«Schwerer Schlag für das Chorwesen»

  30.10.2020 Fricktal

Am Mittwoch hat der Bundesrat entschieden, dass Proben und Auftritte von Laienchören per sofort verboten sind. Unter Fricktaler Chorverantwortlichen fragt man sich: Kehren die Mitglieder nach der Krise in die Proben zurück?

Simone Rufli

Noch am Mittwochmorgen hatte Hanspeter Rehmann, Präsident des Männerchors Kaisten-Laufenburg, gesagt: «Bis vor kurzem sind wir nach der Probe noch miteinander in die Beiz gegangen. Jetzt geht keiner mehr.» Und mit Blick auf die massiv steigenden Corona-Fallzahlen meinte er: «Solange wir noch dürfen, proben wir noch. Wir wissen aber nicht mehr wofür.» Wie viele andere Chöre probte auch der MC Kaisten-Laufenburg seit einiger Zeit schon in der Mehrzweckhalle oder in der Kirche und immer unter dem strengen Schutzkonzept der Schweizerischen Chorvereinigung. Von März bis August war der Probenbetrieb lahmgelegt. «Einen erneuten Stopp verträgt es nicht», betonte Rehmann noch am Mittwochmorgen. Dann kam der Mittwochnachmittag und mit ihm das bundesrätliche Verbot für Proben und Auftritte von Laienchören.

Wie es weitergeht, steht in den Sternen. Erhalten die Dirigenten wieder Arbeitslosengeld? In der Zeit des Lockdowns war das so. Danach mussten die Vereine wieder selber zahlen. Das wird aber zunehmend schwieriger, weil die Vereine keine Anlässe durchführen können.

Nicht unerwartet
«Es sind schwierige Zeiten», sagt auch Remo Leubin, Präsident des Fricktalischen Sängerbunds (FSB) und des Männerchors Schupfart. «In Schupfart haben wir uns bereits vor dem Bundesratsentscheid entschieden, auf die Proben zu verzichten.» Die Idee, die Lücke mit Online-Proben zu füllen, vermag Leubin nicht zu überzeugen. «Abgesehen davon, dass es nie vergleichbar ist mit einer realen Probe, sind bei uns gar nicht alle technisch dafür eingerichtet.» Mit Blick auf die Gefahr, nun als Verein Schaden zu nehmen, meint Leubin: «Letztlich ist die Gesundheit höher zu bewerten.» Chorgesang und Musikproben sind in der Tabelle der häufigsten Ansteckungsmöglichkeiten weit vorne zu finden, das Verbot kam daher für manche nicht unerwartet. «Von unseren rund 30 Sängern hat gut die Hälfte schon seit längerem aus gesundheitlichen Gründen auf eine Teilnahme an den Proben verzichtet», erklärt Rolf Hüsser vom Männerchor Frick.

Gesundheitliche Überlegungen waren auch der Grund, warum der Jodlerklub Laufenburg-Rheinfelden, dessen Präsident Roland Obrist ist, den Probenbetrieb bereits Anfang Oktober eingestellt hat. «Es war zu riskant. Wir haben vorwiegend ältere Mitglieder», so Obrist. Keine Proben, keine Auftritte. «Das gesamte Vereinsleben fällt in eine Art schläfrigen Modus und niemand weiss, ob die Menschen nach der Krise in die Vereine zurückkehren. Die Krise ist Gift für alle Vereine, nicht nur die Gesangsvereine» bedauert Obrist und Hüsser stellt fest: «Gesellschaftliche und kulturelle Vereine werden hart geprüft.»

Bis zuletzt gehofft
Bis zuletzt darauf gehofft, dass Proben weiter möglich sind, hat Arthur Buck, Dirigent des Projektchors Freaktal Singers. Er wäre zwar nicht überrascht, wenn das Singen im Chor – analog zum Amateursport – demnächst verboten werde, meinte er noch am Mittwochmorgen im Gespräch mit der NFZ. «Obwohl die Chöre alles dafür tun, das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten. Wir nehmen die Sache sehr ernst», hatte Buck gesagt und darauf hingewiesen, dass die Freaktal Singers die Anzahl Personen, die auf einmal miteinander proben, immer den Umständen angepasst haben. «Im Frühling, nach dem Lockdown, probten wir lange nur in Fünfer-Gruppen. Natürlich gab es auch bei uns Diskussionen, und ja, es gibt eine Handvoll Sängerinnen und Sänger, die den Proben fernblieben – alle anderen aber wollten weitersingen. Singen tut gut, gerade in Zeiten wie diesen.» Ein paar Stunden später wurde das Verbot ausgesprochen. «Ein schwerer Schlag für das Chorwesen», mehr mochte Buck im ersten Moment nicht sagen. «Der Mensch ist auf soziale Begegnungen angewiesen, unsere Dörfer leben von den Vereinen als Kulturträgern. Aufgeben kommt deshalb nicht in Frage. Ich werde versuchen, den Chor als soziales Gefüge über regelmässige Telefongespräche zusammenzuhalten.»


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