Ein Erfolgstrainer muss gehen

  11.02.2020 Handball, Möhlin

TV Möhlin: Das sagt der Sportchef zur Trennung von Trainer Brandstaeter

Möhlins NLB-Handballer stecken mitten in der Meisterschaft, mischen dort ganz vorne mit und am Spielfeld steht ein Trainer, der weiss, dass er Ende Saison gehen muss. Warum?

Ronny Wittenwiler

Der TV Möhlin steht in der laufenden NLB-Meisterschaft auf dem vierten Platz, Rang eins sowie die Barrage sind bloss zwei Punkte entfernt – und dennoch verkündet die Sportliche Leitung vergangene Woche, dass sie sich Ende Saison vom Trainer trennen wird. Nach zwei Jahren beendet der TV Möhlin das Engagement des deutschen Jürgen Brandstaeter, präsentiert in einer Medienmitteilung bereits seinen Nachfolger (siehe Box). Brandstaeter selbst wäre gerne Trainer geblieben.

Der Spagat
«Nein, an den Resultaten liegt es definitiv nicht», bestätigt der Sportliche Leiter Gregory Soder gegenüber der NFZ, und er weiss, dass gerade wegen der aktuellen Spitzenplatzierung die getroffene Massnahme womöglich nicht überall auf Verständnis stösst. «Wir haben aber vor zwei Jahren an der Generalversammlung eine Strategie verabschiedet: Der TV Möhlin will mit möglichst vielen eigenen Junioren Spitzenhandball betreiben. Wir fragten uns nun in einer Auslegeordnung, ob wir nicht mehr aus diesem Konzept herausholen können.» Das Vorhaben mit den eigenen Junioren funktionierte nicht wirklich so, wie man sich das vorgestellt habe, sagt Soder. Das sei aber nicht einfach die Schuld des Trainers, sondern habe vor allem an der knappen Spielerdecke gelegen. «Doch wir sind zur Überzeugung gelangt, dass es nun, nach zwei Jahren, neue Reize braucht.»

Das heisst im Umkehrschluss: In Möhlin traut man es der Neuverpflichtung eher zu, diesen nächsten Schritt zu tun. «Wir verpflichten mit Samir Sarac einen Trainer, der beide Seiten abdeckt. Die Förderung junger Talente und die Arbeit mit etablierten Spitzenspielern.»

«Dann hätten wir uns gar nicht erst umschauen dürfen»
Der aktuelle Erfolgstrainer Brandstaeter hat nicht mit diesem Schritt gerechnet. «Ja, er hätte weiter gemacht und hat keine Freude», versucht Soder gar nicht erst zu beschönigen. Wenn man sich bloss an der Tabellenlage zu orientieren hätte, räumt der Sportliche Leiter sogar ein, «dann hätten wir uns gar nicht erst nach einem neuen Trainer umschauen dürfen.» Die technische Kommission analysiere und hinterfrage aber auch in guten Zeiten. «Nehmen wir das Beispiel mit Marcus Hock vor ein paar Jahren: Er wurde Torschützenkönig. Doch haben wir irgendwann auch mit ihm nicht verlängert. Weil wir das Gefühl hatten, es würde sich eine Gewohnheit einschleichen. Dem wollten wir früh genug vorbeugen.» Vielleicht sei der nun gefällte Entscheid eine Art Schockereignis gewesen, sagt Soder, als man dem Trainer eröffnet habe, den Vertrag nicht zu verlängern. «Doch wir haben ein gutes Gespräch mit ihm geführt. Jürgen Brandstaeter soll den Verein durch die ganz grosse Tür verlassen können. Das Ziel ist nach wie vor die Barrage. Das ist machbar, die Mannschaft will, der Trainer will.» Zweifel, dass sich nun eine Art Kehraus an der Seitenlinie breit mache, hat der Sportliche Leiter nicht: «Dafür ist dieser Trainer mit seinem Leistungsgedanken professionell genug. Letztlich ist das auch seine Visitenkarte und auch wir wünschen, dass er seine Fähigkeiten weiterhin woanders wird ausüben können.» Deshalb ist auch für die Verantwortlichen um Sportchef Soder klar: «Für uns ist es kein Thema: Jürgen Brandstaeter macht bei uns weiter bis Ende Saison. Das ist schliesslich keine Kündigung. Es wird einfach der auslaufende Vertrag nicht verlängert.»

Was macht Alexander Velz?
Droht dem TV Möhlin nach Beendigung des Engagements von Brandstaeter den aktuellen Liga-Torschützenkönig Alexander Velz zu verlieren? Ihn holte Brandstaeter auf diese Saison hin nach Möhlin, er wirft Tore am Laufmeter, das Mega-Talent spielte bereits als Junior unter Brandstaeter. Die lange Anreise nach Möhlin – rund 140 Kilometer – absolviert er jeweils mit Trainer Brandstaeter. «Alexander Velz hat noch einen laufenden Vertrag bis Ende nächster Saison und er wird diesen erfüllen», sagt Soder. Der Transfer von seinem Wohn- beziehungsweise Arbeitsort nach Möhlin sei selbstverständlich ein Thema. «Wir führen Gespräche und suchen nach vertretbaren Lösungen.»


Der Neue

Auf die Saison 2020/2021 wird neu Samir Sarac an der Seitenlinie des TV Möhlin stehen. Seit 1994, gekommen als Spieler (Stans, Zofingen und Endingen), lebt Sarac in der Schweiz. Zehn Jahre lang spielte er in der NLA. Danach folgten als Trainer die Stationen Kadetten Espoirs, GC Zürich, Endingen und Zofingen (Männer und Frauen), RTV Basel. Aktuell trainiert er die U19-Elite bei der HSG Nordwest. Seit Juni 2016 ist Sarac als Trainer im regionalen Leistungszentrum Nordwestschweiz des Schweizerischen Handballverbandes tätig. Diese Tätigkeit wird er weiterhin ausüben. In der Mitteilung heisst es: «Die Verantwortlichen des TVM sind überzeugt, mit Sarac einen topausgebildeten Trainer mit Ambitionen und viel Erfahrung gefunden zu haben, welcher die Vereinsstrategie weiter vorantreibt.» Der frühere kroatische Nationalspieler, der auch einen Schweizer Pass besitzt, unterschrieb für zwei Jahre. (mgt/nfz)


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote