«Die Tiere dürfen nicht leiden»
12.04.2020 NordwestschweizDie Leiterin des Zoos Hasel hat grosse Sorgen
Den Zoo Hasel gibt es seit über 50 Jahren. Aber die Corona-Krise gefährdet den Weiterbestand. Ohne Besucher geht das Geld zur Neige.
Stefan Haller – General-Anzeiger
REMIGEN. Sanft streichelt Cornelia da Silva den Kopf von Suleika. Die zweijährige Dromedarstute hat sie zusammen mit deren Artgenossin Saada (3) im vergangenen Jahr vom Kamelhof in Oberglatt gekauft. Mit der Anschaffung der beiden Wüstentiere hat sich die Geschäftsführerin des Zoos Hasel einen Traum erfüllt. Die Dromedare, die sich das Gehege mit den Emus teilen, sind zusammen mit den Weissbüscheläffchen schon nach kurzer Zeit zu richtigen Publikumsmagneten im Hasel geworden, weiss Cornelia da Silva zu berichten.
Lockdown gefährdet den Fortbestand des Zoos
Mit dem vom Bundesrat ab 17. März verordneten Lockdown muss auch der Zoo in Remigen geschlossen bleiben, und seither ist es in der schönen Anlage gespenstisch still geworden. Cornelia da Silva und ihre zwei Wildtierpflegerinnen in Ausbildung sowie die beiden Praktikanten haben dennoch zu tun. Da Kurzarbeit beantragt werden musste, ist aber jeweils nur noch ein Teil von ihnen anwesend. «Die Tiere wollen beschäftigt oder bewegt werden, es muss ausgemistet und gefüttert werden», erklärt da Silva. Einzig die Betreuung der Besucher falle nun weg. Und leider auch deren Eintrittsgelder. Diese fehlen schmerzlich, denn die Tiere brauchen Stroh und fressen auch viel Heu, das ins Geld geht.
Das Gemüse erhält der kleine Zoo von einem Grossverteiler, der ihm nicht verkaufte Ware zur Verfügung stellt. «Als vor rund zwei Wochen Hamsterkäufe einsetzten, kam aber auch von dieser Seite fast nichts mehr», erläutert die Zoo-Chefin. Mittlerweile habe sich immerhin diese Situation etwas stabilisiert und es gebe wieder Lieferungen von abwechslungsreichem, frischem Grünfutter für die Tiere.
Neues Konzept umgesetzt
Cornelia da Silva setzt seit 14 Jahren konsequent auf Erneuerung: «Seit ich den Zoo am 1. Juli 2006 übernommen habe, wurde stetig investiert.» Zuletzt konnte vor einem Jahr der Spielplatz komplett neu gestaltet werden – er bildet seither eine Attraktion für kleine, aber auch grössere Kinder. Für die Eltern wurden die Verpflegungsmöglichkeiten in Form eines Verpflegungs- sowie eines Kaffee-Automaten erweitert. Man habe den Aufwärtstrend zuletzt deutlich gespürt, erzählt da Silva. Das neue Konzept trug langsam Früchte. Die gebürtige Remigerin kann sich noch gut erinnern, wie der Gründer des Zoos Hasel, Walter Zinniker, im Jahr 1969 vor allem auf die Karte Raubtiere setzte. Früher lebten der Braunbär Mario, über den die Medien viel berichteten, ein Tiger und drei Pumas im Hasel. «Damals war das halt so üblich», meint Cornelia da Silva schulterzuckend. Als letzter Vertreter dieser «Raubtier-Ära» verstarb der schwarze Panther 2016 im Alter von 21 Jahren. Ein Umsiedlungsversuch in ein artgerechteres Gehege in einem Genfer Zoo scheiterte.
«Es braucht nicht immer Gorillas oder Elefanten»
Cornelia da Silva ist es wichtig, dass ihre Tiere so artgerecht wie möglich leben können. Sie setzt auf das Konzept Streichelzoo, ergänzt mit pf legeleichten, exotischen Tieren. «Oft beobachte ich, wie Kinder eine Riesenfreude haben, wenn sie Häschen füttern können. Es braucht nicht immer Gorillas oder Elefanten», sagt sie lächelnd. Doch so richtig fröhlich sein kann sie seit dem Corona-Lockdown definitiv nicht mehr. Nach dem Winter seien die finanziellen Reserven weitgehend aufgebraucht und gerade während der besucherstärksten Monate April und Mai, in denen auch Feriencamps stattfänden, muss der Zoo nun geschlossen bleiben. Auch die Auswärtsevents, welche die Hasel-Crew mit ihren Reitponys bestritten hätte, wurden samt und sonders abgesagt. Und selbst der wichtigste Anlass im Hasel – das zweitägige Pfingstfest vom 31. Mai und 1. Juni – droht heuer auszufallen.
Wahrlich eine trostlose Lage und eine missliche Situation, in der man sich plötzlich – komplett unverschuldet – wiederfindet. Cornelia da Silva hofft, dass der Zoobesuch nach dem 19. April wieder möglich sein wird. «Dann kämen wir mit einem blauen Auge davon. Geht es länger, dann sind unsere Reserven bald aufgebraucht. Denn wir erhalten im Gegensatz zu grossen Zoos keinerlei Subventionen oder Unterstützung vom Bund.» Sie und ihr Team sind deshalb froh um jede Unterstützung, sei es in Form von Spenden oder für Tierpatenschaften. Cornelia da Silva ist überzeugt: «Wir wollen der Zoo in der Region und für die Region bleiben.» Ihr Bestreben sei es, dass der Zoo Hasel als attraktives Ausflugsziel erhalten werden könne und vor allem dies: «Die Tiere müssen immer versorgt werden können. Ich will nicht, dass sie leiden müssen.»