«Die Kulturnacht wäre sehr toll geworden»
09.07.2020 RheinfeldenMit dem badischen Kulturchef Claudius Beck endet eine Ära in beiden Rheinfelden
Momentan überwiegt der Corona-Frust, wenn der Kulturchef der Stadt Badisch-Rheinfelden, Claudius Beck, in Rente geht. Aber er blickt auf erfolgreiche 14 Jahre zurück, in denen auch die kulturelle Zusammenarbeit mit der Schweizer Schwesterstadt entstand.
Boris Burkhardt
Alle, die dieses Jahr ihr Amt in andere Hände übergeben, ob ehrenamtlich oder beruf lich, hätten sich ihren Abschied anders vorgestellt. Für den Kulturamtsleiter der Stadt Badisch-Rheinfelden, Claudius Beck (66), ist es jedoch besonders bitter, dass er vor seiner Pensionierung diese Woche wegen Corona auf die Kulturnacht im Mai und die Brückensensationen im August verzichten muss, beides Veranstaltungen, die er in den vierzehneinhalb Jahren in Rheinfelden etablierte und die beide Rheinfelden zusammen organisieren. Zuletzt vergälle ihm die restriktive Corona-Politik der Stadt auch die inzwischen gesetzlich möglichen Veranstaltungen bis zu 200 Personen: «Wenn ich das alles gewusst hätte, wäre ich vorzeitig in Rente gegangen.»
«Doch wenige Wochen am Schluss sollen nicht die insgesamt 700 schönen Wochen als Kulturamtsleiter in Rheinfelden kaputtmachen», relativiert Beck den Frust. Als er von seiner Heimat in Markdorf am Bodensee nach Badisch-Rheinfelden an den Hochrhein kam, war Not am Mann: Es war das Jahr 2006, und die Stadt suchte dringend jemanden, der das Kulturprogramm zur anstehenden Landesgartenschau «Grün 07» entwerfen und umsetzen würde. «Ich überzeugte die Stadt mit meiner praktischen Erfahrung», erinnert sich Beck. 200 Veranstaltungen stellte er für vier Monate Landesgartenschau auf die Beine; geblieben sind davon bis heute die Brückensensationen beider Rheinfelden.
Wegzug aus Rheinfelden
Erfahrung hatte Beck 13 Jahre lang als Inhaber einer Künstleragentur gesammelt: Er vermittelte vor allem Artisten an Firmenevents und organisierte Varietés und Dinnervarietés. Der Kulturagentur Claudius Beck will er sich als Freiberufler nun wieder vermehrt widmen: «Aber das hat keine Eile.» Sein Wohnort ist schon seit langem Salem mit dem berühmten Schloss; zu seiner Frau Margret und seinem 23-jährigen Sohn kehrte er an freien Tagen zurück. Nun wird er seine Wohnung in Rheinfelden auflösen. Beck empfindet es als Vorteil, als Pensionär nicht in der Nähe seines Arbeitsplatzes zu wohnen: An ehemaligen Kollegen aus dem Rathaus sehe er, wie sie immer noch starken Anteil an den politischen und sozialen Entwicklungen der Stadt nähmen.
Grenzschliessungen fand er «unverhältnismässig»
Wie für alle Kulturbetriebe war Corona für Beck «am Anfang ein Schock». Das Kulturprogramm von April bis September war damals schon gedruckt; nun bezeichnet es Beck sarkastisch als «Geisterprogramm». «Am Anfang war es schwierig, die Konsequenzen des Shutdowns zu erfassen», erinnert sich Beck. Doch schon Anfang März sei klargewesen, dass die Kulturnacht beider Rheinfelden im Mai, die nur alle drei Jahre stattfindet, ausfallen werde. Beck findet das besonders schade, weil sich die Schweizer Schwesterstadt dieses Jahr im Gegensatz zu 2017 wieder stark beteiligt hätte: «Das wäre sehr toll geworden.» Umso ärgerlicher waren für Beck die «unverhältnismässigen» Grenzschliessungen. «Nicht einmal die Redaktion von ‹2x Rheinfelden› konnte sich treffen», berichtet er vom gemeinsamen Kulturmagazin beider Städte: «Ich habe das nicht nachvollziehen können und finde es traurig.»
So wagte sich Beck kurz vor seiner Pensionierung noch in neue Gefilde und organisierte mit seinen Mitarbeitern wenigstens noch ein kleines Onlinestreaming-Programm für die Kulturnacht, das sich immerhin 1600 Leute ansahen. «Ob die Kulturnacht nun nächstes Jahr live nachgeholt wird oder erst wieder 2023 stattfindet, liegt nun in den Händen meiner Nachfolgerin.» Eine weitere Adaption an die Corona-Zeiten waren die sechs Veranstaltungen der «Auto Comedy» im Juni und Juli, bei der auch der Schweizer Shooting-Star Hazel Brugger vor den 400 Menschen in ihren Autos auf der Bühne im Vacono-Dome auftrat. Insgesamt hätte die «Auto Comedy» mehr Zuspruch verdient, findet Beck; aber er weiss, dass sich die Kultur in einer Industriestadt wie Rheinfelden nie verlässlich planen lässt: «Wenn es die Leute interessiert, kommen sie, wenn nicht, kommen sie nicht. Das ist unabhängig von der Zeit, dem Ort oder der Menge an Werbung für den Anlass.»
Persönlich bedauert es Beck besonders, dass die Pandemie einen Strich durch seine Pläne machte, in den letzten Monaten vermehrt Kultur und Museen in der Region Basel zu geniessen: Während seiner Amtszeit habe er wenig Gelegenheit dazu gehabt, sagt er. Nun könnte er sich vorstellen, das mit seiner Frau in kommenden Ferien nachzuholen: «Unbeschwert und ohne Verpflichtungen.»