen Arbeit. Ob in Linn, in Asp, in der Grün 80 in Münchenstein, im Tessin oder im Engadin – in der Natur sein, die Natur am eigenen Körper spüren, das habe sie immer gereizt. Mit nichts als Farbe auf der Haut ein unverfälschtes Empfinden.

Mal Göttin, mal Diala
Pinsel, Lappen, Schwamm, Airbrush, das sind die Werkzeuge mit denen Fru sein Model mal einem Chamäleon ähnlich kaum erkennbar in die Natur integriert, ein andermal in ein Tier oder in eine Bronzestatue verwandelt. Ab und zu greift Fru auch tief in die Kiste seiner Talente, näht für sein Model Kleider, gestaltet aus Pappmaché Tierköpfe und fertigt Federkleider an. Mit Hilfe von Romana Laras umfassenden Recherchen und Körper transformiert er zum Beispiel Göttinnen aus der griechischen Mythologie und Feen aus dem Kulturgut Graubündens in die heutige Zeit und Landschaft.

War es zu Beginn meist Fru, der seine Ideen mit dem Model umsetzte, bringt Romana Lara immer mehr eigene Vorstellungen ein. So sind über die Jahre ganz unterschiedliche regionale Jahreskalender entstanden. Ganz besonders am Herzen liegt der Künstlerin jener mit den Dialas, den sagenumwobenen Feen aus der Engadiner Bergwelt, dort wo Romana Lara aufgewachsen ist. Hin und wieder, erzählt sie, retten die Dialas einem Bergbewohner das Leben oder machen sich nützlich, etwa, indem sie des Nachts beim Heuen helfen. Romana Lara hat die Geschichten gelesen, die Orte aufgesucht. «Zum Teil wurden daraus mehrstündige Wanderungen, aber sie halfen mir, mich in die Sagenwelt der Dialas hinein zu denken.» Sie beschloss, das kulturelle Erbe ihrer Heimat auf ihre Weise weiterzugeben. Erst nach dem Rekognoszieren suchte sie die ausgewählten Plätze zusammen mit Fru auf.

In eine Rolle schlüpfen
Eine bis eineinhalb Stunden dauert eine Verwandlung mit Vorbereitung im Atelier und Feinabstimmung vor Ort. Je nach Wetter und Jahreszeit muss es schnell gehen. «Ich befasse mich lange vor dem Shooting mit der Verwandlung und schlüpfe am Tag selber in eine Rolle.» Wie fühlt man sich in einen Baum hinein? Wie in eine Spinne, einen Salamander oder eine Schlange? «Indem man dazu wird», sagt Romana Lara. Dabei kann es dann schon mal zu Begegnungen mit Artgenossen kommen. «Als mich Fru in eine Schlange verwandelte, tat er das an einem Ort, wo Schlangen tatsächlich vorkommen. Zusammen mit dem Gefühl, das einem überkommt, wenn man wie eine Schlage auf einem warmen Stein liegt, ist das schon ein ganz spezielles Erlebnis.» Die Verwandlung hinterlasse Spuren, habe ihr Fru schon früh gesagt.

Kürzlich hat Romana Lara einem Buch der Tanztherapeutin Sonja Mittermair zu Bildern verholfen, in dem sie sich über die Musik und die Bewegung an die Energiezentren des Körpers, genannt Chakren, herangetastet und diese in Skizzen auf Papier gebracht hat. Was Fru zusammen mit der Frickerin daraus gemacht hat, findet sich im Band «Der Tanz der Archetypen». Themen darstellen und sei es noch so schwierig, das reizt Romana Lara. Belanglose Bilder sind nicht ihr Ding. Tiefe muss ein Bild haben. Dabei spielt es für sie nicht einmal eine Rolle, ob der Betrachter am Ende erkennt, welch grosser Aufwand hinter einem Foto steckt.

www.romanalara.art


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