«Auf die Fricktaler Fundstellen darf man stolz sein»

  20.09.2020 Persönlich, Wittnau

Valentin Häseli ist angehender Archäologe

Valentin Häseli studiert in Basel Archäologie und kennt sich mit der frühen Geschichte des Fricktals aus. Er liebt seine Heimatregion und schätzt die hiesigen römischen Fundstellen, die sowohl spannend wie auch von grosser Bedeutung sind.

Birke Luu

Oft wird an dieser Stelle über jemanden geschrieben, der auf eine lange berufliche Laufbahn zurückblicken kann. Diesmal ist das Gegenteil der Fall. Valentin Häseli ist erst 26 Jahre jung und noch mitten im Studium. Dennoch hat er schon mehrfach praktische archäologische Erfahrung gesammelt und interessiert sich sehr für die Fricktaler Geschichte.

«Mich interessiert, wie man die Dinge früher gebaut oder hergestellt hat, und wie wir an den Punkt gekommen sind, wo wir uns heute befinden», erklärt Valentin Häseli. Ihn fasziniert es, wenn er an einer Grabung etwas findet und dann eine 3500 Jahre alte Scherbe als Verbindung zu früher in der Hand hält. Je mehr Hintergrundwissen man dabei hat, desto mehr erkennt man an und in einem Fundstück. Spezifische Details, die Kunstfertigkeit des Handwerkers, die Schönheit der Objekte. Letztendlich gehe es dann darum, die grossen Zusammenhänge zu sehen und die Funde in ein weites räumliches und zeitliches Netzwerk einordnen zu können.

Aus Interesse am Fricktal zu Römer-Zeiten
Da es diese materiellen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren dem 26-Jährigen besonders angetan haben, hat er sich für ein Studium der Archäologie entschieden – und nicht etwa für Geschichte, wo der Fokus auf der Interpretation von Schriftquellen liegt. Aufgewachsen auf einem Bio-Hof etwas ausserhalb von Wittnau, drängt es ihn einfach nach draussen. Er helfe gerne auf dem Hof mit, holze im Wald oder gehe wandern. Einen vielseitigen Job, bei dem man hin und wieder auch mal an die frische Luft komme und bei einer Grabung wie auf dem Bau schuften müsse, oder dürfe, findet er sehr attraktiv. Jetzt könnte er ja auch Ägyptische oder Lateinamerikanische Archäologie studieren, doch das reizt ihn nicht. «Ich bin schon sehr an der lokalen Geschichte interessiert und habe kein Fernweh», meint der junge Wittnauer zufrieden. Zudem sei das Fricktal für seine gut erhaltenen Fundstellen bekannt, so dass man hier sehr viel forschen könne.

Valentin Häseli studiert, um es endlich einmal vollständig auszudrücken, am Departement Altertumswissenschaften der philosophisch-historischen Fakultät der Universität Basel die folgenden beiden Schwerpunkte: ur- und frühgeschichtliche und provinzialrömische Archäologie sowie prähistorische und naturwissenschaftliche Archäologie. 2016 hat er damit angefangen, im Dezember möchte er seinen Bachelor machen und in ein paar Jahren dann seinen Master. Doch zurück zu seinem persönlichen Schwerpunkt. «Ich habe mir die römische Geschichte ausgewählt, da es in Basel einen Professor gibt, der auch einige archäologische Projekte hier im Fricktal leitet.» Der Vorteil an der römischen Zeit sei dabei, dass es aus ihr zahlreiche Schriftquellen gebe, die das Hintergrundwissen erweitern. Zudem hätten in der Römerzeit steinerne Bauten dominiert, so dass deren Reste heute noch relativ gut – oder sogar eindrücklich – zu erkennen sind. Die frühmittelalterlichen Holzhäuser haben da deutlich weniger Spuren hinterlassen.

Kontakte, Praktische Erfahrung und Zusatzfähigkeiten
Spuren hinterlassen hat auch die Gotte von Valentin Häseli, die ihn schon früh mit ins Museum nahm, und der Vater eines Oberstufen-Kollegen, David Wälchli, der als Grabungstechniker bei der Kantonsarchäologie arbeitet und den interessierten Schüler vor elf Jahren zum ersten Mal zu einer Grabung mitnahm. Danach blieben sie in Kontakt, durch ihn trat Valentin Häseli 2016 der Fricktalisch-Badischen Vereinigung für Heimatkunde bei, veröffentlichte in deren Jahresschrift sogar einen Bericht. Doch auch an der Universität ist der angehende Archäologe sehr aktiv. Er ist Hilfsassistent im Bereich provinzialrömische Archäologie und lernt dabei all jenes, das Lehrveranstaltungen nicht bieten können, jedoch dringend notwendig ist, um später einen der wenigen Jobs in diesem Bereich zu bekommen. Die dadurch ermöglichten Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern sind ebenfalls von Bedeutung.

Eher inhaltlich lehrreich waren verschiedene Universitäts-Projekte, an denen er aktuelle archäologische Techniken und interdisziplinäres Schaffen im Feld beigebracht bekam. Er war sowohl für geophysikalische Prospektionen in Augusta Raurica, aber auch für eine Lehrgrabung im Jura oder zur Datierung alter Wasserleitungen im Wallis unterwegs. Das eindrücklichste Feld-Erlebnis hatte er jedoch noch vor seinem Studium bei einer Grabung in Windisch, wo ausserhalb des Legionärslagers über 400 Jahre lang eine rege Bautätigkeit geherrscht hatte. «Wir haben so viel Mauern, Münzen und anderes dort gefunden, das war extrem beeindruckend und lehrreich», schwärmt er noch heute davon. Normal sei so ein reicher Fund nicht. «Mit einer Ichwill-was-finden-Haltung an eine Grabung heranzugehen, das kann man vergessen», weiss der Nachwuchs-Archäologe inzwischen. Normalerweise finde man bei einer Metalldetektor-Prospektion eher Cervelat-Ringe als Münzen, lacht er.

Kein Ende in Sicht
Wohl aufgrund des Reichtums an römischen Hinterlassenschaften hat das Fricktal eine sehr lange Tradition an Freizeit-Archäologen, was aussergewöhnlich ist. Auch im Heimatort Wittnau wurde schon vor rund 90 Jahren gegraben. Hat Valentin Häseli da nicht die Sorge, dass den Archäologen dort bald die Arbeit ausgehen könnte? Er lacht wieder. «Nein, das glaube ich nicht. Wir haben heute ganz andere technische Möglichkeiten als vor 100 Jahren», erläutert er. Alte Ergebnisse müssten daher neu überprüft werden, zudem untersuche man heute alles viel genauer. Arbeit wäre also vorhanden, ein künftiger Job bei der Kantonsarchäologie sehr interessant. Momentan jedoch steht erst mal seine nächste Prüfung und sein Uniabschluss an. Ob er später dann mal als Archäologe eine Anstellung finden wird oder doch auf dem Hof mitarbeitet oder vielleicht ja beides in Kombination, das lässt er noch auf sich zukommen. Auf jeden Fall aber möchte er im Fricktal bleiben, denn hier fühlt er sich wohl, hier kennt er sich aus.


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