«Drei Millimeter sind riesig»

  31.03.2020 Hornussen, Persönlich

Hanna Rönninger aus Hornussen wird Uhrmacherin

Die Begeisterung für Uhren und präzises Arbeiten hat Hanna Rönninger aus Hornussen schon früh gepackt. Seit zweieinhalb Jahren absolviert sie nun in der Uhrmacherschule Zeit-Zentrum Grenchen die Ausbildung zur Uhrmacherin – und ist von ihrer Materie fasziniert.

Andrea Marti

«Die Lehre fällt mir leicht, weil ich die Themen einfach spannend finde!»: Wenn die 19-jährige Hanna Rönninger aus Hornussen von ihrer Ausbildung zur Uhrmacherin erzählt, merkt man ihr ihre Begeisterung an. Ihr fallen beim Erzählen immer wieder Erlebnisse und Geschichten ein, die sie auch noch erzählen will, sie erklärt Fachausdruck um Fachausdruck.

Die 19-Jährige absolviert momentan ihr drittes Ausbildungsjahr am ZeitZentrum in Grenchen. Das ZeitZentrum ist eine Uhrmacherschule, die eine Art Lehre anbietet: zwei Tage pro Woche herrscht Schulbetrieb in theoretischen Fächern wie Uhrenkunde, Allgemeinbildung oder Physik, drei Tage pro Woche arbeiten die angehenden Uhrmacherinnen und Uhrmacher in der Werkstatt, an Uhrwerken, Gehäusen oder selbstgemachten Spezialwerkzeugen, die sie dann später für ihre Arbeit verwenden. Manche Teilchen, die sie später mit ihren Werkzeugen bearbeiten müssen, sind, «wenn es hoch kommt drei Millimeter lang und das ist dann schon fast riesig!». Rönninger hat schon Teilchen angefertigt, bei deren Bearbeitung sie keinen zehntel Millimeter danebenliegen durfte und versteht deshalb Lehrer, die teilweise «pingelig präzise sind». Denn im ZeitZentrum, so Rönninger «ist es kein Witz, wenn ein Lehrmeister meint, dass ein Werkstück noch um einen hundertstel Millimeter zu gross ist und noch weiterbearbeitet werden müsse», denn die Arbeit an Uhren erlaube kaum Abweichungen. «Irgendwie muss man als Uhrmacher halt pingelig präzise sein», versteht Rönninger.

Dabei liegt der Fokus der Lehre jedes Jahr auf anderen Schwerpunkten und Uhrentypen. «Im ersten Jahr geht es vor allem um Grossuhren», erzählt Rönninger begeistert. Danach geht es mit Taschenuhren weiter, bevor die bearbeiteten Werke immer kleiner werden, bis die Lehrlinge schliesslich mit Damenuhren – den kleinsten Werken – arbeiten. Im letzten Semester arbeiten die angehenden Uhrmacher bis zur Lehrabschlussprüfung an ihren eigenen Diplomuhren und ergänzen sie um Zusatzfunktionen, wie etwa eine Mond- oder Datumsanzeige.

Die Arbeiten in der Werkstatt werden immer begleitet von theoretischem Berufsschulunterricht, welcher die Grundlage für die praktische Arbeit bildet. Die 14 Lernenden pro Lehrjahr am ZeitZentrum verdienen nichts, trotzdem ist die Ausbildung aber eine Lehre, die am Schluss der vierjährigen Lehrzeit mit einer Lehrabschlussprüfung beendet wird.

Praktika bei IWC, Mondaine, Rolex
Um die Fähigkeiten zu erlernen, welche die angehenden Uhrmacher für die Abschlussprüfungen brauchen, absolvieren diese auch Praktika bei Uhrenfirmen. Hanna Rönninger war schon bei Mondaine, dem Hersteller der Bahnhofsuhren der SBB, wo sie zwei Wochen lang mitarbeitete. Dieses Jahr freut sie sich darauf, einen Monat lang bei IWC Schaffhausen arbeiten zu dürfen. Ausserdem wurde Hanna Rönninger ausgesucht, als eine von drei Lernenden an einem Lehrlings-Wettbewerb des Uhrenproduzenten Patek Philippe teilzunehmen. Dieser Wettbewerb wurde jetzt aber wegen des Coronavirus abgesagt, wie Rönninger enttäuscht erzählt.

Ebenfalls abgesagt wurden verschiedene weitere Wettbewerbe, an denen die Schüler des ZeitZentrums normalerweise teilnehmen. Als Preise waren entweder Geldbeträge ausgeschrieben, oder – und darauf hat Rönninger noch viel mehr gehofft – einzigartige Möglichkeiten, in anderen Ateliers im Ausland einen Austausch zu absolvieren.

An diesen Wettbewerb nehmen jeweils zahlreiche Uhrmacherschüler aus der ganzen Schweiz teil. Denn in der Schweiz existieren acht verschiedene Uhrmacherschulen, sechs davon in der französischen Schweiz, eine zweisprachige in Biel und die einzige Deutschsprachige, das ZeitZentrum, in Grenchen. Daneben absolvieren noch zahlreiche angehende Uhrmacher ihre Lehre direkt in einem Betrieb wie IWC oder Mondaine. Für den Laien, der davon ausgeht, dass der Beruf des Uhrmachers immer seltener wird, mag erstaunlich klingen, dass doch noch einige hundert junge Erwachsene jedes Jahr einen Abschluss als Uhrmacher entgegennehmen. Auch Hanna Rönninger erinnert sich, dass sie überrascht war «wo man alles Uhrmacher findet.» Die 19-Jährige hat schon früh angefangen, sich für Uhren zu interessieren, doch erst, als sie die Lehre angefangen habe, erinnert sie sich, habe sie gemerkt, wie viele Leute eigentlich ihr Interesse teilten: «Seit ich die Lehre mache, staune ich immer wieder, wie viele Leute etwas mit Uhren zu tun haben. Vor kurzem habe ich herausgefunden, dass sogar unser ehemaliger Gemeindeleiter Uhrmacher ist.»

Praktikum und Berufsmatur
Deswegen und auch, weil sie den Unterricht am ZeitZentrum «einfach spannend» findet, freut sich Rönninger auf die weiteren Lehrjahre bis zum Abschluss. Begleitend dazu absolviert sie momentan auch noch einen Kurs, um nach der Lehre prüfungsfrei die Berufsmatura nachholen zu können, berufsbegleitend, denn «die Arbeit macht Spass», sie «möchte nicht einfach zwei Jahre nicht ins Atelier.». Nach der Lehre eine Stelle zu finden, sei für Schüler des ZeitZentrums normalerweise kein Problem. Doch zuerst freut sich Uhrmacherschülerin Hanna Rönninger wieder auf normalen Betrieb nach der Corona-Krise und auf ihr Praktikum im Sommer.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote