Rechnung nicht ohne Seilbahn

  08.04.2020 Frick

Ein Fricker Baugesuch ging bis nach Bern

Zwischen Amselweg und Oberem Rainweg ragten zuerst Projektierungsstangen in den Himmel, dann passierte lange Zeit nichts. Im Hintergrund aber waren Seilbahnsachverständige des Bundes am Rechnen. Jetzt ist die Baugrube ausgehoben.

Simone Rufli

Ein Doppel-Einfamilienhaus ist am Entstehen. An sich nichts Aussergewöhnliches. Gebaut wird an vielen Orten in und um Frick herum. Das Muster ähnelt sich: Ein Investor baut und verkauft anschliessend. Aussergewöhnlich ist aber der Weg bis zur Baubewilligung, den dieses Doppel-Einfamilienhaus zwischen Amselweg und Oberem Rainweg gehen musste. Das wiederum liegt weder am Investor noch am Haus. Es liegt an der Seilbahn, die mit einem leisen Surren am Rand der Parzelle übers Gelände schwebt. «Eine Seilbahn darf nicht unterbaut werden und zwischen Gebäude und Seilbahn muss ein bestimmter Abstand eingehalten werden», erklärt Bauverwalter Harri Widmer auf Anfrage. In der Regel seien das fünf Meter. «In der Realität ist aber jeder Fall ein Einzelfall und der Abstand wird individuell berechnet.» Nötig ist die Rechnerei, weil Seilbahnen in der Regel zwar störungsfrei funktionieren, aber keine Regel ohne Ausnahmen auskommt. Technische Störungen können zum Problem werden. Die Beladung kann zum Problem werden. Ein Sturm führt zu Ausschwenkungen und doch darf die Seilbahn nie zum Problem für die Anwohner werden.

Seilbahnsachverständige
Den im Einzelfall richtigen Abstand zu berechnen, das sei eine höchst komplexe Angelegenheit, erzählt der Bauverwalter. Und mit einem scherzhaften Unterton fügt er hinzu: «Einem normal-sterblichen Baufachmann fehlt das dafür nötige Fachwissen.» Das sei allerdings nicht nur auf Gemeindeebene so. Auch beim Kanton gebe es keinen Experten für derartige Berechnungen. Seilbahnsachverständige finden sich dagegen auf Bundesebene in Bern. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat eine spezialisierte Abteilung für Fragen rund um Seilbahnen. Das verwundert nicht, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in der Schweiz derzeit rund 1800 Anlagen in Betrieb sind (Quelle BAV-Webseite). Dabei wird unterschieden in Transport-Seilbahnen für Menschen und Materialseilbahnen wie im Fall der Tonwerke Keller in Frick. Wer in Nachbarschaft zu einer Seilbahn baut, tut gemäss Harri Widmer also gut daran, ein Vorprojekt einzureichen. «Anhand des Vorprojekts wird dann vom Sachverständigen des Bundes der Abstand errechnet und mit diesem festgelegten Abstand kann anschliessend das Baugesuch auf der Gemeinde eingereicht werden.»


Von der Cheeslete zum Bahnhof

Seit 1935 gibt es diese Materialseilbahn. In 42 Transportbehältern wird Tonerde (Opalinuston) über eine Strecke von 1200 Meter von der Abbaustelle im Gebiet Cheeslete ins Werk der Tonwerke Keller AG beim Bahnhof geführt. Im Jahr 2009 konnten nach langen Verhandlungen die 15 Dienstbarkeitsverträge mit allen Landeigentümern, die von der Materialseilbahn in Frick tangiert sind, um 20 Jahre verlängert werden. In einem weiteren Schritt wurden die Wägeli erneuert und im Mai 2018 wurde die Schutzbrücke über die SBB-Gleise saniert. Das Material, das von der Seilbahn transportiert wird, wird für die Herstellung von Backsteinen und Ziegeln verwendet. (sir)


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