Das Jodeln begleitet sie durchs Leben

  27.05.2020 Musik, Persönlich, Wittnau

Eva Mettler geht ihrer Leidenschaft schon lange nach

Die in Wittnau wohnhafte Eva Mettler war fast vierzig Jahre lang Lehrerin und jodelt seit ihrer Kindheit. Inzwischen hat die 66-Jährige ihre beiden Leidenschaften verbunden: Sie unterrichtet Erwachsene im Jodeln.

Andrea Marti

«Das Jodeln gehört einfach zu mir», meint Eva Mettler zu ihrer grössten Leidenschaft. Nur einmal in ihrem Leben hat sie eine Jodel-Pause gemacht. Damals hatte sie genug von den Auftritten, die ihr immer Lampenfieber beschert haben und wollte den Stress, den das Singen vor Publikum mit sich brachte, nicht mehr. So entschloss sie sich kurzerhand, nicht mehr zu jodeln, hängte die Tracht an den Nagel und sang zehn Jahre lang keinen Ton mehr.

Schon früh die ersten Auftritte
Angefangen zu jodeln hat Mettler mit sieben Jahren. Nachdem sie eine Nachbarin jodeln gehört hatte, war sie fasziniert und wollte das Jodeln ebenfalls erlernen. Schon nach wenigen Jahren, da besuchte sie gerade die dritte Klasse, sang sie das erste Mal vor Publikum, wenn auch, wie sie erzählt, «mit furchtbar viel Angst». In der Sekundarschule sang sie weiter vor Publikum, etwa einmal pro Woche. «Es war streng, ich war später immer erstaunt, dass meine Mutter mir das erlaubt hat», erinnert sie sich heute. Später, während der Ausbildung zur Lehrerin, sang die in Luzern aufgewachsene Jodlerin mehrmals pro Woche auf einem Schiff für Touristen, führte Trachten vor und zeigte Trachtentänze. Bis sie das Jodeln aufgab und erst nach langer Zeit wieder für sich entdeckte, als sie sich entschied, mit einem von der Familie geschenkten Schwyzerörgeli Unterrichtsstunden zu nehmen. Seither hat sie das Jodeln nicht mehr losgelassen.

In Gipf-Oberfrick geblieben
In der Zwischenzeit hatte sie die Ausbildung zur Lehrerin abgeschlossen, auch wenn sie sich während dem Studium «immer ein bisschen durchbeissen» musste. Zum Lehrerstudium hatte sie sich noch während der Sekundarschule entschlossen. Als eine Berufsberaterin ihr sagte: «Lehrerin werden? Mit diesen Noten? Nein, sicher nicht!», hat sie sich gedacht: «Dir zeig ich’s! Ich werde Lehrerin.» Und das hat sie gemacht. Nach dem Lehrerseminar übernahm sie eine Klasse in Einsiedeln, eine Gesamtklasse mit drei Jahrgängen und 31 Schülern – eine fast schon zu grosse Herausforderung für eine Lehrerin direkt nach der Ausbildung. Doch Mettler hat dieses Jahr geschafft und konnte danach eine erste Klasse unterrichten – eine Erleichterung. Nach einer kurzen Lehrer-Pause, die sie als Hilfsdekorateurin in Zürich verbrachte, wollte sie wieder unterrichten. Über eine Liste mit offenen Lehrerstellen kam sie nach Gipf-Oberfrick. «Nach der Bewerbung habe ich zugesagt, und ich habe es nie bereut.» Eigentlich hatte Eva Mettler vor, nur zwei Jahre in Gipf-Oberfrick zu bleiben, doch nach zwei Jahren, erzählt sie, «wollte ich halt noch eines anhängen, und nach drei Jahren habe ich gemerkt, dass ich mich hier sehr wohlfühle. Die Schule, die Kinder, das Kollegium, die Anlage und die Behörden waren toll. Dann habe ich beschlossen: Ich bleibe. Und so bin ich 28 Jahre hängengeblieben. Und ich habe für mich entschieden: Wenn unterrichten, dann nur in Gipf-Oberfrick.»

Jodeln auch im Fricktal
Ihre grösste Leidenschaft, das Jodeln, hat Eva Mettler auch ins Fricktal mitgebracht. Schnell ist sie zum «offenen Jodeln» in Frick dazugestossen, einmal hat sie sogar mit einer Schulklasse ein Jodelprojekt durchgeführt. Im Rahmen eines Unicef-Wettbewerbs führte die Klasse ein Konzert in der Schule durch, konnte am Jodlerabend in Frick teilnehmen und durfte zur Preisverleihung sogar im Opernhaus in Zürich jodeln. Das Projekt ist für Mettler noch heute ein «Schul-Jodel-Highlight».

Und auch heute, nach ihrer Pensionierung, spielt das Jodeln eine grosse Rolle in Eva Mettlers leben. Drei Jahre bevor sie ihre letzte Schulklasse abgab, hat sie sich zu einer Jodel-Dirigenten-Ausbildung entschlossen. Heute bringt sie Erwachsenen, die das Jodeln erlernen wollen, diese Kunst bei. «Ich unterrichte voller Freude. Jetzt kann ich Berufserfahrung und Leidenschaft verbinden, und das ist grossartig.», freut sie sich.

Ausserdem ist sie noch immer beim «offenen Jodeln» dabei und hat inzwischen in der Innerschweiz, wo sie teilweise wohnt, ebenfalls zwei «offene Jodeln» gegründet.

Neben dem Jodeln besucht Mettler seit etwa vier Jahren auch regelmässig den Tierlignadenhof in Kaisten, wo sie die Tiere vom Hof streichelt. «So hatte ich schon irrsinnig schöne Erlebnisse, diese Zeit gibt mir so viel», erzählt die Jodlerin.

Doch jetzt, während der Corona-Krise, musste sie mit vielen ihrer Hobbys Pause machen. Einzig das Jodeln mit einem Naturjodelchörli, jodeln ohne Texte, welches sie gegründet hat, ging immer weiter. Entstanden ist der Chor aus einem Anfängerkurs, den Eva Mettler gegeben hat. Heute hat der Chor 18 Mitglieder und diese jodeln regelmässig. Während der gegenwärtigen Krise treffen sich jeweils fünf Jodler und Jodlerinnen des Chors in Wittnau oder Gipf-Oberfrick und jodeln miteinander – draussen und mit dem nötigen Abstand. «Das tut uns gut, und es tut den Menschen gut. Vor allem am Anfang, als noch diese gedrückte Stimmung geherrscht hat – wenn dann jemand anfängt, zu jodeln, ist das einfach aufmunternd».

Vorerst singt Eva Mettlers Jodlerchor in Kleingruppen weiter, bis dann alle 18 wieder zusammen jodeln dürfen. Und irgendwann findet dann auch das «Offene Jodeln» wieder statt. Die gebürtige Innerschweizerin, die es ins Fricktal gezogen hat, jodelt, wann immer sie kann. Schliesslich ist das Jodeln, wie sie sagt, «mein Ventil, so drücke ich mich aus. Das Jodeln begleitet mich durchs Leben.»


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