«Erinnerungsfotos regen zu Anekdoten an»

  21.09.2020 Magden

Marcel Hahn hat historische Fotos in einem Buch festgehalten

Seit 50 Jahren fotografiert der Magdener Marcel Hahn bauliche Veränderungen. Ältere und neuere Fotografien aus dem persönlichen Archiv und weiteren Quellen illustrieren 170 Magdener Gebäude im Wandel der Zeit.

Clara Rohr-Willers

«Erinnerungsfotos regen zu Anekdoten und Diskussionen über die Vergangenheit an», schildert Marcel Hahn. Sein Buch «Magden – Erinnerungen» illustriert bauliche Veränderungen von rund 170 Gebäuden anhand von älteren und neueren Fotografien. Neben 50 ehemaligen oder immer noch aktiven Bauernhöfen und -häusern, wie sie unter anderem auch Edy Kaiser in den 1960er-Jahren erlebt und in einer Ausgabe der letztjährigen Magdener Dorfzeitung beschrieben hatte, zeigt Marcel Hahn auch Veränderungen an Gewerbe- und Wohnhäusern, die teilweise nicht mehr existieren.

Die ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner kannte er persönlich
Die Titel auf den einzelnen Seiten entsprechen den damaligen Bewohnerinnen und Bewohnern oder Eigentümern, die Marcel Hahn persönlich gekannt hatte. Auf die Gebäude an der Hauptstrasse folgen jene in den davon abgehenden Seitenstrassen. Für die Kommentare und Fakten zu den Gebäuden bediente er sich Publikationen und persönlichen Erinnerungen.

Während er seit den Nullerjahren mit einer Digitalkamera fotografiert, stammen die Fotografien ab den 1960er-Jahren von Schwarzweiss, Farb- oder DIA-Filmen. «Mit den Filmspulen (20 oder 36 Aufnahmen pro Film) musste man haushälterisch umgehen und vieles wurde dadurch nicht festgehalten», so Hahn. Sein über die Jahre zusammengetragenes fotografisches Inventar erhebe keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. «Neben historischen Aufnahmen zeigt es die Gebäude nicht immer perfekt, aber so, wie ich sie zum Zeitpunkt der Aufnahme gesehen und erlebt habe», schildert der 73-Jährige. Neben seinem eigenen Fotoarchiv dienen ihm die Archive Otto Mosers, jenes der Gemeinde Magden sowie Flugaufnahmen der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH).

Familiengeschichte als Teil der Geschichte des Dorfes
«In meiner Kindheit wurde immer mal wieder fotografiert», sagt Marcel Hahn, dessen Vorfahren Ende des 18. Jahrhunderts vom elsässischen Massevaux nach Magden gezogen sind. Die mit Box-, Faltenbalg- oder Kompaktkameras erstellten Fotografien seines Vaters, Oskar Hahn, zeigen die Familie auf An-lässen oder Reisen. «Während der zehntägigen Ferien wollte mein Vater, ein gelernter Schlosser, möglichst viel von der Welt sehen», erinnert sich Marcel Hahn. Im Gegensatz zu der grossen Mehrheit der Magdener Kinder der 1950er-Jahre, die den Sommer durch auf den Bauernhöfen mithalfen, bereiste er mit seinen Eltern und Bruder Bruno die Atlantikküste oder Italien. «Wo sind Ihr wieder gsi?», hätten ihn die Kameraden bei seiner Rückkehr gefragt. «Als ich mit 20 Jahren eine Spiegelreflexkamera namens Edixa Mat erhielt, fotografierte ich zunächst alles Mögliche», beschreibt Marcel Hahn. Bewusst festgehalten habe er den Abriss des Wohnhauses seines Grossvaters Rheinhold Hahn, der in einem Anbau an das Haus am Sonnenplatz 1 gewohnt hatte. «Mit 22 Jahren beschloss ich intuitiv, fortan bei jeder angekündeten Gebäudeumnutzung oder einem Abriss vor Ort zu sein und Veränderungen fotografisch festzuhalten», so Hahn. Zum Wohnhaus-Bild seines Grossvaters steht: «Mein Grossvater Rheinhold Hahn, ‹dr Hahnreini›, kaufte 1917 von Emil Moser das rechtsseitig angebaute Gebäude inklusive der halben Scheune für 5000 Schweizer Franken. Interessant ist das auf der Giebelseite sichtbare Fachwerk. Hinter dem Haus befanden sich die Waschküche und Grossvaters ‹Buttig›. Das Gebäude wurde 1969 verkauft und abgerissen.»

Fotografien illustrieren Facetten Magdens im Lauf der Zeit
«Über viele Gebäude könnte man ein ganzes Buch schreiben», sagt Marcel Hahn und nennt beispielsweise den seit 1850 bestehenden Hofackerhof, der ab 1940 Johann Burkhalter gehörte und heute luxuriöse Wohnungen beinhaltet, oder die ehemalige Schmiede an der Hauptstrasse. «Bevor Otto Damann die Huf- und Wagenschmiede übernahm, waren die Schmiede Kümmerli und später Rauscher dort aktiv», so Hahn. Nachdem die «Schmitte» aufgegeben beziehungsweise die Landmaschinenwerkstatt und der Sanitärzweig der Damann AG ins Gewerbegebiet umgezogen waren, sind später eine Kunstschlosserei, ein Glasatelier, eine Bäckerei und heute das Café-Bäckerei «Zur Schmitte» in die Räumlichkeiten gezogen.

Während Fotos der ehemaligen Zehntentrotte des Stifts Olsberg, des ehemaligen Dreschschopfes oder Milchhauses von der hauptsächlich landwirtschaftlich geprägten Geschichte Magdens zeugen, zeigen Fotos der ehemaligen Sägerei Kaiser, die 1988 der Turnhalle «Juch» weichen musste oder jene des Hauses von Johann Müller, der einst mit Kaffee der Marke Obuka gehandelt hatte, weitere Facetten Magdens.

Lebendiges Dorf durch Gespräche untereinander
«Früher war rund um die Bauernhäuser sieben Tage die Woche Betrieb und ein Gang durchs Dorf führte zu manch einem Gespräch», erinnert sich Marcel Hahn. Durch die Begegnungen erfuhren die Bewohnerinnen und Bewohner von gegenseitigem Freud und Leid, was immer wieder zu gegenseitiger Hilfe geführt habe.

«Was mich damals vor über fünfzig Jahren bewogen hat, im Dorf Häuser zu fotografieren, weiss ich nicht mehr genau», so Hahn. Sein Beruf habe ihn gelehrt, dass stetige Veränderungen zum Leben dazu gehörten, schildert der gelernte Laborant, der im Verlauf seines Berufslebens verschiedene Fusionen in der Chemie miterlebt hatte.

Das Gegenüberstellen alter und neuerer Gebäudefotografien ermöglicht auch das Einordnen von persönlichen Veränderungen der Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner – und gibt Anlass zu generationenübergreifenden Gesprächen.


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