125-Jähriger startet durch

  19.10.2020 Gansingen

Der Kirchenchor Gansingen will sich öffnen und an seine Glanzzeiten mit rund 30 Sängerinnen und Sänger anknüpfen. Zahlreiche Ideen sind derzeit im Gespräch, um neue Mitglieder zu gewinnen.

Bernadette Zaniolo

Für das 125-Jahre-Jubiläum des Kirchenchores St. Georg Gansingen war eine Orchestermesse mit anschliessendem Apéro geplant. Das Jubiläum hätte auch mit vielen Gästen, wie etwa befreundeten Chören und den Pfarreimitgliedern gefeiert werden sollen. Aufgrund der Corona-Schutzmassnahmen wurde das 125-jährige Bestehen am 4. Oktober schlicht mit einem Gottesdienst (die NFZ berichtete), ohne grosse «Töne» gefeiert.

«Die Zukunft gehört denen, die an die Wahrhaftigkeit ihrer Träume glauben». Mit diesen Worten haben die 18 Chormitglieder in kleinem Rahmen auf das Jubiläum und auf die nächsten 125 Jahre angestossen. Dass dies nicht bei leeren Worthülsen bleibt, macht Urs Boutellier, Aktuar des Kirchenchors, im Gespräch mit der NFZ klar. Im nächsten Jahr wird der Gansinger Chor auch sechs Mal in der St. Remigius-Kirche in Mettau die Gottesdienste gesanglich umrahmen; dies nachdem sich der Kirchenchor der Pfarrei Mettau im Frühling auf löste. Zur Diskussion steht auch eine neue Namensgebung.

«Der Chor soll offen sein für alle Menschen im Tal.» Das heisst auch konfessionsneutral. Boutellier kann sich auch vorstellen, dass es für den Pastoralraum Laufenburg nur noch ein oder zwei grössere Chöre geben könnte.

«Es sind Lieder, die ans Herz gehen»
Der Einsatz des E-Pianos in der Kirche sowie ein neues Liederbüchlein mit weltlichen, zeitgemässen und flotten Liedern sorgen für wunderschöne Momente und Musse. Das neuzeitliche Liedergut, so etwa aus dem Gesangbuch «Kreuzungen», stosse sowohl bei den Sängerinnen und Sängern als auch beim Publikum auf gutes Echo. «Es sind Lieder, die ans Herz gehen», so Urs Boutellier. Dabei erwähnt er die seit drei Jahren regelmässigen Auftritte im Alterszentrum Klostermatte in Laufenburg, «wo die Augen von 100 Menschen leuchten. Da werden Erinnerungen wach und viele der Bewohnerinnen und Bewohner singen bei Liedern wie etwa ‹im Aargau sind zwöi Liebi› freudig mit.» In diesem Jahr konnte das Konzert im Laufenburger Alterszentrum aufgrund von Corona nicht durchgeführt werden. «Das schmerzt», sagt Urs Boutellier.

Wie bei allen Chören, steht auch beim Kirchenchor Gansingen die Freude am Singen im Vordergrund. Doch es ist viel mehr, was den Chor auszeichnet. «Mir händs guet mitenand. Das geht über die Kirche hinaus», sagt Urs Boutellier freudestrahlend und verweist dabei auf die vielen treuen, langjährigen Mitglieder sowie entstandene Freundschaft und unzählige gesellige Momente.

Boutellier hat zum 125-Jahre-Jubiläum eine kleine Festschrift zusammengestellt. Darin geht hervor, dass der Kirchenchor im Jahre 1954 um die 30 Mitglieder zählte. «Viele traten gleich nach der Schulzeit in den Chor ein», resümiert der Aktuar. Wohl auch, weil es damals nicht so viele Vereine gab.

Früher auch ein anderes Kulturgut gepflegt
Bis zur Gründung des Gansinger Theatervereins gehörte auch das jährliche Theaterspiel zum Programm des Kirchenchores. Heute zeigt der Chor seine «Backkunst» am Theater und verwöhnt die Besucher mit einem feinen Dessertbuffet. «Wie beim Backen die verschiedenen Aromen zu einem sinnlichen Ganzen werden, finden die unterschiedlichen Stimmen beim Singen zu einem gemeinsamen Klang und musikalische Feinheiten werden wie Dekorationen auf Torten herausgearbeitet» würdigt Martina Szabo, Präsidentin der Kirchenpflege Gansingen, den Chor in der Festschrift.

Keine feinen Worte, sondern viel mehr eine scharfe «Klinge» wurde früher geführt, wenn etwa ein Mitglied der Musikgesellschaft zum Kirchenchor wechselte. «Sämtliche Mitglieder der Musikgesellschaft werden streiken und keine Musikstunde mehr besuchen, bis zur Entlassung», hielt die Musikgesellschaft im Jahr 1905 in einem Schreiben an den Kirchenchor fest, nachdem dieser offenbar ein Mitglied «abgeworben» haben soll.

«Gemischt oder nicht»
Dass im Kirchenchor jedoch viel gelacht wird, bezeugt folgender Witz in der Festschrift: Da fragt ein Veranstalter beim Anblick des Chores etwas verwirrt: «Das soll ein gemischter Chor sein?» Darauf der Chorleiter: «Ist aber ein gemischter Chor: die eine Hälfte kann singen und die andere nicht.» Da drängt sich der Redaktorin die Frage auf, wie das heute bei Interessenten ist, die dem Chor beitreten möchten. «Müssen diese, wie früher, beim Chorleiter eine Prüfung’ ablegen?» Boutellier lacht: «Nein, man kann einfach mal probehalber mitmachen.» Wer weiss: Vielleicht zeigt bald der eine oder andere Neuzugang sein Talent beim Kirchenchor Gansingen. Zurzeit singt der Chor dreistimmig (Sopran/Alt und Männerstimme). Am 8. Dezember wird er die Senioren-Adventsfeier in Gansingen mit seinem Gesang bereichern.

Der Kirchenchor Gansingen steht unter der Leitung von Hiltrud Krack. Die Proben finden jeweils am Freitagabend, ab 20 Uhr (zurzeit im UG der Turnhalle Gansingen) statt. Interessierte können sich bei Urs Boutellier, Telefon 079 723 00 54 oder kichoga@bluewin.ch melden. Die Festschrift kann auf www.sesomega.ch unter «News» eingesehen werden.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote