Vom Zollhaus zum Zollhüsli – oder auch nicht

  24.09.2020 Stein

Der Kaufinteressent und seine Pläne am Steiner Brückenkopf

Stimmt die Steiner Gemeindeversammlung dem Verkauf des Zollhauses zu, werden Edgar Steinacher und Franziska Zurfluh aus Gansingen das Erdgeschoss in einen Gastrobereich umwandeln und das Obergeschoss dem Wohnen zuführen.

Simone Rufli

Ein Verkauf des Zollhauses würde eine jahrelange Diskussion über die weitere Nutzung beenden. «Es würde aber auch das Ende der Mitsprache durch die Gemeinde bedeuten, was Konzept und Nutzung anbelangt», gab ein Teilnehmer an der gutbesuchten Informationsveranstaltung vom Dienstagabend im Steiner Saalbau zu bedenken. Ob der Gemeinderat verkaufen wolle, um dem Auftrag der Gemeindeversammlung nicht nachkommen zu müssen, war eine andere Frage. Besagter Auftrag verlangt vom Gemeinderat die Gegenüberstellung der vorliegenden Projekte I und II. «Man kann doch einen Volksentscheid nicht einfach so übergehen.» Davon könne keine Rede sein, hielt Gemeindeammann Beat Käser entgegen. «Wenn die Gemeindeversammlung sich gegen den Verkauf ausspricht, machen wir selbstverständlich die Gegenüberstellung», versicherte auch Gemeinderätin Sabine Datz. Sie hatte ihren ersten Auftritt seit Amtsantritt zu Jahresbeginn. Selbst Personen, die an sich nichts gegen den Verkauf des Zollhauses an Edgar Steinacher und auch nichts gegen die geplante Nutzung, wie sie Franziska Zurfluh präsentierte, einzuwenden hatten, taten sich schwer damit, dass keine öffentliche Ausschreibung stattgefunden hat. «Wie sollen sich da weitere Kaufinteressenten melden?»

Herzblut und tausend Ideen
Ob es besser wäre, das Haus dem Meistbietenden zu verkaufen, ohne Einfluss nehmen zu können auf das Konzept. Oder doch an Steinacher zum Preis von 500000 Franken, mit Rückkaufsrecht innert zehn Jahren – «im Wissen darum, dass sich das Nutzungskonzept der beiden mit unseren Vorstellungen weitgehend deckt», wollte Beat Käser wissen. Den Weg vom Zollhaus zum «Zollhüsli» würden sie «mit Herzblut und tausend Ideen im Kopf» gehen, betonte Franziska Zurf luh. Sie plant, das Wirtepatent zu machen und wäre die Geschäftsführerin. Im Erdgeschoss Gemütlichkeit, wechselnde Angebote, Events, eine Gartenwirtschaft zwischen Zollhaus und Lindt-Gebäude, aussergewöhnliche Getränke, regionale Produkte, Lesungen, Ausstellungen, oben ein Wohnbereich, Aufteilung noch unbestimmt. «Das Zollhaus würde der Gemeinde erhalten bleiben, als Zollhüsli zur Marke werden und der Bevölkerung zugänglich sein», schloss Zurfluh.

Neben Bedenken gab es auch Unterstützung für den Gemeinderat: «Gut, dass gehandelt wird!», lobte zum Beispiel ein Einwohner. Tatsächlich droht das Thema Zollhaus zu einer unendlichen Geschichte zu werden: 2009 kaufte die Gemeinde das Zollhaus für 480000 Franken. 2012 wurde der Projektierungskredit für Zollhaus und Brückenkopf gutgeheissen. Vier Jahre später, im 2016, wurde Projekt 1 von der Gemeindeversammlung abgelehnt, im Jahr darauf auch an der Urne. 2019 schliesslich lehnte die Gemeindeversammlung auch Projekt II ab, verbunden mit der Rückweisung an den Gemeinderat mit dem Auftrag, Projekt I und II einander gegenüberzustellen sowie die Wohnnutzung zu prüfen. Dass diese Gegenüberstellung bisher nicht erfolgt ist, begründete Gemeinderätin Sabine Datz damit, dass man – als im Februar die Kaufanfrage von Edgar Steinacher auf der Gemeinde eintraf – nicht weitere Kosten habe verursachen wollen. «Kosten, die sich im Falle einer Zustimmung zum Verkauf als unnötig erweisen würden.» Gemäss Datz sind bisher Kosten in der Höhe von 153000 Franken angefallen.

9,3 Millionen für die Schule
Apropos Kosten. Auch das Traktandum Schulraumplanung «Brotkorb» ist nicht ganz günstig. Wie Sabine Datz erklärte, bevorzugt der Gemeinderat Variante B, will heissen den Anbau eines Verwaltungstrakts ans Schulhaus A. Dieses soll nachträglich unterkellert werden. Schulhaus C (Kochschule, Hauswirtschaft) soll so umgestaltet werden, dass die derzeit ausgelagerte Musikschule und Spielgruppe zurückgeholt werden können. Für die ganze Schulanlage gelte: Die sanitären Anlagen aus den 1970er-Jahren sind zu erneuern, behindertengerechte Anpassungen sind vorzunehmen, die Erdbebensicherheit ist zu gewährleisten. Ziel sei es, mit zusätzlichen Gruppenräumen den Anforderungen des Lehrplans 21 und der integrativen Schulung gerecht zu werden, sowie dauerhaft Mietkosten für ausgelagerte Räumlichkeiten einzusparen Der Gemeinderat rechnet mit Gesamtkosten in der Höhe von 9,3 Millionen. Bei Zustimmung durch die Gemeindeversammlung im Dezember könnte mit dem Bau des Verwaltungstrakts im Juni 2021 begonnen werden. «Und unsere Schule wäre für die nächsten 20 Jahre wieder gut aufgestellt», so Datz. Das Projekt Turnhallen-Ersatz will der Gemeinderat erst nach dem Entscheid über den Mittelschulstandort angehen.


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