Als wäre morgen das nächste Rennen

  09.06.2020 Fricktal, Sport

Gesegnet mit Talent, gefordert in Geduld: das Bike-Team aus dem Fricktal

Die Fahrerinnen und Fahrer des Remax Bike-Teams sind jung, erfolgshungrig – und ein Versprechen für die Zukunft.

Ronny Wittenwiler

«Da bin ich vorsichtig», sagt Urs Huber und lacht. «Sonst heisst es später, ich hätte eine grosse Klappe gehabt.» Seine Vorsicht kommt nicht von ungefähr. Die Wege im Spitzensport sind steinig und steil, manchmal gehen sie hinter der nächsten Kuppe unvorhergesehen bergab. Fakt ist aber auch: Der bislang zurückgelegte Weg von Urs Hubers Schützlingen kann sich sehen lassen. Aargauer-Meistertitel, Schweizer-Meistertitel, ja gar Europa-Meistertitel zieren das Palmares. Urs Huber aus Sulz trainiert zusammen mit Rolf Leubin aus Schupfart das Remax Bike-Team, das immer mal wieder für Furore im Nachwuchsbereich sorgt. Wer nun allerdings die Webseite des Teams besucht, stösst zuerst auf diese Meldung: «Es gibt uns noch!» Urs Huber erklärt.

«Seit Oktober im Training für diese Saison»
In den letzten Monaten hatte auch diese Truppe keine Gelegenheit, sich in sportlicher Hinsicht bemerkbar zu machen. Was es bedeutet, all den Schweiss, die Entbehrung und das Leiden im Sattel nicht auf die Früchte des Erfolgs ummünzen zu dürfen, erklärt Huber so: «Wir sind seit letztem Oktober im Training für diese Saison. Jetzt haben wir Juni und wir sind noch kein Rennen gefahren.» Dieser Umstand ist mit ein Grund für das nun gesetzte Ausrufezeichen: «Es gibt uns noch!» Mit dem Lockdown seien die jungen Fahrerinnen und Fahrer erstaunlich gut umgegangen, sagt der Übungsleiter mit Blick zurück. «Sie haben mit Vollgas weitergearbeitet, mit einer Motivation, als wäre schon morgen das nächste Rennen.» Und all das, unter besonderen Bedingungen. «Normalerweise haben wir ein- bis zweimal wöchentlich ein Teamtraining, das war nicht möglich.» Umso glücklicher ist man nun über die Lockerungen. «In der Gruppe profitieren die Fahrer voneinander. Sie können einander fordern.»

Warum diese Talente nicht im falschen Team sind
Dieses Kribbeln in den Beinen eines Radsportlers, der nur darauf wartet, dass es wieder losgeht. Es ist auch bei Urs Huber spürbar und seine jungen Fricktaler Mountainbiker scheinen förmlich darauf zu brennen, endlich Antwort auf eine ganz entscheidende Frage zu erhalten: Wo stehen sie im Vergleich zu den anderen Fahrern? «Sollte die Kurve von Covid-19 nicht wieder ansteigen, werden nach den Sommerferien sicher wieder Rennen gefahren», sagt Huber. «Für die Europameisterschaft dürfte es dieses Jahr keinen Ersatztermin mehr geben. Aber nationale Veranstalter werden versuchen, wieder Wettkämpfe durchzuführen.» Es wäre der Lohn für ein hochtalentiertes Bike-Team aus dem Fricktal, dessen Fahrer sich auf dem Weg steil nach oben befinden. Noëlle Rüetschi und Lea Huber werden immer wieder für den Nationalkader eingezogen, Jan Huber ebenfalls. Die etwas provokative Frage, ob sich bei so viel Talent die jungen Fahrer nicht im falschen Team befinden, beantwortet Huber gelassen: «Nein. Wir hoffen selbst, dass sie einmal von einem grossen Team abgeholt werden. Unser Ziel ist es, unsere Fahrer möglichst lange zu begleiten, damit sie dann diesen Sprung machen können.» Huber sagt das, um gleich im nächsten Moment einen Gang herunter zu schalten: «Es ist aber nicht so, dass wir täglich einen Anruf erhalten, bei dem ein grosses Team unsere Fahrer umwirbt. Für so etwas ist im Radsport, insbesondere im Nachwuchsbereich, zu wenig Geld vorhanden.»

Der Traum von der Karriere und die Tücken
Ohnehin geht es nun darum, sich das Team-Trikot des Fricktaler Rennstalls überzustreifen und bereit zu sein, wenn die Saison dann doch noch losgeht – dort draussen im Gelände, wo es manchmal bergab und für die Fricktaler sportlich weiter steil nach oben gehen soll. Huber sieht es so: «Sie alle haben Talent. Doch das allein reicht nicht, um es nach ganz vorne zu schaffen. Viele kommen nun in die Berufslehre. Das alles unter einen Hut zu bringen, ist schwierig. Wenn wir sie gut durch diese Zeit bringen, ist alles möglich.» Und jetzt kommt der Moment, den Huber mit eben diesem Lachen quittiert und einer Portion Zurückhaltung: «Sonst heisst es später, ich hätte eine grosse Klappe gehabt.» Stand jetzt, das zeigen die bisherigen Erfolge: In diesem Team sind für den Schweizer Bike-Sport Hoffnungsträger am Start, denen eine grosse Karriere winken kann. Zuerst aber kommt endlich der Tag näher, an dem es heisst: «Morgen ist das nächste Rennen.»

Die fünf Fahrer des Fricktaler Remax-Nachwuchsteams sind Noëlle Rüetschi, Lea Huber, Tim Brutschi, Jan Huber und Miro Leubin. Neben den beiden Trainern Urs Huber und Rolf Leubin gehören auch Theo Obrist und David Held zum Staff. Weitere Infos zum Bike-Team im Internet: www.remax-biketeam.ch.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote