Der Schock noch vor dem Lockdown

  26.05.2020 Aargau

Leibstadter Schreinerei und Fensterbaufirma macht dicht

Am 30. Juni schliesst die Peter Klaus Schreinerei und Fensterbau AG in Leibstadt ihren Betrieb. Schuld daran ist jedoch nicht die aktuelle Krise, wie CEO Werner Oberbichler sagt.

Bernadette Zaniolo

Schweren Herzens musste Werner Oberbichler aus Schwaderloch, CEO der Peter Klaus Schreinerei und Fensterbau AG in Leibstadt, seinen Mitarbeitern und Arbeitskollegen mitteilen, dass der Betrieb per Ende Juni 2020 geschlossen wird. Das war Anfang März. Ein Schock für die betroffenen Angestellten. Und als wäre das nicht schon bitter genug: Nur wenige Tage später folgte die Nachricht über den bundesrätlich beschlossenen Lockdown aufgrund der Corona-Pandemie. Die Gefühle und Gedanken der betroffenen Mitarbeiter lassen sich nur erahnen. Plötzlich auf Stellensuche und dies in einer Zeit, in der die Zahl der A rbeitsuchenden sprunghaft steigt.

«Wenn man nur noch arbeitet, damit man abends müde ist», schildert der 47-jährige Geschäftsführer die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. «Die schlechte Auftragslage und Zahlungsmoral, der stetige Preisdruck gegenüber Grossbetrieben im öffentlichen wie auch im privaten Bereich sowie der Umbruch in der Fensterbranche, der Halbkreis zu Deutschland, die vermehrte Produktion und Einkauf im Ausland veranlasst uns zu diesem massiven Schritt», so Oberbichler. 2011 hat er die Leitung von seinem Schwiegervater und Gründer Peter Klaus übernommen. «Damals kostete ein Quadratmeter Holz-Metall-Fenster zwischen 1000 und 1200 Franken. Heute gerade mal noch zwischen 650 und 750 Franken», so ein Beispiel Oberbichlers zu den Veränderungen innert nur neun Jahren.

Drei Viertel der Kosten sind Vorausleistungen
Im Gespräch mit der NFZ verrät er weiter, dass beim Fensterbau drei Viertel der Kosten im Betrieb anfallen, heisst durch Löhne und Material eine Vorfinanzierung stattfinde. «Eine reine Montage-Firma hat diese Vorkasse nicht.» Und für das Montieren eines Fensters brauche es nicht viel an Material. Die Investitionen dafür sind gering. Zum Preisdruck kommt hinzu, dass es im öffentlichen Bereich mehrheitlich «normal ist», dass die Rechnungen erst nach 60 bis 90 Tagen beglichen werden. Dies bedeute, dass bei einer Rechnungsstellung von 100 000 Franken bereits rund 75 000 Franken durch den Fensterbauer vorfinanziert wurde. Dazu komme, dass auch immer mehr private Auftraggeber mit der Zahlung, bis kurz vor der Einleitung einer Betreibung, zuwarten.

Wie sieht die Zukunft für die Mitarbeiter aus?
«Als kleines und regionales KMU sind wir nicht in der Lage in dieser Situation auf längere Zeit unsere Fenster noch kostendeckend selbst zu produzieren», heisst es im Inserat in der NFZ, mit welchem die Firma in der Öffentlichkeit auf die Schliessung per 30. Juni hinweist. Wie der Familienvater, der das Unternehmen zusammen mit seiner Frau Jasmin leitet, sagt, sind weitere sechs Angestellte vom Entscheid betroffen. Für einen dieser sechs Mitarbeiter fällt die Schliessung mit seiner ordentlichen Pensionierung zusammen. Gemäss Werner Oberbichler hat ein Teil der Angestellten auch bereits einen neuen Job gefunden. Die anderen würde er bei der Stellensuche unterstützen. Der CEO selbst ist sich auch am Bewerben.

Vor dem Entschluss der Schliessung hatten sich die Inhaber noch Gedanken gemacht, in die Modernisierung des Betriebes zu investieren. Den hohen Kosten gegenüber stand jedoch der Blick in eine äusserst ungewisse Zukunft. Denn wie die «Schreiner Zeitung» in einem Bericht zu den Schliessungen von mehreren Fensterbauern in den letzten Monaten festhält: «Einen wesentlichen Beitrag zur verschärften Situation auf dem Fenstermarkt tragen aber auch die Fensterbauer selbst dazu bei. Aufgrund der immer moderneren Produktionsanlagen spricht man in der Schweiz von einer Überkapazität, welche den Preiskampf unter den Produzenten massgeblich verstärkt.» Gemäss der Fachzeitschrift würden Branchenkenner bereits seit einigen Jahren vor dieser Entwicklung warnen.

Wie Werner Oberbichler abschliessend sagt: «Das derzeit oft gehörte Bekenntnis zur Schweizer Wirtschaft und der Region ist schon bald nach der Öffnung der Grenzen nur eine leere Worthülse.»


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