Digitalisierung auch im Grossen Rat

  14.05.2020 Aargau, Politik

Bericht aus dem Grossen Rat

Die Sanierung des Bildungszentrums Zofingen, das Betreuungsgesetz, die Optimierung der Ausbildungsund Beschaffungsprozesse bei der Feuerwehr, die Digitalisierung von Vorstössen und die Einführung eines elektronischen Impfdossiers waren die Hauptthemen im Rat.

SPREITENBACH. Nach zwei Monaten Zwangspause hat am letzten Dienstag der Grosse Rat wieder getagt. Tagungsort war wegen der Abstandsvorschriften nicht wie gewohnt Aarau, sondern die eigens dazu hergerichtete Umweltarena in Spreitenbach. Ratsleitung und der Parlamentsdienst haben den Saal äusserst professionell vorbereit, so dass die Ratssitzung problemlos verlief. Zu Beginn hat die Ratspräsidentin, das Rücktrittsschreiben vom Fricktaler Grossrat Roland Agustoni vorgelesen. Er war Ratsmitglied seit April 1997, zuerst für die SP und dann für die GLP, immer gut vorbereitet und argumentativ, kein bequemer Politiker. Aber das ist für eine politische Debatte von Vorteil und hilft, die eigenen Argumente zu schärfen.

20 Millionen für das Bildungszentrum Zofingen
Der Grosse Rat hat dem 20 Millionen-Kredit für die Sanierung des Bildungszentrums Zofingen deutlich zugestimmt. Es geht um die erweiterte Instandsetzung des kantonalen Teils des Bildungszentrums, inklusive der Senkung des energetischen Aufwands um bis zu 30 Prozent. Im Aargau sollen Menschen mit Behinderungen künftig mehr Möglichkeiten erhalten, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten: Einstimmig hat der Rat das Betreuungsgesetz in erster Lesung gutgeheissen. Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf die nötige Betreuung. Selbstbestimmung und Teilhabe an der Gesellschaft von Menschen mit Behinderungen gewinnen an Bedeutung. Finanzielle Fehlanreize, die stationäre Leistungen begünstigen, sollen vermieden werden, indem ambulante Leistungen grundsätzlich gleich finanziert werden wie stationäre. Sie ermöglichen Menschen mit besonderen Betreuungsbedürfnissen mehr Selbstbestimmung, zum Beispiel mit Lebensformen ausserhalb stationärer Einrichtungen und erhalten Unterstützung bei der Organisation und Bewältigung des Alltags. Ebenfalls einstimmig wurde der Vorlage zur Gebäudeversicherung und dem Feuerwehrgesetz in 1. Lesung zugestimmt. Nebst Änderungen im Fondswesen geht es um eine Optimierung der Ausbildungs- und Beschaffungsprozesse (Brandschutzbekleidung). Die Aargauische Gebäudeversicherung soll künftig die Brandschutzbekleidungen für die Feuerwehrleute kaufen und an die Gemeinden vermieten. Gegen den Widerstand des Regierungsrates hat der Grosse Rat einen Vorstoss zur Einführung eines elektronischen Impfdossiers auf freiwilliger Basis überwiesen. Die Digitalisierung hat auch im Grossen Rat Einzug gehalten. Grossräte können künftig Vorstösse an Sitzungstagen elektronisch einreichen. Wegen der Pandemie sind die Kommissionen erstmals dazu übergegangen, Sitzungen per Videokonferenz abzuhalten. Das hat gut funktioniert. Ich bin gespannt, ob diese Variante auch inskünftig für kurze Sitzungen gebraucht wird. Die lange Anreise nach Aarau würde sich erübrigen. Daneben wurde noch eine grosse Zahl von politischen Vorstössen abgearbeitet.


KOMMENTAR

Parlament und Notrecht

Die Corona-Krise zeigt eindrücklich, über welche Machtfülle die Exekutive in einer ausserordentlichen Lage verfügt. Sie kann massiv in die Versammlungsfreiheit und in die Wirtschaftsfreiheit eingreifen. Demokratische Grundrechte (Sammeln von Unterschriften) werden ausgehebelt und Volksabstimmungen verschoben. Die Parlamente haben sich selbst eingeschränkt. Man staunt, wie widerstandslos die Schweiz sich per Notrecht regieren lässt. Grund dafür ist, dass die Exekutiven professionell gearbeitet haben, um eine äusserst bedrohliche Gefahr zu meistern. Sie waren sorgfältig darauf bedacht, Notrecht umsichtig einzusetzen. Aber die vergangenen Wochen haben deutlich aufgezeigt, dass die Parlamente ihre in der Verfassung festgesetzte Kontrollfunktion nicht wahrnehmen konnten. Aber gerade diese Kontrolle und Mitsprache muss unabhängig von den jeweiligen Akteuren und Lagen funktionieren. Die Lehre daraus: auch in ausserordentlichen Lagen darf die Legislative nicht inaktiv werden. Mit Hilfe von digitalen Techniken sollte dies möglich sein. Daran müssen wir arbeiten.

BERNHARD SCHOLL, MÖHLIN


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