Bäumige Dame mit Herz

  16.07.2020 Fricktal, Natur

Linde – ein Baum voll positiver Bedeutungen

Auf dem künstlich angelegten Herrain in Schupfart stehen gleich vier mächtige Linden. In Laufenburg am Bahnhof wurde eine vor 128 Jahren anlässlich der Eröffnung der Bahnlinie Koblenz-Stein gepflanzt. Und als Wappensujet ist der Baum und insbesondere sein Blatt ebenfalls im Fricktal sehr präsent.

Susanne Hörth

In die warme Sommerluft mischt sich zurzeit vielerorts ein intensives, nichtsdestotrotz unaufdringliches Blütenparfüm. Dessen Trägerin darf sich rühmen, mit zunehmendem Alter und Umfang an Beliebtheit zu gewinnen. Und auch ihr Herz – das gleich tausendfach – trägt sie am rechten Fleck. Die Rede ist von der Linde, einer bäumigen Dame mit gekröntem Haupt voller herzförmigen Blättern.

Heute in erster Linie als Schattenspenderin willkommen, kam der Linde in Laufe der Jahrhunderte eine Vielfachaufgabe zu. Durch die symbolische Bedeutung wurde der Baum und sein «Herz»-Blatt auch zu einem beliebten Siegel- und Wappensujet. Auch im Fricktal. «Die Homburger Vögte, die Ortsvorsteher von Frick, hatten das Lindenblatt auf ihrem Amtssiegel», nennt der Ueker Historiker Linus Hüsser ein Beispiel. Es zierte zudem das Wappen des Kantons Fricktal. Kurzzeitig nur, denn die Geschichte des Kantons Fricktal dauerte gerade einmal von 1802 bis 1803. Das Kurzzeitige bezieht sich auf besagten Kanton, nicht aber auf das Lindenblatt-Motiv. Es befand sich, bis es 1931 vom roten, aufspringenden Fuchs abgelöst wurde, auf dem Fricker Gemeindewappen.

Für Schupfart ist es bis heute das Symbol der Gemeinde geblieben. Im Zusammenhang mit der symbolträchtigen Linde weist Historiker Linus Hüsser noch auf eine Besonderheit in Schupfart hin. Die Gemeinde beschreibt sie auf ihrer Website wie folgt: «Ein Wahrzeichen von Schupfart stellt der Herrain mit seinen vier Linden, der am nördlichen Rand des alten Dorfkerns von Schupfart liegt, dar. Wenn diese im Laub stehen, könnte man meinen, dass es sich dabei nur um eine grosse Linde handelt.»

Baum des Volkes
Linus Hüsser erinnert sich im Gespräch mit der NFZ auch an ein umfassendes Kapitel, welches die fricktal-badische Vereinigung für Heimatkunde in ihrer Jahresschrift 1945 der Linde gewidmet hat. Da steht geschrieben, dass die Linde Jahrhunderte lang der Baum des Volkes war. Er galt bei den Germanen als heilig. Im Mittelalter wurde der Linde die Rolle als Beschützerin von Recht und Gerechtigkeit zuteil. Deshalb wurden Gerichtsverhandlungen in den Dörfern oft am Fusse einer Linde abgehalten. Und nicht nur im Lied/Gedicht «Am Brunnen vor dem Tore, steht ein Lindenbaum». Auf den Plätzen vor alten Bauernhäusern verbindet man mit ihm die Hoffnung für eine gute Ernte. Und dann wären da ja noch die heilenden Kräfte der Blüten. Lindenblütentee lindert so manche Beschwerden. Zu den Krankheiten, welche die Linde nicht zu heilen vermochte, gehört die Pest. Um an die Opfer von solchen Epidemien zu gedenken, wurde nicht weit vom Fricktal entfernt vor mehreren Jahrhunderten ein junger Baum gepflanzt. Sie, die Linner Linde, gilt heute in der Schweiz als eine der grössten ihrer Art und ist zu einem beliebten Ausflugsziel geworden.

Die Laufenburger Bahnhofslinde
Im Schatten einer grossen Linde fand vor drei Jahren eine kleine Feier auf dem Bahnhof in Laufenburg statt. Grund für das Fest war das 125-Jahre-Jubiläum der Bahnstrecke Koblenz-Stein. In Laufenburg geht man davon aus, dass die Linde anlässlich der Eröffnung der Linie am 1. August 1892 gepflanzt worden ist. Während der Baum weiter gedeiht ist das Rattern der Personenzüge auf der Verbindung Koblenz-Stein seit 1994 verstummt. Mittlerweile laufen aber politische Bestrebungen, die Strecke zu reaktivieren. Und wer weiss, vielleicht wird der gute Geist der Laufenburger Bahnhofslinde hier auch zu einem Erfolg der Initianten beitragen.


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